Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
wiedererkennt …
D ie größte Innenkulisse für den Film war der Schokoladenfluss, der auf der geräumigen 007-Bühne in den Pinewood-Studios aufgebaut wurde. Mit dem wogenden Gras und den grellbunten Pflanzen wirkt die Kulisse wie eine riesige verrückte Minigolfanlage – und erinnert damit an die Schlussszene von FRANKENWEENIE .
Ich bin ein großer Fan von Minigolfanlagen. In Burbank, wo ich aufgewachsen bin, gab es sehr viele davon. Ich habe sogar ein Buch über Minigolfanlagen auf der ganzen Welt. Die Kulisse sollte einen natürlich gewachsenen Eindruck machen. Sie besteht zum größten Teil aus Schokolade und einigen anderen Dingen. Alex und ich hatten jedenfalls nicht bewusst vor, eine Minigolfanlage aus Süßigkeiten zu erschaffen.
Es war lustig, eine solche Kulisse auf der Bond-Bühne zu bauen, weil dort normalerweise U-Boote oder die Zentrale des Superschurken gefilmt werden. Immer wieder kamen Leute vorbei, die dachten, wir würden einen neuen James-Bond-Film drehen. Dann kamen Fragen wie: »Was soll denn das sein? Die Minigolfanlage eines Größenwahnsinnigen?« Es hat wirklich Spaß gemacht …
Wir hatten keine richtige Vorlage, an die wir uns anlehnen konnten. Aber je mehr realistische Elemente wir einbauen konnten, desto besser. Besonders auch wegen der Kinder, von denen einige bis dahin noch nie vor einer Kamera gestanden hatten. Für sie war es enorm hilfreich, eine richtige Kulisse zu haben, anstatt vor einem Blue Screen agieren zu müssen.
Ich wollte, dass der Fluss auch wirklich das dickflüssige Aussehen von Schokolade hat, also nicht nur braun gefärbtes Wasser war. Wir haben deshalb einen echten Schokoladenersatzstoff benutzt, um dem Ganzen die richtige Textur zu verleihen. Außerdem sollte der Schokoladenwasserfall echt und nicht computergeneriert sein. Alex und Joss Williams, der Effekte-Künstler, haben mit vielen verschiedenen Flüssigkeiten experimentiert.
Vier Oompa Loompas
Es war auch nicht leicht, das richtige Gras zu finden, das nicht zu künstlich aussah – das Gleiche galt für die Pflanzen. Wir haben deshalb zum Teil echte, angemalte Pflanzen verwendet. Wir mussten genau die richtige Balance finden, damit es nicht zu künstlich, aber auch nicht zu realistisch aussah. Es sollte real und irreal zugleich wirken.
Als Inspiration für die Innenräume der Fabrik – insbesondere den Fernsehraum, den Nussraum und den Erfindungsraum – empfahl Burton McDowell den Film Gefahr: Diabolik von Mario Bava.
Aber nur, weil ich ein großer Fan dieses Films bin und ihn für sehr sehenswert halte. Die einzelnen
Räume standen jeweils für sich. Die Funktionen richteten sich an der Story aus, aber beim Design hatten wir einen großen Spielraum. Beim Fernsehraum sind
dabei noch am ehesten Einflüsse von anderen Filmen zu erkennen, zum Beispiel 2001 oder THX 1138 , wo viele weiße Räume vorkommen. Der Grundriss des Nussraums stand ziemlich schnell fest, auch wenn wir eine Weile mit dem Farbschema herumexperimentierten. Im Erfindungsraum sollten eine Menge seltsame Gerätschaften zu sehen sein. Wir haben teils fertige Requisiten benutzt, teils Gegenstände, die wir irgendwo gefunden hatten, zum Beispiel Teile von einem alten Mixer oder Ähnliches.
Da Burton den Film so realistisch wie möglich halten wollte, schlug er vor, vierzig Eichhörnchen fünf Monate lang für die Nussraumszene abzurichten – sie sollten Nüsse knacken und dann Veruschka Salz angreifen. Letzten Endes wurde die Szene aber mithilfe computergenerierter Bilder und ferngesteuerter Roboter umgesetzt. Nur für die Nahaufnahmen wurden echte Eichhörnchen verwendet.
CHARLIE UND DIE SCHOKOLADENFABRIK lässt sich nicht mit Herr der Ringe und anderen Hightech-Filmen vergleichen. Er hatte zwar auch ein großes Budget, war aber kein Actionfilm. Ich wollte mich deshalb nicht zu sehr auf die Computertechnik verlassen. Schon wegen der Kinderdarsteller sollte alles so realistisch wie möglich sein. Als ich zum ersten Mal von einem echten Eichhörnchen angesprungen wurde, war das ziemlich gruselig und überraschend. Für JuliaWinter, die Darstellerin der Veruschka, wurde es durch die Verwendung echter Tiere einfacher, die Szene glaubwürdig umzusetzen. Selbst für erfahrene Schauspieler wie James Fox war es sicher hilfreich, in einer relativ realistischen Umgebung arbeiten zu können. Außerdem sind digitale Bilder auch nicht gerade billig: Unterm Strich ist es wohl immer noch preiswerter, einem echten Eichhörnchen
Weitere Kostenlose Bücher