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Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Titel: Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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sich nicht, also sah Christopher keinen Grund, dazwischenzugehen.
    Er schlich die Stufen hinab. In seinen Pantoffeln verursachte er keinen Laut, so konnte er sich nähern, ohne gesehen zu werden. Christopher suchte Deckung hinter einem Schrank und beobachtete die Szene, die sich ihm bot.
    Lucas schloss Anna in die Arme, und der Blick, den er ihr zuwarf, sprach Bände.
    Christophers Herz zog sich zusammen. Er rieb sich über die Brust, um den Schmerz zu lindern, doch alles, was geschah, war, dass seine Haut durch die Reibung brannte.
    Anna wehrte sich nicht gegen Lucas. Als Lucas ihr seine Liebe erklärte und um einen Kuss bat, musste Christopher an sich halten, um nicht aus seinem Versteck zu stürmen und den Earl windelweich zu prügeln.
    Christopher sah in Annas Gesicht und erfasste ihre Verwirrung und Angst. Ein Kloß stieg in seiner Kehle hoch. Er kannte diesen Ausdruck von ihrem letzten intimen Beisammensein. Mit bestechender Klarheit erkannte er, dass er zulassen musste, dass Anna von Lucas geküsst und im schlimmsten Fall verführt wurde, wenn er Anna für sich gewinnen wollte. Denn, was er im Gegensatz zu Anna inzwischen begriffen hatte, war, dass er sie liebte. Und das sie ihn ebenfalls liebte.
    Der Anblick, wie Lucas sich über Anna beugte und sie mit einer Zartheit und Vorsicht küsste, die Christopher nie aufzubringen in der Lage wäre, schnitt ihm ins Herz.
    Der Schmerz war so intensiv, dass es ihm den Atem raubte. Wie konnte er das nur zulassen? Wann war er so weich geworden?
    Er sah in Annas verträumtes Gesicht und fand darin die Antwort. Sie weckte in ihm eine Liebe, die nichts anderes wollte, als sie zu beschützen, bei ihr zu sein und ihre Nähe zu genießen. Er kannte Anna. Eine wilde eifersüchtige Zurschaustellung seiner Männlichkeit und vermeintlichen Rechts würde sie von ihm forttreiben. Und davon abgesehen hatte er keine Ansprüche auf sie. Nicht, solange er ihr seine Gefühle nicht gestand. Ihr erklärte, dass er seinen Fehler eingesehen hatte, dass er sie liebte.
    Er ballte seine Hände zu Fäusten. Keine Sekunde länger konnte er hier stehen und zusehen, wie Anna sich einem anderen Mann an den Hals warf.
    So drehte er sich um und verschwand im Herrensalon.
     
    Lucas’ Lippen senkten sich auf Annas. Und obwohl er so groß, so muskulös und stark war, glichen seine Berührungen der Sanftheit von Schmetterlingsflügeln. Ihr Körper lehnte an seinem, doch sein Griff war sacht, als bestünde Anna aus filigranem Glas. Zerbrechlich und kostbar.
    Seine Zunge strich prüfend über ihre Oberlippe, und als Anna ihren Mund öffnete, wagte Lucas’ Zunge einen Vorstoß. Er schmeckte nach Brandy.
    Als Anna in seine Augen sah, erkannte sie Sorge darin. Nicht die feige Furcht vor Entdeckung, sondern eine tiefer gehende Angst. Er blinzelte, und der Eindruck verschwand. Stattdessen flackerte Begehren in seinem Blick. Die Schwellung in seiner Hose wurde größer, härter, und Anna wünschte sich, ihn intensiver zu spüren, doch als sie sich ihm näherte, wich er um dieselbe Distanz. Die Liebkosung blieb sanft und zärtlich. So, wie sie es gewünscht hatte. Alles, was in Anna aufkeimte, war Sympathie und genießerische Akzeptanz der Umarmung. Kein Kribbeln, kein wildes Begehren. Ihre Lust regte sich nicht einmal. Anna schob ihn von sich, beendete den Kuss und sah Lucas an. Seine grauen Augen wirkten wie die sturmgepeitschte See.
    „Wir können das nicht tun.“ Annas Herz schien wilde Tänze in ihrer Brust aufzuführen.
    Lucas nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. „Ihr seid die edelste Dame der Gesellschaft, die ich je kennenlernen durfte, Anna.“
    Anna schob ihn resolut aus der Nische. „Geht, ehe man Euer Fehlen bemerkt, Lucas!“
    Anna wartete, bis er im Herrensalon verschwunden war, bevor sie selbst zu den Damen zurückkehrte. Später wusste sie nicht mehr, wie sie es geschafft hatte, die Maske der aufmerksamen, charmanten Gastgeberin zu tragen. Ihr Innerstes war ein einziger Aufruhr. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, und immer neue Bedenken sprangen auf wie Fahrgäste in einem Karussell. In ihrem Magen rumorte es, als hätte sie etwas Schlechtes gegessen, und ihre Knie schienen aus Plumpudding zu bestehen.
    Kurz gesagt, sie fühlte sich elend.
     
    Viel später saß Anna an ihrem Schminktisch. Alle Gäste waren nach Hause gegangen, endlich konnte sie den Abend Revue passieren lassen. Erleichtert bürstete Anna ihr Haar.
    Caítlín stand hinter ihr und beobachtete sie ihm

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