Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
zur Musik bewegen, schafft das gleich die richtige Stimmung. Die Kameraeinstellungen ergeben sichdann wie von selbst. Natürlich sollte es kein MTV -Video werden – die Bewegungen der Darsteller sollten zur Musik passen, aber nicht übertrieben rhythmisiert wirken. Die Musik erleichtert bei den Dreharbeiten jedoch vieles, und ich würde jederzeit wieder mit Musik am Set arbeiten, selbst wenn ich keinen Musicalfilm drehe.
Bei SWEENEY TODD arbeitete Burton hinter den Kulissen mit zwei neuen Teammitgliedern zusammen: dem gebürtigen Polen Dariusz Wolski als Kameramann, der die ersten drei Fluch der Karibik -Filme mit Johnny Depp in der Hauptrolle gedreht hatte, und dem italienischen Szenenbildner und zweimaligen Oscar-Preisträger Dante Ferretti, der an sechs Filmen von Federico Fellini mitgewirkt hatte und darüber hinaus an Zeit der Unschuld, Gangs of New York, Die Abenteuer des Baron Münchhausen und Interview mit einem Vampir . Vor SWEENEY TODD hatte Ferretti mit Burton an Ripley’s Believe It Or Not! gearbeitet, bis das Projekt auf Eis gelegt wurde.
Tim Burton und Johnny Depp am Set von SWEENEY TODD
Ich kenne Dantes Werk gut. Es ist ein tolles Gefühl, jemanden mit an Bord zu haben, der schon mit Fellini zusammengearbeitet hat. Es erinnert einen daran, dass man einen Film dreht und nicht nur Teil einer Industrie ist. Er ist ein echter Künstler. Wenn man an seinem Büro vorbeigeht, sieht man ihn dort sitzen und zeichnen. Die vielen historischen Details, die er zu dem Film beigetragen hat – das war für mich sehr aufregend.
Burton ging es nicht darum, ein historisch korrektes Abbild von London im 19. Jahrhundert zu schaffen. Stattdessen schickte er dem in Rom ansässigen Szenenbildner eine DVD mit Frankensteins Sohn (1939) von Rowland V. Lee als Vorlage. Das London, das Burton und Ferretti schließlich für den Film schufen, ist keiner bestimmten Zeitperiode zuzuordnen und hat eine etwas fantastische Anmutung.
Wir entschieden uns für ein nicht ganz realistisches Aussehen, weil die Geschichte in ihrer ganzen Stilisierung eher an einen Mythos, eine Legende erinnert. Es sollte wie in den Frankenstein -Filmen sein, wo man auch nur einen ungefähren Eindruck vom Handlungsort erhält: die rumänischen Berge, 1740. Wir wollten ein fantastisches London erschaffen, das zum Charakter der Geschichte passt. Die Handlung des Originals ist in der Zeit von Jack the Ripper angesiedelt. Ich wollte aber, dass das Ganze etwas früher spielt, ohne es zeitlich genau zu verorten.
Obwohl Burton dafür bekannt ist, dass er fantastische Welten mithilfe traditioneller Filmtechniken erschafft – er zieht echte Kulissen CGI in der Regel vor –, wollte er SWEENEY TODD ursprünglich wie Sin City von Frank Miller und Robert Rodriguez mit minimalen Bühnenaufbauten und Requisiten vor Green Screens filmen und Hintergrund und Kulissen später digital einfügen.
Das lag zum Teil am Budget. Aber als ich dann genauer darüber nachdachte, habe ich mich doch dagegen entschieden. Kulissen sind nicht nur für mich hilfreich, sondern auch für die Schauspieler – eigentlich für alle Beteiligten. Schließlich sollte es ein Musicalfilm werden. Undwenn die Schauspieler vor Green Screens singen müssen, ist man jeder Realität völlig entrückt – ein Albtraum. Der Gesang war einer der Hauptgründe, warum wir am Ende doch Kulissen gebaut haben.
In Sondheims ursprünglicher Bühnenfassung wurde sehr viel Blut vergossen, was das Broadway-Publikum, das an heitere, weniger blutrünstige Stücke gewöhnt war, damals ziemlich verschreckte. Burton war entschlossen, auch im Film reichlich Kunstblut fließen zu lassen, selbst auf die Gefahr hin, dass der Film keine uneingeschränkte Altersfreigabe erhielt.
Das war das Erste, was wir zum Studio gesagt haben: »Leute, in diesem Film wird es eine Menge Blut geben!« Ich hatte mehrere eher weichgespülte Bühnenfassungen gesehen, aber das ist doch Quatsch. Es ist eine Geschichte über einen Serienmörder. Da werden Menschen zu Hackfleisch verarbeitet und in Pasteten gebacken. Das ist einfach nicht politisch korrekt, und da sollte man auch nichts schönen. Aber die Gewaltszenen im Film sind nicht sehr explizit. Es erinnert eher an einen Hammer-Film, nicht an Hostel . Das Blut ist grellrot. Damit haben wir uns an die Bühnenshow angelehnt, wo das Blut auch eher Symbolcharakter hat und Teil des Farbschemas ist.
Natürlich bestand die Möglichkeit, dass der Film einige Puristen verärgern würde, weil er an
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