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Tigermilch

Tigermilch

Titel: Tigermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie de Velasco
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Jameelah.
    Ich zucke mit den Schultern.
    Nico, dachte ich.
    Nico? Den kennst du doch schon ewig.
    Ich weiß, aber ich dachte, genau deswegen.
    Wie meinst du das?
    Na, jemand, den ich schon so lange kenne, ist vielleicht genau der Richtige. Außerdem ist er so groß und stark, geht bestimmt alles wie von selbst mit ihm, ist doch sicher anstrengend, das erste Mal, da mach ich es lieber mit wem, den ich gut kenne.
    Aber es soll doch was Besonderes sein, sagt Jameelah und knistert mit dem Müllermilchbecher rum.
    Meinst du? Ich weiß nicht. Ich will einfach, dass nichts schiefgeht.
    Wieso denn schiefgehen?
    Keine Ahnung, das ganze Blut und so, weißt du.
    Jameelah nimmt einen großen Schluck Tigermilch, starrt auf den Boden und knistert weiter mit dem Becher rum, macht mich voll nervös, das Geräusch.
    Jetzt, wo es drauf ankommt, sind wir genauso schlau wie vorher, sagt sie und schaut mich mit ihren großen Augen an, vielleicht hätten wirs doch besser mit einem von der Kurfürsten machen sollen.
    Quatsch, sage ich, dabei weiß ich gar nicht, ob sie nicht vielleicht doch recht hat.
    Plötzlich geht die Tür zum Mädchenklo auf. Wir schmeißen die Kippe schnell ins Klo und stellen uns auf die Klobrille, damit keiner unsere Füße sehen kann. Die Tür neben uns fällt ins Schloss. Leise steigt Jameelah auf die Klospülung.
    Salam, Schwestern, ruft sie.
    Laura kreischt.
    Scheiße, hast du mich erschreckt!
    Kathis Kopf taucht über der Klowand auf.
    Wie ist euer Zeugnis, fragt sie und, ist da was zu trinken drin?
    Der Müllermilchbecher wandert vom einen Klo ins andere.
    In Sport ne Fünf, sagt Laura, der Wittner spinnt ja wohl.
    Das kommt davon, weil du immer sagst, du hättest deine Tage, sagt Kathi und reicht den Becher rum.
    Der Wittner führt bei uns seit Neuestem eine Liste, damit niemand von uns mehr als ein Mal im Monat beim Sport fehlt.
    Wie, der schreibt sich das auf, wann wer seine Tage hat, frage ich.
    Ist das pervers, sagt Jameelah.
    Ja, und außerdem glotzt er allen Mädchen, die vorn sitzen, auf die Brüste. Anna-Lena hat sich letzte Woche Hallo Herr Wittner in den Ausschnitt geschrieben, da ist er knallrot geworden.
    Anna-Lena, sagt Jameelah, die ist doch frigide.
    Genau, sage ich, die heißt nur noch Frieda Giga.
    Oder abgekürzt, Frigida, sagt Jameelah.
    Ich mag den Wittner. Ich helfe ihm immer, die Elektronenkanone in den Physikraum zu schieben, und mir glotzt er dabei nie in den Ausschnitt, aber bei mir gibt es auch nicht besonders viel zu sehen, muss ich zugeben.
     
     
    Um elf seid ihr zu Hause, sagt Mama streng, als ich Jameelahs Nummer wähle und ihr den Hörer hinhalte.
    Ja klar, sage ich und schaue ungeduldig auf die Uhr, spätestens.
    Bis vor Kurzem war alles so einfach, Jameelah hat am Wochenende immer gesagt, sie pennt bei mir, und ich habe immer gesagt, ich penne bei Jameelah. Dann ist aber was Blödes passiert. Wir sind im Morgengrauen total voll auf dem Spielplatz eingepennt. Eigentlich wollten wir uns nur fünf Minuten hinlegen und warten, bis Noura in die Klinik zur Arbeit fährt, aber dann hat sie uns auf dem Weg dorthin im Sandkasten gefunden. Jameelah hat eine geknallt gekriegt und durfte ewig nicht raus, nach der Schule immer sofort nach Hause.
    Seitdem muss Mama immer bei Noura anrufen, wenn wir sagen, dass Jameelah bei mir pennt. Noura weiß aber nicht, dass Mama sich um elf die Sofadecke überwirft, sodass kein Mensch an ihrer Insel anlegen kann, sie weiß nicht, dass Mama überall da, wo ihr Körper nicht gleichmäßig aufliegt, ein Kissen hinstopft und nichts mehr hört oder sieht, bis Rainer morgens von seiner Taxinachtschicht kommt und ihr einen Kaffee bringt.
    Bevor ich losgehe, rufe ich Amir an, er geht aber nicht ran. Ich klingle bei ihm zu Hause, aber als auch da keiner aufmacht, fahre ich mit dem Bus zum Planet. Auf dem Weg sehe ich, dass Nico an der Yorck, da wo die Penner immer um Fahrkarten betteln, ein neues Sad gemalt hat. Ich bin ein bisschen aufgeregt. Ich weiß, dass es ziept, wenn ich mir in den Daumen schneide, ich weiß, dass es pocht, wenn ich mir den Zeh klemme, dass sich dann alles blau verfärbt, und dass es brennt, wenn man hinfällt und sich das Knie abschürft, aber ich weiß nicht, was das für ein Schmerz sein soll, wenn man mit jemandem schläft, überhaupt, warum es wehtun soll. Vielleicht stimmt es ja auch gar nicht, dass es wehtut, überhaupt ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass es gleich heute passiert.
    Trotzdem, ich habe die weißen

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