Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
alles monatelang im Voraus zu planen.
Die Dreharbeiten fanden von Januar bis Mai 2003 in Montgomery, Alabama, statt. Abgesehen von einer Woche in Paris wurde der gesamte Film dort gedreht.
Alabama ist seltsam – man glaubt fast, in einem anderen Land zu sein. Allerdings habe ich dieses Gefühl öfter. Auch in Los Angeles, jetzt, da Arnold Schwarzenegger dort Gouverneur ist. Die Leute in Alabama sind nett, manchmal sogar etwas zu freundlich, sodass man sich fragt, ob es womöglich nur aufgesetzt ist. Vielleicht bin ich diesen Umgangston auch einfach nicht gewohnt. Ich werde dann schnell nervös, aber das ist mein Problem.
Es ist von Vorteil, wenn die Dreharbeiten an demselben Ort stattfinden, wo auch die Geschichte spielt. Man bekommt leichter ein Gefühl dafür. Besonders für die Schauspieler ist es hilfreich, wenn sie einen bestimmten Dialekt nachahmen müssen. Einen solchen Film möchte man nicht auf einer Studiobühne in Los Angeles drehen. Man muss die Stimmung dieses Ortes in sich aufnehmen, besonders wenn es ein Ort ist, wo man normalerweise nicht hinfahren würde. Für die kleinen Nebenrollen kann man dann Schauspieler aus der Region engagieren, die ganz anders sind als die Statisten in L . A . – wie zum Beispiel der Mann, der Edward den Handi-Matic-Job gibt.
Allerdings hatten wir auch mit ein paar Schwierigkeiten zu kämpfen, weil die Geschichten an so vielen verschiedenen Orten spielen und es keine Hauptschauplätze gibt. Wir haben dieSzenen wild durcheinander gedreht und hatten auch nicht viel Zeit für die Dreharbeiten. So kam es, dass wir an einem Tag manchmal an zwei oder drei verschiedenen Locations filmen mussten und ständig unterwegs waren.
Burtons Skizze für die einäugige Hexe
Ich habe jeden Tag in den Spiegel geschaut und mich gefragt: »Warum bin ich noch mal hier?« Einmal habe ich in der Lokalzeitung eine Ankündigung für ein Treffen des Ku-Klux-Klans gesehen, was mich ziemlich erschüttert hat. Es ist eine merkwürdige Region, aber es war richtig, die Dreharbeiten dorthin zu verlegen. Außerdem hatten wir kein Problem mit Schaulustigen – wer fährt schon übers Wochenende nach Alabama?
Bei den Dreharbeiten hatten wir mit den extremsten Wetterverhältnissen zu kämpfen, die ich je erlebt habe. Einmal wäre uns das Zirkuszelt beinahe über den Köpfen weggeflogen. Das war wie in Der Zauberer von Oz , alle mussten evakuiert werden. Es gab Tornados, der Fluss trat über die Ufer. Unsere gesamte Zirkuskulisse wurde überschwemmt. Wir haben eine Szene mit Danny DeVito gedreht, und am nächsten Tag stand die gesamte Kulisse unter Wasser. Es war wirklich schlimm. Außerdem gibt es in Alabama die größten Insekten, die ich je gesehen habe. Während der Nachtaufnahmen hatte man das Gefühl, sich in einem Kriegsgebiet zu befinden. Unsere Scheinwerfer wurden ständig von riesenhaften Kamikaze-Insekten bombardiert, die sich in der Hitze grillen ließen …
Aber abgesehen davon hat es Spaß gemacht.
Für Burton bestand der Reiz des Films vor allem in dem stark emotionalen Kern, vermischt mit den fantasievollen Geschichten Edward Blooms. Realität und Fantasiewelt halten sich kunstvoll die Waage, und das macht den Film so beeindruckend. Vom Drehbuch über die Szenenbilder bis hin zur Wahl der Schauspieler passt alles zusammen. Den realistischen Szenen haftet ein filmischer Glanz an, der einen angenehmen und versöhnlichen Grundton erzeugt, während die fantastischen Elemente stark stilisiert wirken, zugleich aber menschlich und lebensecht bleiben.
Eigentlich war es so, als würde man zwei verschiedene Filme drehen. Die Fantasiewelt stellte für mich kein Problem dar, aber ich wollteauch mal etwas Neues ausprobieren – das waren die realistischen Szenen. Doch der Film brauchte beides, weil das eine für sich genommen nur wie eine Folge Emergency Room gewirkt hätte, und das andere für mich vertrautes Gebiet war. Der Reiz lag also darin, beides miteinander zu verbinden.
Das Auto im Baum – ganz ohne Computertricks
Die Struktur des Films gefiel mir, weil sie so subtil war. Genau so hatte ich mir das gewünscht. Das Ende des Films ist sehr emotional, ohne vorhersehbar zu sein. Es hat einen gewissen Überraschungseffekt. Nachdem ich den Film fertiggestellt hatte, war ich mir nicht ganz sicher, ob er auch wirklich funktionieren würde. Ich hatte den Film sonst noch niemandem gezeigt und befand mich selbst in einer aufgewühlten Stimmung. Aber ich hatte die Hoffnung, dass er auf andere Leute
Weitere Kostenlose Bücher