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Tigermilch

Tigermilch

Titel: Tigermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie de Velasco
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einen Teller Spaghetti neben das Bett. Mit der Gabel schneide ich die Spaghetti so klein wie möglich und fange vorsichtig an zu essen. Wehtun tut nichts, höchstens ein bisschen, von wegen Fäden gehen auf. Ich gehe ins Bad und schaue in den Spiegel. So langsam sehe ich nicht mehr aus wie ein behinderter Chinese, eher wie ein Hamster, der aufs Maul bekommen hat, oder wie jemand, der zwei Flummis im Mund hat und die partout nicht rausrücken will. Als ich zurück ins Zimmer gehe, sehe ich Nico auf meinem Bett sitzen.
    Hallo Süße, sagt er.
    Ich merke, wie ich knallrot werde vor Freude.
    Sag bloß nichts, sage ich, ich weiß, ich sehe aus wie ein behinderter Chinese.
    Wieso behinderter Chinese?
    Hat Jessi gesagt, weil die Schwellung hochgeht bis zu meinen Augen. Ist aber schon besser geworden.
    Nico steht auf.
    Darf man dich küssen, fragt er, aber ohne eine Antwort abzuwarten, küsst er mich mitten auf den Mund.
    Vorsicht, sage ich, ist noch alles geschwollen.
    Ich pass schon auf, sagt Nico und küsst mich wieder.
    Hast du Kippen, frage ich.
    Darfst du denn schon wieder rauchen?
    Jetzt stell dich nicht so an.
    Widerwillig reicht er mir eine.
    Wir gehen runter in den Park. Die Kippe knallt voll, mir wird richtig schwarz vor Augen, aber ich mag das, wenn einem davon schwindelig wird, Vorhang auf, Vorhang zu und ein paar Sekunden später ist alles wieder vorbei, das ist einfach Wolke.
    Ich wollte schon gestern kommen, sagt Nico, wusste aber nicht, wann man kommen darf, ob am Abend nicht zu spät ist.
    Kein Problem, sage ich und ziehe an der Kippe.
    Und, ist dir schon langweilig?
    Ich schüttle den Kopf.
    Heute ist hier jemand gestorben.
    Krass.
    Ja, aber zum Glück hab ich nichts gesehen, sage ich, hab ich nur so mitbekommen. Gruselig. Hast du schon mal einen Toten gesehen?
    Nur meine Oma, sagt Nico.
    Und?
    War nicht schlimm. War traurig, aber nicht schlimm. Die war auch alt.
    Der Tod ist was Komisches, sage ich, findest du nicht?
    Ja, sagt Nico, aber genau genommen ist der Tod was ganz Normales.
    Ich weiß nicht, sage ich, das klingt so blöd dahergeredet.
    Wieso, sagt Nico, der Tod gehört zum Leben dazu.
    Siehst du, schon wieder so ein Satz! Das sagen alle. Die Leute reden über den Tod so wie über das Wetter, nur weil sie total Schiss davor haben. Bei mir funktioniert das aber nicht.
    Nico überlegt.
    Aber wir müssen doch irgendwann alle mal sterben, früher oder später.
    Ich ramme ihm den Ellbogen in die Rippen.
    Noch so’n Spruch, Kieferbruch.
    Sauber, dann kann ich mich gleich zu dir ins Bett legen, sagt Nico, packt mich an den Beinen und wirft mich über die Schulter. Ich kreische. Kopfüber an Nicos Rücken hängend, sehe ich, wie eine Schwester auf uns zugelaufen kommt.
    Besuchszeit ist um, sagt sie, tippt auf ihre Armbanduhr und guckt streng.
Ich wollte gerade gehen, sagt Nico.
    Wolltest du gar nicht, sage ich, als die Schwester wieder weg ist.
    Was?
    Na, gehen.
    Nicht?
    Nee, sage ich und nehme seine Hand. Wie die Einbrecher schleichen wir uns durch den Park rüber bis zum Eingang und dann Stockwerk für Stockwerk nach oben. Vorsichtig mache ich die Tür zu meinem Zimmer auf und ziehe Nico zum Bett.
    Du spinnst echt, flüstert er und zeigt auf das verbrannte Mädchen, was ist mit der da?
    Wir müssen halt leise sein, sage ich und küsse ihn, wir kriechen knutschend rauf aufs Bett, am Mund wie festgewachsen, ist schön, aber meine Wangen tun weh. Ich merke, ich bin furchtbar müde, aber da höre ich schon Nicos Gürtelschnallen klirren, und im nächsten Moment rutscht ihm die weite Hose bis auf die Knie runter.
    Vorsichtig, als ob das Lärm machen würde, zieht Nico mir mein T-Shirt aus, ich habe keinen BH an, deswegen krieche ich schnell unter die Decke, obwohl es draußen sowieso schon fast dunkel ist und hier im Zimmer eh. Sein Ständer klebt an meinen Schenkeln.
    Tschuldigung, sagt Nico.
    Alles gut, sage ich und ziehe seine Boxershorts runter und gleich danach meine Unterhose, sie rollt sich ein, als ich sie an meinen Schenkeln runterstreife, das würde sie sonst niemals machen, das ist nur wegen der Eile, warum eigentlich, denke ich, und als ob Nico Gedanken lesen könnte, legt er sich plötzlich ganz ruhig neben mich und schaut mich an.
    Sag jetzt nicht so was wie willst du es wirklich, flüstere ich.
    Wollte ich gar nicht, flüstert Nico zurück.
    Ich stehe auf, schnappe mir mein Portemonnaie und verschwinde damit im Bad, ich fummle das Gummi aus dem Fach, das Gummi, das ich für diesen Moment

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