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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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nie.«
    »Warum warst du im Gefängnis, Peter?«
    »Ich hatte doch damals die beiden Pflegekinder, Renee und Jenny. Nur für zwei Monate. Weißt du noch, dass du mal mit Renee telefoniert hast? Nun, Jenny, ihre jüngere Schwester, kam einmal bei mir rein und sah mich nackt. Als sie zu Hause war, erzählte sie das. Ich hatte vergessen, die Tür abzuschließen, und sie kam einfach herein. Da lernt man jedenfalls, die Tür hinter sich abzusperren, so viel ist sicher.«
    »Und deshalb hast du keine Pflegekinder mehr bekommen?«
    »Ich hatte keine Wahl. Die Anklage wurde zwar fallengelassen, aber mit der Auflage, dass ich keine Pflegekinder mehr bekommen würde.«
    Ich konnte nicht umhin, mir in Erinnerung zu rufen, dass er mir damals erzählt hatte, er würde keine Pflegekinder mehr nehmen, weil es zu traurig sei, sie wieder gehen zu sehen.
    »Peter, du hast doch nichts getan, oder? Mit Jenny oder Renee?«
    »Nein! Margaux, ich erzähle dir doch alles! Warum sollte ich das vor dir verheimlichen, wo ich dir doch alles sage! Meine ganze Lebensgeschichte habe ich vor dir ausgebreitet. Ich habe dich zu meinem Richter gemacht, zu meinem Geschworenen, sogar zu meinem Scharfrichter, wenn du gewollt hättest.«
    »Was ist mit Karen?« Mein Herz klopfte. Ich hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen, wenn ich an Karen dachte.
    »Nein, Margaux! Bitte! Ich bin nicht in der Stimmung dafür. Ich wurde für unschuldig befunden. Ich war nur ein paar Nächte im Knast, aber da habe ich etwas Schreckliches gesehen. Einige Insassen schlugen einen Mann fürchterlich zusammen, und als er blutend auf dem Boden lag, pinkelten sie auf ihn. Ich habe auch Todesdrohungen bekommen. Ich glaube, wenn ich da wieder hinmüsste, würden mich die Gefangenen in Stücke reißen.«
    In jener Nacht verfolgten mich die Gedanken an Karen. War sie in Sicherheit? Glücklich? Ich konnte nur hoffen, dass sie ein besseres Leben hatte als ich. Wenn Peter mich mit in den Keller genommen hatte, warum nicht auch sie? Daher stellte ich ihn einige Tage später erneut zur Rede, und er wiederholte, er habe sie nie angerührt. Immer wieder sagte er, er habe ja mich, seine wahre Liebe, warum sollte er dann noch jemand anderen brauchen? Ich konnte mich mit diesen Fragen jetzt eh nicht herumschlagen. Ich musste mich psychisch auf den angekündigten Besuch der Sozialarbeiterin vorbereiten. Sie würde mit all den Taktiken bewaffnet sein, die solche Leute anwandten, um Geständnisse zu bekommen. Peter sagte, sie würde bestimmt versuchen, ihn als Schurken hinzustellen; sie würde Wörter wie »Vergewaltigung« benutzen. Sobald sie die notwendigen Informationen hätte, würde Peter verurteilt und dann wahrscheinlich im Gefängnis zu Tode geprügelt werden. Auch die Vorstellung, dass Poppa es erführe, brachte mein Herz zum Rasen. Alle würden hinter Poppas Rücken lachen, wie dumm er gewesen sei, mich mit einem älteren Mann herumhängen zu lassen. Ich konnte Poppas Worte nicht vergessen, eine vergewaltigte Frau sei besser tot.
    ***
    Die Sozialarbeiterin war eine sachliche Frau von Mitte sechzig. Sie kam gegen elf Uhr an einem Donnerstag zu uns ins Haus. Mein Vater war bei der Arbeit, meine Mutter wieder im Krankenhaus. Die Sozialarbeiterin hatte einen gelben Block und einen gespitzten Bleistift dabei. Sie trug Pumps, eine Anzughose in Khaki und eine dunkelblaue Bluse mit langen Ärmeln. Ohne zu zögern, setzte sie zu einem nicht enden wollenden Fragestrom an, ohne meine Frage zu beantworten, wer sie informiert hätte. Jedes Mal, wenn ich auf eine Frage antwortete, notierte sie rasch meine Aussage. Sie wollte wissen, ob Peter mich jemals angefasst hätte, sie stellte diese Frage mehrmals in unterschiedlichen Formulierungen und hakte immer mit »Bist du sicher?« nach, wenn ich verneinte.
    Wie würde ich unsere Freundschaft definieren? Worüber unterhielten wir uns? Womit verbrachten wir unsere Zeit? Dabei sah sie mir die ganze Zeit in die Augen. Sie fing an, Sachen zu sagen wie »Es ist an dir, andere Mädchen zu schützen«, was wirklich ein Witz war. Ich schützte längst andere Mädchen, weil ich ihm das gab, was er sich wünschte. So musste er keinen richtig kleinen Mädchen etwas zuleide tun. Ich war ein großes Mädchen und konnte damit umgehen. Wenn Peter krank war, dann war ich seine Medizin.
    »Irgendetwas verschweigst du mir«, sagte sie.
    Wer hatte uns verraten? Irgendein Tratschmaul? Oder Richard? Oder vielleicht Jessenia, die verbittert war, weil ihre Miete vor sechs

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