Tim und Charlie (Tim: Teil 2) (German Edition)
»Heute fängt unser neues Leben an. Wir können nicht mehr den halben Tag verschlafen. Wir fangen an mit Sex. Dann gibt es Frühstück und danach haben wir noch mehr Sex. Danach können wir ein bisschen durch die Stadt spazieren und bevor wir auschecken, haben wir nochmal Sex. Dann fahren wir zum Nordufer. Ich gehe davon aus, dass die Straßen offen sind. Es gab nicht so viel Schnee.«
Genau das machten wir auch. Tim bestand darauf, dass wir beide kurzärmlige Shirts trugen. Wir liefen eine Stunde lang durch die Stadt. Die Temperaturen lagen unterhalb des Gefrierpunktes. Über den eisigen Wind, der vom Lake Superior wehte, wollte ich erst gar nicht nachdenken.
Ich fragte Tim, warum er auf dieses Outfit bestand.
»Erstens, es fördert die Selbstdisziplin. Du wirst davon nicht sterben und du wirst auch nicht krank davon. Außerdem gibt es hier genug Gebäude, in denen wir Zuflucht finden können, wenn es zu kalt werden sollte. Zweitens, wenn wir in unser Zimmer zurück kommen, wirst du mich so fest umarmen, dass ich im siebten Himmel sein werde. Umgekehrt natürlich auch.« Er grinste mich an.
Worauf hatte ich mich nur eingelassen? Ich musste an Carl‘s Achterbahnmetapher denken.
Tim hatte recht. Nachdem wir die Tür hinter uns geschlossen hatten, zogen wir uns sofort aus und kuschelten uns aneinander. Wir wärmten uns gegenseitig, während wir uns immer wieder küssten.
Auch wenn es nicht die zärtlichste Umarmung war, so war es doch eine der längsten und ich genoss jede einzelne Sekunde davon in vollen Zügen. Bevor wir duschten und uns gegenseitig wuschen, hatten wir zum dritten Mal Sex an diesem Vormittag. Anschließend checkten wir aus und machten uns auf den Weg.
Ein Trip zum Nordufer des Lake Superior ist im Sommer wirklich etwas Wunderschönes. Im Winter hingegen ist es grau und kalt. Es gab leider nicht wirklich viel zu sehen, also blieben wir nicht lange. Ich hatte mir ein bisschen mehr davon erhofft.
»Lass uns heute Nacht in Wisconsin übernachten«, schlug ich Tim vor. »Es ist dort günstiger als das Downtown -Hotel in Duluth.«
Wir hielten unterwegs an einer Tankstelle. Dort sprachen wir mit einem jungen Mann, der uns vorschlug, nach Ashland zu fahren. Er sagte, es gäbe dort ein Restaurant, in dem wir ein gutes Steak zu einem angemessenen Preis bekommen würden. Außerdem wären die Hotels gut und günstig. Wir befolgten seinen Rat und fuhren dort hin.
»Charlie, wir müssen unser Coming Out und unsere Feier auf das gleiche Wochenende legen«, sagte Tim unterwegs.
»Das sehe ich auch so«, stimmte ich ihm zu. »Aber du musst noch über etwas anderes bedenken. Wenn wir uns beim Turmspringen outen wollen, was willst du deinem Gymnastik-Team sagen? Und vor allem, wann?«
»Das Southwest Diving Invitational ist an einem Freitag. Ich bin mir sicher, dass das Minneapolis Gymnastics Invitational am Samstag danach ist. Wir nehmen da mit unserem Verein nicht teil, aber ich denke, dass wir eine Einladung bekommen könnten, wenn Coach John danach fragt. Dort könnten wir bei dem Wettbewerb etwas ähnliches machen.«
Ich nickte zustimmend.
»Aber die Leute werden dann damit rechnen. Deshalb sollten wir das vorher machen. Falls die Presse am Freitag anwesend sein sollte, ist es dann auf jeden Fall schon sehr öffentlich. Ich denke, das würde sich regeln lassen.«
»Damit wäre unsere Zeremonie, Hochzeit, Feier, oder wie du es nennen möchtest, dann am Sonntag. Das ist das Gegenteil von dem, was wir bisher geplant hatten.«
»Unsere Feier wird so oder so privat sein — wenn vielleicht auch ziemlich groß. Aber ich denke nicht, dass es schlimm ist, die Feier nach dem Coming Out zu machen. Die Einladungen werden jedoch ein Problem. Wir können die nicht drucken, verschicken und darauf hoffen, dass es nicht an die Presse durchsickert. Das würde das Coming Out ruinieren.«
»Wen wollen wir alles einladen? Alle, die bei deiner Geburtstagsfeier waren. Sie wissen Bescheid. Unsere Familien natürlich, die bis dahin auch alle Bescheid wissen werden. Die Gang weiß natürlich auch Bescheid. Deine Mannschaften? Sie würden es erst einen Tag vorher erfahren. Und deine anderen Freunde. Auf die trifft das gleiche zu.«
»Ich verschicke einfach eine Party-Einladung. Vielleicht mit Tina zusammen. Wir könnten einfach schreiben, dass eine Party für den Sonntag geplant ist und dass wir den Ort und die Details kurzfristig bekannt geben.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Tina eine gute Idee ist«, gab ich zu
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