Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
ausstrahlt. Es sollte ein absolut durchschnittliches Kind sein, das keinen bleibenden Eindruck hinterlässt – so wie neunzig Prozent aller Schulkinder. Aber das ist eine Eigenschaft, die ein Schauspieler einfach mitbringen muss – das kann man nicht künstlich erzeugen. Und Freddie besitzt so eine Intelligenz und Direktheit in der Darstellung. Er wirkt nie heuchlerisch, weil er ein grundehrlicher Mensch ist. Außerdem hat er eine sehr gesunde Einstellung zur Schauspielerei. Er sieht darin nicht seinen einzigen Lebenszweck, sondern hat auch noch andere Interessen, und das ist gut so. Charlie ist kein bestimmter Typ wie die anderen Kinder, die ein bisschen an Märchenfiguren erinnern. Er muss einfach für sich selbst stehen können, das war uns von Anfang an klar.
Mit Kinderdarstellern ist das Casting besonders schwierig. Man versucht, den richtigen Typ für eine Rolle zu finden. Ich habe darauf geachtet, dass die Kinder ein bisschen was von der Figur, die sie spielen sollten, in sich trugen. Damit es ihnen leichter fällt, sich mit der Rolle zu identifizieren. Bei den Kindern, die wir letzten Endes ausgewählt haben, hatten die Casting-Direktorin und ich das sichere Gefühl, dass sie die Richtigen für den Film sind. Mike Teavee war komischerweise am schwierigsten zu besetzen. Ich weiß nicht, wieso …
Kurzzeitig wurde darüber diskutiert, ob Charlie Brite oder Amerikaner sein sollte.
Wir haben mit den Kindern gearbeitet und sie einen amerikanischen Akzent sprechen lassen. Einige von ihnen haben das auch sehr gut hinbekommen, Freddie zum Beispiel – aber mir ist sehr schnell klar geworden, dass der amerikanische Akzent die Schlichtheit vermissen ließ, auf die wir abzielten. Ich hatte das Gefühl, dass der englische Akzent viel besser zur Atmosphäre des Films passte und eine stärkere emotionale Reaktion hervorrief.
Der Schrecken ist groß – Augustus Glupsch (Philip Wiegratz) steckt im Ansaugrohr fest
D ie Rolle des Großvaters Joe besetzte Burton mit dem irischen Schauspielveteranen David Kelly, der viel am Theater gespielt hatte, aber in Großbritannien vor allem durch die humorvolle Fernsehserie Robin’s Nest und den Film Lang lebe Ned Devine! bekannt ist.
Ich kannte ihn vorher nicht, aber als Susie Figgis mir ein Foto von ihm zeigte, war ich sofort sehr angetan. Ein Eindruck, der sich bei einem persönlichen Treffen noch verstärkte. Er ist wirklich ein erstaunlicher Mann! Ich finde, dass er genau aussieht, wie ich mir Großvater Joe vorstelle – schlank wie eine Gerte, alt und gebrechlich. Allerdings sieht er älter aus, als er ist. Als ich ihm das erste Mal begegnete, hatte ich den Eindruck, er könnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Aber die sechsmonatigen Dreharbeiten hat er völlig problemlos überstanden.
Für die kleine, aber zentrale Rolle von Charlies Mutter engagierte Burton erneut Helena Bonham Carter und stellte ihr Noah Taylor als Charlies Vater gegenüber, einen chamäleonhaften Darsteller, der in Shine – Der Weg ins Licht und Almost Famous – Fast berühmt mitgespielt hatte.
In frühen Drehbuchentwürfen tendierten die Autoren eher dazu, den Vater herauszunehmen und ihn durch Wonka als Vaterfigur zu ersetzen. Mit John August bin ich dagegen übereingekommen, den Vater im Film zu behalten, weil er Teil des Buches ist – wenn auch nicht als eindeutig positive Figur. Aber Vater und Mutter liefern genauso wie die Großeltern den Hintergrund von Charlies seltsamer Familie, die mich sehr fasziniert hat. Wir hatten Glück, dass Noah die Rolle übernehmen wollte. Er und Helena haben einen wertvollen Beitrag zu dem Film geleistet.
In der Filmversion von 1971, für die Dahl das Drehbuch verfasst hatte, kam der Vater nicht vor.
Vielleicht hat Dahl die Figur des Vaters nicht gefallen, keine Ahnung. Aber es stimmt, damals gab es ihn nicht. Womöglich ist die Figur einer späten Kürzung zum Opfer gefallen. Das würde mich wirklich mal interessieren.
Burtons Skizze zu den gefährlichen Eichhörnchen in Wonkas Fabrik
D ie Dreharbeiten zu CHARLIE UND DIE SCHOKOLADENFABRIK begannen im Juni 2004 in den Pinewood Studios in England, wo Burton 1988 BATMAN gedreht hatte. Die Außenfassade der Fabrik von Willy Wonka wurde auf demselben Gelände aufgebaut, wo Anton Fursts Kulisse von Gotham City gestanden hatte.
Ich arbeite gern in England. Ich habe schon zwei andere Filme hier gedreht, deshalb kenne ich inzwischen eine ganze Menge Leute. Außerdem wollte ich, dass die Kulissen einen
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