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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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wollten. Sein Haar war jetzt mehr silbern als blond. Er trug einen mit Farbe beklecksten grauen Overall und ein schwarzes Harley-Davidson -T-Shirt. Sein kraftvolles, schönes Gesicht lief vor freudiger Überraschung rot an.
    Er drückte mich so fest an sich, dass ich im ersten Moment nichts anderes spürte als seine Umarmung. Ich presste mein Gesicht gegen seine Brust, wie ich es immer getan hatte. Er roch nach Spachtelmasse und Hundefell. Als ich zu seinem Gesicht aufsah, hatte er einen leidenschaftlichen Gesichtsausdruck, so wie ein jugendlicher Herzensbrecher vom Titelblatt schmachtet. Ich hatte das Gefühl, in einem Liebesfilm zu sein, in dem Peter die Hauptrolle spielte.
    »Du hast mir so gefehlt«, sagte er.
    Als wir nach oben gingen, um etwas zu essen und uns auf den neuesten Stand zu bringen, spürte ich, dass Erinnerungen an den Rändern meines Bewusstseins kratzten und hervorkrochen. Kurz bevor wir vor zwei Jahren voneinander getrennt worden waren, hatte Peter angefangen, mich zu schlagen, wenn ich ungezogen war. Wenn niemand in der Nähe war, hatte er mir hin und wieder eine Backpfeife oder einen Schlag auf den Kopf gegeben – nichts im Vergleich zu dem, was Poppa mit Mommy machte, trotzdem hatte es mich überrascht. Es war fast so, als ob er das Gefühl hatte, mich mehr wie seine Frau behandeln zu müssen, nachdem wir an seinem Geburtstag im Keller gewesen waren.
    Als meine Mutter zur Toilette ging, sagte Peter: »Du musst deinen Vater irgendwie überzeugen, dass wir uns wieder treffen können. Ich glaube, ich kann ohne dich nicht leben. Geht es dir nicht auch so?«
    »Doch«, hörte ich mich sagen und liebte ihn wieder so, als seien wir nie getrennt gewesen.
    ***
    »Ich wasche meine Hände in Unschuld«, sagte Poppa. Endlich hatte er sich abgeregt, saß jetzt am Küchentisch und arbeitete an einem Goldarmband. Sein Mund war angespannt vor Konzentration; seine Goldschmiedlupe verdeckte den oberen Teil seines Gesichts. Ich saß auf einem Stuhl im rechten Winkel zu ihm und tat so, als beschäftigte ich mich mit Dezimalzahlen. »Das hat Pilatus zum Volk gesagt: ›Ich wasche meine Hände in Unschuld.‹ Das Volk hatte das letzte Wort. Die Massen haben immer die entscheidende Stimme. Ihr seid zu zweit, ich bin allein. Deshalb habe ich beschlossen, mich meiner Stimme zu enthalten.«
    Mommy stand in ihrem langen geblümten Nachthemd und ihren Pantoffeln einen Meter von ihm entfernt am Herd. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Also, ich bin froh. Weil es Margaux nicht gutging, und das weißt du auch. Du kannst nicht immer so egoistisch und herrschsüchtig sein. Die Jungen haben die ganze Zeit Freunde zu Besuch. Im Sommer kommen die Nachbarskinder in den Garten und spielen mit dem Rasensprenger, sagt Peter. Ich weiß, dass du das nicht glauben willst, aber es ist wirklich eine nette Familie! Sie sind arm, aber nett!«
    Poppa schüttelte den Kopf. »Das waren die Schlampe und der Banker auch, oder? Aber die Schlampe in Connecticut hat ein schönes Haus in Westport. Als der Banker sie verließ, brauchte sie sich keine Sorgen zu machen, weil sie dicke Unterhaltszahlungen bekam. Manche Leute werden reich auf Kosten von anderen, sie ernähren sich wie Schmarotzer, geben aber selbst kein bisschen ab! Ein kleiner Kredit für ihren Schwager! Ich hätte ihr alles zurückgezahlt! Was die sich einbildet zu behaupten, ich würde ihr nicht alles zurückzahlen! Ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht!«
    »Ach, fang bitte nicht damit wieder an! Margaux braucht sich dieses Geschrei nicht anzuhören. Das haben wir schon so oft besprochen.«
    »Ich hätte eine Anzahlung für das Haus in Nutley leisten können! Dann hätte sie diese Wilden niemals kennengelernt! Alles wäre anders gelaufen. Diese Schlampe hat mein Leben zerstört!«
    »Hör auf, meine Schwester eine Schlampe zu nennen!«
    »Ha, deine Schwester! Deine Schwester! Als ob man diese Schlampe zur Familie rechnen könnte. Ich traue diesem Peter genauso wenig über den Weg, wie ich dieser Schlampe zutraue, dass sie uns jetzt gleich anruft und zu sich einlädt. An einem klaren, sonnigen Samstag, wenn es warm ist und die Fahrt angenehm! Genauso wenig vertraue ich diesem Mann!«
    Mommy seufzte. »Die ganze Sache war ein großes Missverständnis. Das mit dem Kuss, meine ich. Ich behaupte nicht, dass ich ihm völlig vertraue, weil man einem Mann nie ganz vertrauen kann. Es ist nicht so, dass ich ihm in Bezug auf Margaux vertraue. Aber ich glaube den beiden,

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