Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
Vom Netzwerk:
Veteranenkrankenhaus besorgte, wir legten romantische Musik auf und zündeten Kerzen an. Ich versuchte, an einen Ranger aus dem Tallman Park zu denken, den ich sexy fand. Der Junge am Meer, der mit mir geredet und mich dann stehengelassen hatte, war immer noch ein wunder Punkt, obwohl der Zwischenfall Monate zurücklag. Später behauptete Peter, er hätte gehofft, dass der Junge mir seine Telefonnummer geben würde, aber warum war er dann zu uns gekommen? Er hätte sich unter dem Holzsteg verstecken und die ganze Sache abwarten können. Nun, jetzt war es eh egal. Irgendwie würden wir erreichen, dass ich schwanger wurde. Und ich würde Union City für immer hinter mir lassen. Wenn ich einmal fort war, würde ich ein anderer Mensch sein. Ich hatte ja nicht mal gewusst, über was ich mich mit dem Jungen hätte unterhalten sollen; manchmal dachte ich an meine dumme Bemerkung über die Qualle und seine abschließenden Worte, ich sei wirklich eine Prinzessin. Es war, als wollte er sagen, mit mir stimme etwas nicht; als sei ich zerbrechlich, unberührbar, eine Puppe ohne Seele. Die Geschichte mit dem Jungen erinnerte mich wieder daran, warum ich fortmusste. In der Schule hatten wir gehört, im Süden habe es emanzipierte Sklaven gegeben, die sich nicht überwinden konnten, ihre Besitzer zu verlassen. Das war für mich ein Beweis dafür, wie schwer man etwas hinter sich lassen konnte, was man gewöhnt war, auch wenn es noch so schlimm war. Doch wir hielten es nicht mehr viel länger in Union City aus, meine Mutter und ich. Und obwohl mein Kopf wusste, was ich zu tun hatte, wollte mein Körper nicht mitarbeiten.
    Nach einem weiteren vergeblichen Versuch sagte Peter: »Ich glaube, wir vergessen es einfach. Wahrscheinlich mache ich dich einfach nicht scharf. Sieh mich doch an!«
    Die Falten in seinem Gesicht waren wirklich tiefer als noch vor ein paar Jahren. Früher hatten sie sein gutes Aussehen nicht beeinträchtigt, doch jetzt verliehen tiefe Furchen seinem Gesicht einen ständig mürrischen Ausdruck, und vielleicht weil seine Wangen schlaffer waren, waren seine ehemals vollen Lippen nun so schmal wie Gummibänder und sein Kinn ganz klein. Das ganze Gesicht schien unter der Last seines komplizierten Lebens zusammenzubrechen. Ich traute mich nicht, ihm zu sagen, dass er älter aussah als die meisten Männer mit sechzig.
    »Peter, du bist ein sehr schöner Mann«, sagte ich.
    »Nein«, entgegnete er. »Nicht mehr.«
    ***
    Ungefähr zu jener Zeit wurde eine Sozialarbeiterin benachrichtigt und beauftragt, unsere Beziehung zu untersuchen. »Ich gehe nicht noch mal ins Gefängnis. Ich kann nicht wieder ins Gefängnis. Lieber bringe ich mich um«, sagte Peter, als wir unsere Sachen in große schwarze Müllsäcke packten. Paws stand in der Tür zu Peters Zimmer und sah uns zu. Alle unsere Notizblöcke waren in einem Sack, unsere Fotoalben und die Holzkiste mit den losen Fotos in einem anderen. Die Klamotten, die ich bei Peter gelagert hatte, wanderten in eine andere Mülltüte, und unsere Romane und die Kassetten zu unseren Büchern wieder in eine andere. Liebesbriefe, Mitbringsel, unsere laminierten Haare, Videos, Peters Pornos, das Puppenhaus, die grauen Filzmäuse, unsere Literatur über junge Mädchen und ältere Männer. Einfach alles, was belastend sein konnte, kam in die Müllsäcke.
    »Du warst im Gefängnis, Peter? Wann denn?« Ich konnte es nicht glauben. Er war wie eine russische Puppe, ein Geheimnis war im Bauch des nächsten versteckt, ein endloses Maisfeld-Labyrinth, durch das ich seit inzwischen sieben Jahren irrte.
    »In den zwei Jahren, als wir getrennt waren. Es war nicht meine Schuld.« Zornig wischte Peter seine Tränen fort. »Warum können die Leute uns nicht einfach in Ruhe lassen? Niemand hat das Recht, sich unsere Sachen anzusehen. Das ist privat.«
    »Braucht sie denn keinen Durchsuchungsbeschluss dafür?«
    »Doch, schon, für eine Zwangsdurchsuchung. Aber sie kann auch einfach höflich fragen, ob sie mal einen Blick auf meine Sachen werfen darf.«
    »Und du kannst genauso höflich ablehnen. Das ist dein gutes Recht.«
    »Dann wirke ich schuldig«, sagte Peter. »Und das Ganze wird aufgebauscht. Es könnte sogar vor Gericht gehen. Die Stadt Weehawken gegen Peter Curran. Die guten Menschen gegen den bösen Wolf. Denn was anderes würde ich für sie nicht sein. Es ist egal, dass wir uns lieben. Vor dem Gesetz hält das nicht stand. Es ist als Beweis nicht zulässig. Das Wie und das Warum zählen

Weitere Kostenlose Bücher