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Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
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keinen anderen Fluchtweg als die Rampe entdecken. »Schon gut. Wie du meinst«, sagte der Musiker. »Aber das war nicht wichtig. Eine ganz gewöhnliche Schießerei. Ich spielte gerade etwas von Gershwin, da kamen die Gringos und setzten sich neben Alan. Der arme Junge. Er hatte mir neue Jazz-Platten aus Kalifornien mitgebracht.«
    »Was machte Alan?«
    »Das solltest du eigentlich wissen. Alles und nichts. Schmuggel im kleinen Stil. Drogen, wenn er Glück hatte. Dieses Mal hatte er keins. Die beiden Gringos, die dazukamen, waren ganz anders. Einer sah total verlebt aus. Der andere nicht. Der wirkte wie ein Fremdkörper. Sehr formell. Sehr steif. Man sah ihm an, dass ihm das Lokal nicht gefiel. Und ich spielte weiter Gershwin. Der Verlebte, high, holte aus einer Schachtel, die er unter dem Arm trug, eine Puppe hervor und gab sie Alan. Ich hörte, wie er sagte: ›Die ist für die Tochter von Omar, dem Panamesen.‹ Und Alan freute sich. Seine Augen strahlten, der Arme. Der andere wollte ihm noch eine kleinere Schachtel geben, aber Alan hörte nicht auf, die Puppe zu tätscheln. Der Steife wurde ungeduldig, und damit er nicht weiter störte, gab Alan ihm die Schlüssel seines Autos, das hinter dem El Tecolote abgestellt war. Ich weiß es, weil er immer neben meinem parkte, einem weißen Cadillac, Baujahr 1948. Ja, ich hatte Cadillacs, amigo. Damit du dir ein Bild machen kannst.«
    »Und dann?«, fragte Morgado ungeduldig.
    »Soll ich dir die ganze Geschichte erzählen? Also, der Steife geht durch die Hintertür, ich glaube, um die Schachtel ins Auto zu legen, und währenddessen umarmten sich die beiden Gringos da vor aller Augen, mit der Puppe dazwischen. Umso schlimmer. Aber niemand, nicht einmal ich, der ich damals so aufgeweckt war, kapierte, was das war: ein vereinbartes Zeichen, damit die Polizei den naiven Alan schnappte. Der Dummkopf wollte mit allem fliehen. Sie umzingelten ihn. Und dann tat er das Dümmste, was er machen konnte: Er zog die Pistole, die er am Gürtel trug, und ließ sich von drei Polizisten niedermähen. Wenn du das Blutbad gesehen hättest! Sie brauchten zwei Tage, bis sie die Lache entfernt hatten. Und ich spielte weiter Gershwin, Rhapsody in Blue. Ein Trauerspiel.«
    Morgado kramte Timothys Foto hervor und zeigte es dem ehemaligen Pianisten. »Ist das der steife Gringo, von dem du sprichst?«
    Cesarín zwinkerte im Halbdunkel. »Ich kann ihn kaum erkennen. Aber ja. Das ist er.«
    Da hielt Morgado ihm das Gruppenfoto mit Dave Tercerero hin und zeigte mit dem Finger darauf. »Und ist das der fertige Gringo?«
    » The same. «
    »Und was ist mit dem Judas passiert? Was tat er, nachdem die Polizei Alan getötet hatte?«
    »Er schickte sie hinaus, um den Steifen zu schnappen. Aber der war nicht dumm und machte sich mit Alans Auto aus dem Staub, als er die Schüsse hörte. Wir haben nie erfahren, was aus ihm geworden ist. Mit dem Verräter war das anders. Alans Leute haben ihm Wochen später den Garaus gemacht.«
    »Und die Puppe?«
    »Hochschwanger. Voll mit panamesischem Heroin. Sogar ich hatte was davon.«
    »Hast du sie nach der Schießerei aufgehoben?«
    Der Musiker lachte schallend auf. »Bist du blöd? Nach drei Tagen haben die Polizisten das Heroin in Tijuana unter die Leute gebracht. Es war der Hammer. Es haute richtig rein.«
    »So wie das«, sagte dieselbe dröhnende Stimme, die Morgado zuvor schon gehört hatte.
    Der Detektiv konnte dem ersten Schlag ausweichen, aber der zweite traf ihn an der Schulter. Der Knüppel des Hotdog-Verkäufers war lang genug, dass Morgado nicht an ihn herankam, es sei denn, er riskierte, verletzt zu werden.
    »Los! Schaff ihn dir vom Hals!«, schrie der Musiker.
    Morgado fasste an seinen Gürtel und trat in das Innere des Parkhauses zurück. Der Junge stürzte sich auf ihn und versuchte ihn in der Dunkelheit nicht aus den Augen zu verlieren. Morgado ließ ihn vorbei und versetzte ihm mit dem Metallteil, das er aus seinem Gürtel geholt hatte, einen Schlag auf den rechten Arm. Der Junge ließ den Knüppel fallen. Morgado nutzte die Gelegenheit, gegen seine Beine zu treten und ihn zu Fall zu bringen. Ohne seinen Verfolger kehrte er zu Cesarín zurück.
    »Verdammter Schwachkopf!«, rief der Musiker. »Er taugt nicht einmal für eine Abreibung.«
    Morgado ging an ihm vorbei und verließ das Parkhaus. Auf der Straße hörte er Cesaríns Stimme: »Und meine fünfzig Dollar? Scheißhauptstadtprolet, ich habe meinen Teil erfüllt.«
    Morgado hielt am Hotdog-Stand

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