Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
ist es noch schwieriger als beim Zeichentrick, wirklich gute Leute zu finden, weil es eine so seltene und aufwendige Kunstform ist. Wir haben den Film deshalb direkt in San Francisco gedreht. Wenn ich nicht gerade mit Dreharbeiten beschäftigt war, bin ich dorthin gefahren. Aber meistens hat Henry mir einfach die Bilder geschickt – es waren nur wenige Aufnahmen pro Woche –, und im Laufe der Jahre kam dann alles zusammen. Ich versuche, mich zu erinnern, wann wir damit angefangen haben, aber ich kann mir einfach keine Daten merken. Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Ich bekomme das einfach nicht hin. Sonst stimmt meine Erinnerung, nur den genauen Zeitrahmen weiß ich nicht mehr. Jedenfalls habe ich während der Arbeit an BATMANS RÜCKKEHR nebenher auch noch an NIGHTMARE gearbeitet. Das Schöne an diesen längerfristigen Projekten ist, dass man auch länger Freude an ihnen hat.
Tim Burton und Henry Selick am Set von NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS
In gewisser Hinsicht war es aber auch das schwierigste Projekt, an dem ich je beteiligt war, weil es so viel Zeit in Anspruch nahm und so viele Künstler daran mitgearbeitet haben. Ich habe trotzdem immer versucht, der ursprünglichen Idee treu zu bleiben und die Kontrollezu behalten, selbst wenn alles aus dem Ruder zu laufen drohte. Jeder wollte sich einbringen, und das kann problematisch sein, weil die Leute dann diese oder jene Änderung machen wollen. Das ist nur natürlich. Der Arbeitsprozess hat so lange gedauert, dass den Künstlern in der Zwischenzeit alle möglichen Einfälle kamen. Ich habe mich aber stets bemüht, das große Ganze im Auge zu behalten. Eigentlich hat es Spaß gemacht, so zu arbeiten. Die Produktionsphase hat drei Jahre in Anspruch genommen. Selbst wenn ich zwischendurch mit anderen Sachen beschäftigt war, konnte ich immer mal wieder eine Skizze beitragen oder einen Kommentar abgeben. Beim endgültigen Schnitt habe ich dann versucht, der Grundidee des Films so nahe wie möglich zu kommen.
Meine größte Sorge war, dass Henry, der selbst ein großer Künstler ist, den Film nicht nach meinen Vorstellungen umsetzen würde. Ich hatte Angst, dass sich da Spannungen ergeben könnten. Aber das war völlig unbegründet. Er hat wirklich großartige Arbeit geleistet. Dass wir uns schon in der Frühphase auf ein gemeinsames Ziel festgelegt haben, hat sich am Ende bezahlt gemacht. Vor allem ging es darum, dem Ausgangsmaterial möglichst treu zu bleiben. Mir war wichtig, dass Henry das genauso sah. Sonst hätte es nur endlose Streitereien gegeben. Es gibt Leute, die solche Streitereien am Set mögen – ich gehöre nicht dazu. Ich arbeite nicht gern mit Schauspielern, denen an einem Projekt nichts liegt, sondern möchte, dass die Leute hundertprozentig hinter einer Sache stehen, auch wenn sie vielleicht nicht mit allen Einzelheiten einverstanden sind. Für NIGHTMARE hätte ich mir kein besseres Team wünschen können. Es war eine ganz besondere Zeit. Das Aufnahmestudio war wirklich unglaublich. Ich bin sehr gern dorthin gefahren. Die Fähigkeiten der Künstler und die ganzen Details hatten etwas absolut Magisches an sich.
M it der Aufgabe, sein drei Seiten langes Gedicht in ein Drehbuch von Spielfilmlänge umzuwandeln, betraute Burton zunächst den Autor Michael McDowell, der auch schon das Drehbuch zu BEETLEJUICE verfasst hatte. Doch als sich die Zusammenarbeit nicht ganz so entwickelte, wie Burton es sich vorgestellt hatte, beschloss er, das Projekt stattdessen von der Musik her anzugehen. Er wandte sich an seinen bewährten Mitstreiter Danny Elfman, der im Film Jacks Stimme singen sollte, und entwickelte mit ihm eine grobe Storyline und schrieb einen großen Teil der Songs. Selick und sein Team begannen dann mit der Arbeit am Film, während Caroline Thompson auf der Grundlage des bereits vorhandenen Materials ein Drehbuch verfasste.
Ursprünglich habe ich auf Michael gesetzt, bis mir klar wurde, dass die Zusammenarbeit mit Danny eine bessere Vorgehensweise wäre, wenn auch nicht die naheliegendste. Michael ist ein guter Freund von mir, aber es hat einfach nicht gepasst. Danny und ich sind von dem Gedicht ausgegangen, das ich vor einiger Zeit verfasst hatte, und von ein paar Zeichnungen und Storyboards. Außerdem hatte ich vor etwa zehn Jahren einen kurzen Handlungsabriss geschrieben. Ich bin zu ihm gefahren, und wir haben das Ganze wie eine Operette behandelt – weniger wie ein Musical, eher wie so etwas Altmodisches, wo die Lieder viel stärker in
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