Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
machen können. Sie hätten damals schon den großen Wandel des Konzerns herbeiführen können, wenn man ihnen die Chance gegeben hätte. Meistens kamen sie direkt vom CalArts oder vom College. Disney öffnete sich gerade, stellte neue Leute ein, und alle wollten gern dabei sein und tolle Filme drehen. Disney war damals für viele ein Traum. Die Konzernleitung, die inzwischen das Sagen hat, hat das Potenzial dieser talentierten Leute erkannt und das Studio erneut auf Erfolgskurs gebracht. Und das ist gut für den Trickfilm insgesamt.
N ach NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS fungierte Burton zusammen mit Denise Di Novi als Co-Produzent des Disney-Films SCHIFFSJUNGE AHOI! – eine trashige Hommage an die Sindbad -Filme, mit Chris Elliott, Ricki Lake und Russ Tamblyn in den Hauptrollen, die jedoch bei Kritikern und Kinobesuchern gleichermaßen durchfiel.
Der Film war eine seltsame Komödie, und ich wollte dabei nicht Regie führen, weil ich glaubte, dass er zu teuer werden würde. Er stieß weder bei den Kritikern noch bei den Zuschauern auf große Begeisterung, und Disney gefiel der Film auch nicht. Die Leute beim Studio begriffen nicht, worum es dabei ging – auch ein Grund, weshalb er letzten Endes auf der Strecke blieb. Die Regie führte Adam Resnick, der zusammen mit ein paar Leuten aus der David Letterman Show auch das Drehbuch geschrieben hatte. Ich habe immer wieder versucht, meine Vorstellungen und Ideen einzubringen, aber ich konnte nicht ständig vor Ort sein und hatte keinen rechten Überblick, was bei der Produktion von SCHIFFSJUNGE AHOI! vor sich ging. Im Nachhinein war mir das eine Lehre. Ich muss mich entweder ganz auf ein Projekt konzentrieren oder es völlig sein lassen. So etwas werde ich ganz bestimmt nicht noch einmal machen, es sei denn für einen Film wie NIGHTMARE .
Tim Burton während der Dreharbeiten zu ED WOOD
E ine Zeit lang war Burton bei Columbia
Pictures als Regisseur für Mary Reilly im Gespräch, eine Neufassung der schon oft verfilmten Geschichte
von Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde von Robert Louis Stevenson, diesmal aus der Sicht von Jekylls Haushälterin erzählt. Die Titelrolle sollte Winona Ryder spielen.
Dieses Projekt hat mich eine Weile interessiert, aber dann hat das Studio zu viel Druck gemacht. Vorher konnte ich mir die Zeit nehmen, in Ruhe meine Entscheidungen zu fällen, aber in Hollywood wird man sofort dem Kommerzdenken unterworfen. Sie wollten den Film unbedingt machen. Ich erinnere mich, dass sie zu mir gesagt haben: »Wir haben fünf verschiedene Regisseure, die sich darum reißen, diesen Film zu drehen.« Und das hat mich irgendwie abgestoßen, also bin ich aus dem Projekt ausgestiegen. Das Studio wollte außerdem Julia Roberts in der Hauptrolle, und so kam es dann ja auch. Ich weiß nicht, was die Leute beim Studio über mich denken. Wahrscheinlich halten sie mich für verschroben. Meistens mache ich mir nicht die Mühe, ihre Gedankengänge nachzuvollziehen.
S chließlich übernahm Stephen Frears bei Mary Reilly die Regie, und Julia Roberts wurde tatsächlich an der Seite von John Malkovich für die Titelrolle engagiert. In der Zwischenzeit hatte ein anderes Projekt Burtons Interesse geweckt, das sich um das Leben von Edward D. Wood Jr. drehte. Larry Karaszewski und Scott Alexander, die die Drehbücher zu So ein Satansbraten und den beiden Fortsetzungen verfasst hatten, waren mit der Idee an Burton herangetreten. Schon seit ihrem Studium an der Filmschule der University of Southern California spielten sie mit dem Gedanken, ein Drehbuch über Wood zu schreiben, der oft als schlechtester Regisseur aller Zeiten bezeichnet wird. Weil sie es satthatten, nur als Autoren von Kinderfilmen wahrgenommen zu werden, verfassten sie ein zehnseitiges Treatment und schickten es an Michael Lehmann, den Regisseur von Heathers , den sie von der USC her kannten. Dieser wiederum stellte das Projekt der Produzentin von Heathers vor, Denise Di Novi. Ursprünglich sollte Lehmann bei dem Film Regie führen, während Burton und Di Novi als Produzenten fungierten. Nachdem Burton aus dem Projekt Mary Reilly ausgestiegen war, spielte er jedoch mit dem Gedanken, bei ED WOOD selbst Regie zu führen, unter der Bedingung, dass der Film schnell realisiert werden könnte. Daraufhin lieferten Karaszewski und Alexander innerhalb von sechs Wochen ein 147 Seiten langes Drehbuch ab. Burton las den ersten Entwurf und übernahm das Drehbuch ohne größere Änderungen.
Wood, der Regisseur von
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