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Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Titel: Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Burton , Mark Salisbury
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künstlerischen Anstrich bekommen, und hier in England gibt es fantastische Bildhauer, Maler und so weiter. Es war also in jeder Hinsicht sinnvoll, den Film hier zu drehen. Außerdem hat Pinewood so etwas Romantisches an sich. Es verströmt die Atmosphäre eines richtigen Filmstudios. In den Fluren hängen überall Filmposter, zum Beispiel von den ganzen Carry On -Komödien, und man läuft jeden Tag daran vorbei.
    O bwohl in Hollywood immer häufiger Blue- oder Green-Screen-Technologie und computergenerierte Hintergründe zum Einsatz kommen, zum Beispiel in den neuen Star Wars -Filmen, Sky Captain and the World of Tomorrow oder Sin City , bleibt Burton ein Verfechter der traditionellen Filmkunst: Er lässt echte Kulissen bauen, vermeidet digitale Effekte so weit wie möglich und greift sogar gelegentlich auf so altmodische Techniken wie optische Illusionen, übergroße Requisiten oder Miniaturmodelle zurück. Willy Wonkas fantasievolle Welt wurde von Szenenbildner Alex McDowell zum Leben erweckt, der an Fight Club, Minority Report, Terminal und Burtons CORPSE BRIDE – Hochzeit mit einer Leiche mitgearbeitet hatte.
    Ich hatte viel Gutes über Alex gehört – er hat an den verschiedensten Filmen mitgewirkt und überall großartige Arbeit geleistet. Bei der Wahl des passenden Szenenbildners für einen Film muss man sich oft auf sein Gefühl verlassen. Ich schaue mir nicht sämtliche Arbeiten von jemandem an. Man trifft sich, und im Gespräch findet man heraus, ob die Chemie stimmt. Ob es auch am Set funktionieren wird, kann man natürlich nie mit absoluter Sicherheit sagen. Alex ist ein Meister seines Fachs. Es war eine interessante Herausforderung, weil wir den Luxus genossen, echte Kulissen bauen zu dürfen, anstatt ständig mit Blue Screens arbeiten zu müssen. Auch wenn es bei manchen Szenen unumgänglich war.
    Wir haben uns die Illustrationen in der Buchvorlage angesehen, wo das Boot zum Beispiel eher wie ein Wikingerschiff aussieht. Aber das war die einzige Inspirationsquelle, die wir hatten. Ansonsten haben wir uns ganz auf unsere Fantasie verlassen. Alex hat etwas gemacht, was mir sehr gefallen hat und was ich jederzeit wiederholen würde: Er hat alle Räume komplett gebaut, nicht nur zur Hälfte, wie es sonst aus Kostengründen oft üblich ist. Der Nussraum zum Beispiel ist rund, obwohl man auch nur die Hälfte hätte bauen können. Aber letztlich macht das die Dreharbeiten nur unnötig kompliziert. John Boorman zum Beispiel hat erzählt, dass er für den Film Excalibur den Tisch für die Tafelrunde nur zur Hälfte bauen konnte und deshalb beim Dreh fünfmal so lange für die Szenen brauchte. Die meisten unserer Kulissen waren im Ganzen aufgebaut, und das wargut so. Zum einen wurde man nicht so oft von Besuchern am Set gestört, zum anderen hatten die Schauspieler die Kulisse vor Augen und nicht die Crew. Das ist besonders hilfreich, wenn es eine fantastische Umgebung ist. Sie wirkt dann viel realer.
    In Dahls Buch wird kein genauer Ort oder Zeitpunkt genannt, an dem die Handlung spielt. Ist es Amerika oder England? Bei der Filmadaption blieben Burton und McDowell ähnlich unbestimmt. Sie entschieden sich für eine Mischung aus europäischen und amerikanischen Einflüssen – das industrielle Amerika, gepaart mit Nordengland – und verbanden die Optik der 1950er- und 1970er-Jahre mit einer futuristischen Anmutung, die aus den Sechzigern stammen könnte.
    Wir haben uns Fotos von Nordengland angesehen, und Alex ist sogar dorthin gefahren, um sich die Gegend genauer anzuschauen. Aber wir hatten das Gefühl, dass Pittsburgh, Pennsylvania, als Handlungsort genauso gut passen könnte. Es war also eine Mischung aus verschiedenen Elementen. Wir wollten einen eigenständigen Ort schaffen, der nicht sofort als England oder Amerika zu erkennen war. Wonkas Fabrik sollte einen Optimismus und eine Kraft ausstrahlen, die an die Hoover-Talsperre erinnerte. Aber im Dunkeln sollte sie ein wenig furchterregend wirken …
    … und leicht faschistisch.
    Ja, wie gesagt, Willy Wonka ist der Citizen Kane oder Howard Hughes der Süßwarenindustrie. Jemand, der von etwas besessen ist, hat meistens etwas Trauriges und ein bisschen Unheimliches an sich. Auch wenn er nicht unbedingt böse ist. Die ganze Sache ist ziemlich komplex. Für eine Süßwarenfabrik fanden wir dieses Aussehen recht passend. Außerdem besitzen faschistische Bewegungen für einen Filmregisseur eine gewisse Faszination. Vermutlich, weil man sich selbst darin

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