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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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Monaten erhöht worden war? Oder wollte Linda Rache an Inès üben, die ja mit uns untergehen würde? Oder hatte doch meine Mutter angerufen? Vielleicht während einer ihrer wahnhaften Schübe? Oder war es mein Vater gewesen? Oder jemand, der vorübergehend auf dem Dachboden gewohnt und Verdacht geschöpft hatte? Peter bestand darauf, es müsste Rickys Freundin Gretchen sein. Angeblich hatte sie ihm gegenüber einmal eine vage Andeutung gemacht, er konnte sich aber nicht erinnern, was es gewesen war, hatte es verdrängt. Er sagte, falls sie es gewesen war, die Perückenhexe, dann wünsche er ihr den Tod. Am liebsten hätte er sie mit seinen bloßen Händen erwürgt. Soweit ich wusste, konnte es meine eigene Mutter gewesen sein.
    Je mehr Fragen gestellt wurden, desto mehr wich ich aus, bis die Sozialarbeiterin schließlich aufgab.
    ***
    Sie war bereits bei Peter gewesen und hatte all die Fotos von kleinen Mädchen gesehen und die Mädchenfiguren, die er in seiner hellen Aufregung vergessen hatte zu entfernen. Er erzählte mir, was gesagt worden war, und ich setzte die Unterhaltung zwischen ihm und der Sozialarbeiterin im Kopf zusammen.
    Warum haben Sie keine Jungs an den Wänden hängen? Bilder von Ihren Stiefsöhnen oder männliche Figuren?
    Wir haben uns entfremdet. Wie Sie sehen, habe ich auch keine Bilder von meinen Töchtern aufgehängt. Es macht mich zu traurig, ihre Fotos anzusehen und daran erinnert zu werden, was ich verloren habe.
    Ich habe mit ihnen geredet. Eine Ihrer Töchter deutete an, sie sei von Ihnen sexuell belästigt worden. Sie wurde nicht deutlicher, aber das stand klar im Raum.
    Die Kinder waren verletzt wegen der Scheidung. Das ist nicht meine Schuld.
    Bitte beantworten Sie mir diese Frage: Warum haben Sie keine Jungen an den Wänden in Ihrem Zimmer?
    Ist es nicht mein in der Verfassung verbrieftes Recht, mein Zimmer so zu dekorieren, wie ich will? Gesteht das Gesetz mir diese individuelle Freiheit nicht zu?
    Sie weichen mir aus. In diesem Zimmer haben Sie zahllose Bilder und Figuren von kleinen Mädchen. Nur kleine Mädchen, keine Jungen, keine Erwachsenen.
    Ich habe das Recht, aufzuhängen, was ich möchte. Ich beantworte Ihre Fragen, aber mein Geschmack bezüglich meiner Inneneinrichtung ist meine Sache. Und ich halte es auch nicht für wichtig. Wenn ich da hinten einen Kerker voller Peitschen, Ketten und eine Sammlung von Mädchenunterhosen hätte, das wäre was anderes.
    Warum haben Sie ein Ouija-Brett?
    Das gehört Margaux.
    Warum bewahrt Margaux ihren persönlichen Besitz bei Ihnen auf?
    Ihr Vater wollte es nicht in seinem Haus. Er ist sehr abergläubisch und hat Angst vor Geistern.
    Was bedeutet das Schild an Ihrer Tür: Sklavenquartier? Worauf bezieht sich das?
    Das ist ein Witz. Es bezieht sich auf mich. Ich bin zwar Rentner, aber habe hier viel zu tun. Das ist mein zweiter Job.
    Und Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Margaux zu unterhalten? Was hat sie dafür zu bieten?
    Gesellschaft. Wir mögen die Gesellschaft des anderen. Wir sind gute Freunde.
    Die meisten sechzigjährigen Männer haben keine beste Freundin, die sechzehn Jahre alt ist.
    Ich denke, Sie verwechseln unwahrscheinlich mit kriminell.
    Und ich denke, dass Sie das Kind sexuell missbrauchen.
    Margaux. Nennen Sie sie Margaux. Sie heißt Margaux.
    Ich glaube, dass Margaux eines Ihrer Opfer ist. Sie sind ein raffinierter Kerl. Sie machen das schon sehr lange. Sie haben belastende Gegenstände aus diesem Zimmer entfernt.
    Laut Peter war die Sozialarbeiterin am Ende richtig kratzbürstig geworden, als sie merkte, dass sie verloren hatte. Sie fragte ihn, ob er schon mal vom Patty-Hearst-Fall gehört habe und ob ihm der Ausdruck »Stockholm-Syndrom« etwas sage. Peter verneinte. Dann hatte sie gesagt: »Sie tun mir jedenfalls jetzt schon leid, wenn das Mädchen irgendwann aufwacht.«
    ***
    Als ich an jenem Abend aus der Dusche kam, stand mein Vater im Licht des Küchenherds und rauchte eine Zigarette. Er warf mir einen Blick zu und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.
    »Komm mal her!«, sagte er leise. »Ich muss mit dir reden.«
    »Ich bin müde. Morgen …«
    »Ich muss mit dir reden!«
    »Okay. Was ist denn? Geht’s um meine Mutter? Wann kommt sie nach Hause?«
    »Hör mir zu! Du weißt genau, um was es geht. Diese Frau, diese Sozialarbeiterin, die hat mir vielleicht zugesetzt. Sie hat versucht, mich mit Fragen kleinzukriegen! Sie wollte alles über die Beziehung zwischen dir und diesem Mann wissen. Ich habe deine Ehre

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