Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
bis spätabends.
Anfangs dachte man daran, die Affen am Computer zu generieren, weil das heute die moderne Herangehensweise ist. Aber Richard und ich waren der Meinung, dass das Material ein Stück weit davon lebt, dass die Affen von guten Schauspielern gespielt werden. Auch wenn ihre Gesichter unter Masken verborgen sind, trägt ihre Performance den ganzen Film. Als ich das Original zum ersten Mal gesehen habe, kannte ich Roddy McDowall noch nicht, aber ihm ist es gelungen, der Rolle einen Ernst zu verleihen, den sie sonst nicht gehabt hätte.
Die Schauspieler hatten es bei diesem Film wirklich nicht leicht. Es war wie lebendig begraben sein, und das jeden Tag. Ich habe mir schon im Vorfeld Mühe gegeben, Leute zu finden, die damit klarkamen. Es war mörderisch: Manche Leute blühten auf, während andere es einfach nicht ertrugen. Stellen Sie sich vor, Sie werden jedenMorgen um zwei Uhr geweckt, nur damit drei Leute gleichzeitig an Ihnen herumbasteln können. Ein Albtraum! Das ist so, als müsste man mitten in der Nacht zum Zahnarzt gehen.
Die Affen ziehen in den Krieg
Für die Charlton-Heston-Rolle engagierte Burton den früher als Marky Mark bekannten Mark Wahlberg – ein Rapstar, der eine Karriere als Schauspieler begonnen hatte. Sein Debüt hatte er in dem Film Boogie Nights von Paul Thomas Anderson gegeben, danach hatte er Rollen in Three Kings – Es ist schön, König zu sein, Der Sturm und Rock Star.
In den Filmen, in denen ich ihn gesehen habe, fand ich ihn sehr beeindruckend und solide. Und genau das braucht man in einem Film mit sprechenden Affen – jemanden, der etwas Pragmatisches ausstrahlt, als Gegengewicht zu den ganzen anderen verrückten Figuren …
Im Gegensatz zu Heston im Original lässt sich der von Wahlberg gespielte Astronaut kaum auf das Geschehen um ihn herum ein. Auf der Suche nach einem Ausweg kämpft er sich verbissen durch den Film – was möglicherweise Burtons Gefühle während der Produktionsphase des Films widerspiegelt.
Kann sein … ich würde es nicht gänzlich von der Hand weisen. Jedenfalls habe ich mit Mark genau über diese Verbissenheit gesprochen, als wir uns über die Figur unterhalten haben. Wie gesagt, ich vertraue meistens auf mein Unterbewusstsein, und wenn ich auf meine Filme zurückschaue, erkenne ich mich in vielem darin wieder. Auf jeden Fall habe ich Mark gebeten, die Rolle sehr pragmatisch anzugehen. Die Geradlinigkeit, mit der er die Figur verkörpert hat, hat mich an Steve McQueen erinnert. Wie er sich da so durchgekämpft hat – genau so hatte ich mir das vorgestellt. Vielleicht hat es also tatsächlich etwas mit psychologischen Problemen meinerseits zu tun …
Burton engagierte Charlton Heston in einer kleinen Gastrolle als Vater des Schimpansen Thade – ein älterer Affe, der Thade auf dem Totenbett ein dunkles Geheimnis anvertraut, nämlich dass die Affen vor Urzeiten einmal Sklaven der Menschen gewesen waren. Als Thade ihm nicht glau b en will, fordert sein Vater ihn auf, eine Vase zu zerbrechen, in deren Innerem sich ein Beweis für die einstige Macht und hoch entwickelte Technologie der Menschheit verbirgt: eine Pistole. Die Szene ist natürlich hoch ironisch, weil Heston Präsident der US -amerikanischen Waffenvereinigung NRA (National Rifle Association) ist.
Richard und ich haben darüber gesprochen, ihm eine Rolle in dem Film anzubieten, aber es hat eine Weile gedauert, bis uns eine passende Szene eingefallen ist. Als Kind hat er mir in Filmen wie Jahr 2022 – die überleben wollen und Der Omega-Mann ordentlich Angst gemacht. Er spielte die Rollen mit einer unglaublichen Intensität, und durch die Augen eines Kindes betrachtet wirkte er auf der Kinoleinwand wahnsinnig groß und furchteinflößend. Er hat mich immer fasziniert, weil er die seltene Gabe besitzt, seine Rollen absolut glaubhaft zu verkörpern. Außerdem strahlt er so etwas Gequältes aus, eine innere Zerrissenheit, die mir auch an Schauspielern wie Vincent Price gefällt. Man hat das Gefühl, dass diese Menschen schon so unglaublich viel durchgemacht haben, dass sie gar nicht mehr menschlich sind. Christopher Lee hat eine ähnliche Ausstrahlung.
Nicht jeder war davon begeistert – Tim Roth beispielsweise war kein großer Fan von Heston und stand auch mit seinen politischen Ansichten auf Kriegsfuß.
Neunzig Prozent der Leute, mit denen ich zusammenarbeite, haben andere politische Ansichten als ich. Aber das ist für mich das Schöne am Film und an Kunst überhaupt. Es
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