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Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Titel: Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Burton , Mark Salisbury
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den Film zu haben, bevor das Drehbuch fertig ist. Endlich gab es mal keine eingeführte Marke zu verteidigen und keine Vorlage, mit der man hinterher verglichen wird. Außerdem hatte ich einen starken persönlichen Bezug zum Stoff, der mir bei früheren Projekten manchmal etwas gefehlt hat.
    Mein Vater war kurz zuvor gestorben, und obwohl ich ihm nie besonders nahgestanden hatte, war es für mich eine schwere Zeit, in der ich viel über die Vergangenheit nachgedacht habe. Mir fiel es nicht leicht, darüber zu reden, und dann erhielt ich dieses Drehbuch, das sich mit genau den Themen befasste, die mich damals bewegten. Diesen Film zu machen war für mich eine Art Katharsis. Ich konnte mich mit meinen Gefühlen auseinandersetzen, ohne eine Psychotherapie machen und versuchen zu müssen, meine Gefühle in Worte zu fassen – was mir meist sehr schwerfällt. Das hat mir an dem Drehbuch so gefallen: Es lieferte mir eine Menge Bilder für die Dinge, die ich nicht in Worten ausdrücken konnte. Wenn man über die Beziehung zu den eigenen Eltern nachdenkt, erscheint einem vieles als unglaublich bizarr und kompliziert und zugleich doch so einfach. Hippie-Eltern haben oft Kinder, die absolut regelkonform sind. Und andersherum schlagen die Kinder von langweiligen Buchhaltern manchmal ziemlich über die Stränge. Die Beziehung zu den eigenen Eltern ist die seltsamste im ganzen Leben.
    Eine Skizze von Burton für das »Handi-Matic« in BIG FISH
    Mein Vater war in seiner Jugend ein professioneller Baseballspieler. Er spielte für die Cardinals, in den Minor Leagues, bis er sich eine Verletzung zuzog. Danach arbeitete er für das Park and Recreation Center in Burbank, war jedoch auch weiterhin als Sportler aktiv. Er war sehr kontaktfreudig und beliebt und in der Szene gut vernetzt. Burbank hatte ein ziemlich großes städtisches Sportangebot. Später arbeitete er dann Teilzeit als Reiseverkehrskaufmann, war also viel unterwegs.
    Ich weiß nicht, warum ich mit meinen Eltern nicht so gut auskam. Als ich noch bei ihnen wohnte, hatte ich immer das Gefühl, meinem Alter weit voraus zu sein. Mit meiner Mutter habe ich mich nicht sonderlich gut verstanden, und mein Vater war nie zu Hause. Sie hatten ihre Probleme, und ich war immer ein bisschen außen vor. Vermutlich hatte es auch etwas mit meiner Persönlichkeit zu tun. Als ich dann zu meiner Großmutter zog, hat niemand großes Aufhebens darum gemacht. Ich hatte mit fünfzehn meine erste eigene Wohnung und fühlte mich sehr erwachsen. Um das CalArts besuchen zu können, musste ich mir einen Job suchen. Meine Eltern haben mir die Collegegebühren nicht bezahlt, was ich ihnen aber auch nie übel genommen habe. Eigentlich fand ich es eher positiv, weil ich dadurch gezwungen war,mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. In gewisser Weise hatte ich Glück, dass ich mich schon so früh von meinem Elternhaus abnabeln konnte.
    Als mein Vater krank wurde … na ja, man fängt an, sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Wie gesagt, ich hatte keine sonderlich enge Beziehung zu ihm, aber ich habe versucht, den Kontakt wieder aufzunehmen. Ich bin nie so weit gekommen wie Will am Ende von BIG FISH , allerdings waren bei mir die Grundvoraussetzungen auch weniger dramatisch. Allerdings ist mir eines klar geworden: Egal wie alt man ist, man kann seinen Eltern nie auf Augenhöhe begegnen, es bleibt immer eine Beziehung zwischen Vater oder Mutter und Sohn. Ich habe meine Eltern nie als eigenständige Menschen wahrgenommen. Erst später wird einem klar, dass sie ihr eigenes Leben haben. Und selbst mit fünfundvierzig fällt es einem noch schwer, mit seinen Eltern zu reden. Sie verwandeln sich von Kindern in Eltern und dann wieder zurück in Kinder – ein Zyklus, den man selbst ebenfalls durchläuft. Es ist eine einzigartige und unglaublich bedeutsame Beziehung.
    Über die Beziehung zu meinem Vater hätte ich mit einem Therapeuten nicht reden können. Ich hatte schon eine Psychotherapie hinter mir, aber über meine Eltern habe ich dabei nie gesprochen. Als ich dieses Drehbuch las, dachte ich: »Das drückt genau das aus, was ich nicht in Worte fassen kann.« Es hat mir also von Anfang an gefallen, sonst hätte ich einen solchen Film auch nie gemacht. Der Tod der Eltern ist so ähnlich, wie wenn man selbst Vater wird. Auf die Gefühle, die damit verbunden sind, ist man einfach nicht vorbereitet. Sie sind sehr stark, fast schon ein Urinstinkt. Ich hatte nicht unbedingt nach einer Katharsis gesucht, obwohl ich

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