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Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Titel: Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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11
     
    Wir werden nackt, nass und hungrig geboren.
Und danach wird alles noch schlimmer.
    Aus China
     
    Anna erwachte und spürte, dass sie beobachtet wurde. Wegen der Art, wie ihre Haut kribbelte, vermutete sie, dass es nur Christopher sein konnte. Vor allem, nachdem sich ihre Brustwarzen aufrichteten.
    Sie öffnete die Augen und sah Christophers lächelndes Gesicht über sich.
    „Guten Morgen!“ Seine Stimme klang noch rau vom Schlaf. Sein Körper strahlte Bettwärme aus.
    Anna seufzte und kuschelte sich an ihn. Mildes Erstaunen erfüllte sie. Noch vor wenigen Tagen hätte sie nie geglaubt, diese Nähe zulassen zu können.
    Sein Zeigefinger strich sacht über ihre Wange.
    „Wann kamst du zurück?“, fragte er.
    „Kurz vor Sonnenaufgang“, erklärte Anna und fühlte die Müdigkeit in ihren Gliedern, die langsam ihre Wirbelsäule entlangkroch.
    „Hast du dich amüsiert?“
    „Mmh“, machte sie und reckte sich wohlig. „Mit dir wäre es schöner gewesen.“
    „Das nächste Mal“, versprach er. „Ich habe zu arbeiten. Schlaf dich aus, éméi !“
    „Du nennst mich schon wieder so. Was bedeutet das?“, fragte sie schlaftrunken, kaum noch in der Lage, die Augen offen zu halten.
    „Es bedeutet ‚Schöne’“, erklärte Christopher.
    Annas Bewusstsein driftete davon, doch sie spürte noch, wie Christophers Lippen ihre Stirn berührten.
     
    Als Anna erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Erschrocken richtete sie sich auf. Im selben Moment trat Caítlín ein.
    „Guten Morgen, Miss Anna“, flötete sie gut gelaunt. „Lord Munthorpe hat mir Anweisung gegeben, Euch ausschlafen zu lassen.“
    „So lange?“
    „Nun, ich habe früher hereingesehen, aber Ihr habt tief und fest geschlafen.“
    Anna seufzte und schwang ihre Beine aus dem Bett. Caítlín hielt ihr den Morgenmantel hin und ließ sie hineinschlüpfen.
    „Soll ich die Verbindungstür nicht wieder zugänglich machen?“, erkundigte sich Caítlín, als sie über den Flur in Annas Zimmer gingen.
    „Nein, lass nur, das ist zu schwer. Ich kümmere mich selbst darum.“
    Später saß Anna auf ihrem Frisierstuhl und wartete, dass Caítlín ihr die Kleider herauslegte.
    „Das blaue Besuchskleid bitte“, entschied Anna. „Ich möchte Mrs. Hopplewhite besuchen.“
    „Dieses hier mit der weißen Klöppelspitze am Dekolleté?“
    „Genau, und die passende Schute dazu. Ich werde gleich nach dem Frühstück aufbrechen.“
     
    Sophies Butler führte Anna in den Morgensalon. Ihre Freundin sah durch das große Fenster auf die Pappeln davor. Als Anna den Raum betrat, drehte sie sich um.
    „Anna, Liebes!“ Behände lief sie auf Anna zu und umarmte sie herzlich. „Wie geht es dir?“
    Anna lächelte. Sophie wirkte frisch und munter. Sie verströmte Orangenduft, und ihre Haut, die Annas Wange streifte, war weich und warm.
    „Sehr gut, und wie fühlst du dich?“
    Sophie strahlte. „Wunderbar! Stell dir nur vor, Bertram und ich reisen auf den Kontinent!“ Sophie hatte schon immer von Reisen und Abenteuern geträumt.
    Anna drückte ihre Hand. „Fantastisch! Wann geht es denn los?“
    „Zu Saisonende. Wir werden Frankreich, Italien und sogar Griechenland besuchen.“
    Die beiden Frauen ließen sich auf den Diwan sinken, und Sophie klingelte nach Tee.
    „Dass du mir aber fleißig Briefe schreibst“, verlangte Anna.
    „Du und deine Briefe!“, lachte Sophie. „Selbstverständlich! Ich schreibe so viele Eindrücke nieder, dass du ganze Romane füllen kannst.“
    Das Hausmädchen brachte den Tee, und die beiden Frauen schwiegen, bis die Dienstbotin den Raum verlassen hatte.
    „Und? Wie ist das Leben als Ehefrau? Ist Kit gut zu dir?“
    Anna nahm einen Schluck Tee.
    Tatsächlich hatte sie nicht nur der Wunsch nach Sophies Gesellschaft zu diesem Besuch getrieben. Bertram, Sophies Ehemann, war ein respektiertes Mitglied im renommiertesten Herrenclub Londons. Und darüber hinaus einer der bestinformierten Männer, die Anna kannte.
    Schon auf der Heimfahrt von dem Fest war ihr in den Sinn gekommen, Bertram über die Gerüchte auszufragen. Und als ihr vorhin der Gedanke kam, Sophie ihre Aufwartung machen zu können, war ihr spontan Bertram eingefallen.
    Sie lehnte sich zurück und bezähmte die aufsteigende Ungeduld.
    „Das Eheleben ist nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte“, gab Anna zur Antwort.
    Sophie grinste. „Kit betet dich an. Jeder, der Augen im Kopf hat, erkennt das.“ Sie drückte Annas Hand. „Es freut mich für dich. Ich habe nie

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