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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Dela zu ihm und Artur in die Küche trat. Die beiden Männer wirkten erschöpft, und es war auch klar, warum. Hatten vorher noch Blut und Hautfetzen die Holzdielen bedeckt, so war jetzt keine Spur von Tod oder auch nur von einem Kampf mehr zu sehen. Alles funkelte, und sie roch Bleichmittel, Essig und ein ganzes Ensemble von Reinigungsflüssigkeiten. Kerzen mit Vanilleduft brannten auf dem Küchentisch. Dela hätte die beiden Männer am liebsten umarmt und geküsst.
    Aber trotzdem... Sie sah noch die Leichen, das Blut. Die Spuren der Gewalt, die an ihre Wände und auf ihren Boden gespritzt waren. Ihr Zuhause würde sich nie wieder anfühlen wie vorher.
    »Er schwitzt die Kugeln aus«, erklärte sie und hielt eine hoch. Die beiden Männer starrten erst sie an und dann die Kugel, bis Dean schließlich bleich wurde und sein Gesicht verzog.
    »Oh«, stieß er hervor. »Das ist krass.«
    Dela nickte. Dem konnte sie nicht widersprechen. Es war tatsächlich krass.
    »Dean und ich werden die Leichen entsorgen«, sagte Artur leise, während er immer noch auf die Kugel in ihrer Hand starrte. »Wir werden etwas Zeit brauchen, aber wir müssen das tun, bevor es hell wird. Ich glaube nicht, dass du dir noch große Sorgen machen musst. Jedenfalls nicht heute Nacht.«
    »Nein, klar.« Dela atmete tief durch, und Dean tätschelte ihren Arm.
    »Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, Dela. Es hieß sie oder wir. Das erste Gesetz des Überlebens lautet: Wähle immer dich selbst.«
    Sie nickte, zwar nicht vollkommen getröstet, aber bereit zu glauben, dass ihre Freunde nichts bedauerten oder ihr böse waren.
    »Blue hat angerufen«, meinte Dean, als Dela die beiden zur Tür brachte. »Eddie geht es blendend. Sie mussten zwar eine Aussage bei der Polizei machen, aber alle haben ihnen ihre Geschichte geglaubt, vor allem, als sie deinen Namen und ihre Verbindung zu Dirk &  Steele erwähnten.«
    »Es ist wirklich verblüffend, was ein guter Ruf bewirkt«, erklärte Dela nachdenklich.
    »Ein guter Ruf ist unbezahlbar«, bemerkte Artur und zog seine Waffe aus dem Halfter. Er reichte sie Dela. Sie war entsichert.
    »Du erinnerst dich an unsere Unterrichtsstunden?«
    »Ja.«
    »Gut«, sagte er etwas wehmütig.
    Dann waren sie verschwunden.
    *
    Dela konnte einfach nicht von Haris Seite weichen, aber da war die große, zertrümmerte Eingangstür zum Wohnzimmer zu bedenken. Ganz gleich, was Artur gesagt hatte: Es waren Män-ner in Delas Haus eingedrungen und hatten versucht, sie und ihre Freunde zu töten. Und dass Artur ihr seine Waffe gegeben hatte, flößte Dela nicht gerade übermäßiges Vertrauen in ihre eigene Sicherheit ein.
    Deshalb hetzte sie ständig vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer und wieder zurück, immer wieder. Sie war kaum an einem Ort zur Ruhe gekommen, als sie auch schon der Drang überkam, zum anderen zu gehen. Zwischendurch übergab sie sich mehrmals, wenn sie an die toten Männer denken musste. Ihr Tod erfüllte sie jedoch nicht mit besonders großer Traurigkeit. Deshalb hatte sie auch noch ein schlechtes Gewissen.
    Das alles war ziemlich erschöpfend, und als sie dann schließlich hörte, wie Blue ihren Namen rief, als er die Treppe hinaufstürmte, hätte sie vor Erleichterung beinahe geweint.
    »Wie geht es Eddie?« Sie fing ihn an der Tür ab und reichte ihm Arturs Waffe. Blue runzelte die Stirn und sicherte die Pistole.
    »Ihm geht es gut. Die Wunde ist mit ein paar Stichen genäht worden. Er wollte mit mir zurückfahren, aber das haben die Krankenschwestern nicht zugelassen. Du bist offenbar zu seiner neuen Heldin avanciert. Er hält dich für das Beste seit Buffy, der Vampirjägerin.«
    Dela errötete. »Eddie ist auch recht flott, Blue. Du hättest ihn sehen sollen. Er hat sich wie ein Profi benommen.«
    »Du auch.« Er sah sie abschätzend an. »Du bist viel mächtiger geworden, Dela. Ich kenne nur eine Person, die eine Kugel mit ihrem Verstand aufhalten kann. Und selbst das auch erst nach jahrelanger Meditation und Übung.«
    »Du sprichst von Michael, richtig? Ich habe gehört, dass er sich zurückziehen will.«
    »Wechsel nicht das Thema.«
    »Das tu ich ja gar nicht. Es ist nur... Verzweiflung wirkt manchmal Wunder.« Dela nahm sich eine Dose Gingerale aus dem Kühlschrank. Sie wollte den schlechten Geschmack aus ihrem Mund spülen. Und außerdem wollte sie nicht darüber nachdenken.
    »Ich kann so etwas jedenfalls nicht«, murmelte er und bedeutete ihr, ihm ebenfalls ein Bier zu geben. Sie reichte ihm eine

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