Tim und Charlie (Tim: Teil 2) (German Edition)
raus gerissen und einige neue Türen ein- und andere ausgebaut werden. Am Dach musste offensichtlich etwas gemacht werden und der Garten war ein einziges Durcheinander. Zudem brauchte es dringend einen neuen Anstrich, sowohl innen als auch von außen.
»Kein Wunder, dass der Alte das Haus nicht verkaufen konnte«, flüsterte mir Charlie zu.
»Charlie, du musst dir dieses Haus so vorstellen, wie es einmal war. Und so könnte es auch wieder sein. Es war großartig, geräumig und hell, wenn man die Wände wegnimmt. Es sieht aus, als gäbe es überall schöne Holzarbeiten. Die meisten scheinen noch da zu sein, auch wenn sie übermalt oder verdeckt wurden.«
»Und du willst das Haus so ganz nebenbei renovieren? Während du 2 Sportarten betreiben und deinen Notendurchschnitt halten willst? Ganz zu schweigen von den anderen Dingen, die du hier in Grand Forks vorhast.«
»Das hier ist eins der Dinge, die ich vorhatte. Ich wusste es bis jetzt bloß noch nicht«, antwortete ich und kicherte.
Charlie schaute mich an, als würde er darüber nachdenken, ob ich in einer geschlossenen Anstalt nicht besser aufgehoben wäre.
»Lass uns mit dem alten Mann reden«, schlug ich vor.
Wir fanden ihn in seinem Wohnzimmer im ersten Stock.
»Ich bin übrigens Tim«, stellte ich mich vor. »Und das ist mein Partner Charlie.«
»Freut mich«, antwortete er. »Ich bin Felix. Ihr kommt mir bekannt vor. Habe ich euch irgendwo schon mal gesehen?«
Ich lachte. »Lesen Sie die Sports Illustrated ?«
»Das ist es! Du bist der Turmspringer. Der schwule Turmspringer. Meine Güte, ihr müsst ganz schön mutig sein, so wie ihr euch geoutet habt.«
Sein Gesicht nahm einen wehmütigen Ausdruck an. »Ich habe mich das nie getraut.« Bevor einer von uns beiden etwas sagen konnte, fuhr er fort. »Zu meiner Zeit hat sich niemand geoutet. Ich habe sogar darüber nachgedacht, eine Frau zu heiraten. Könnt ihr euch das vorstellen? Aber ich dachte mir, das wäre jeder Frau gegenüber unfair. Also bin ich ein sehr frustrierter Junggeselle. Ich habe viele junge Männer kennengelernt, aber keiner davon war schwul. Wobei, hier wohnten zwei Jungs zusammen, bei denen war ich mir fast sicher. Aber bei mir hat sich nie jemand geoutet. Sicher, ich habe von Stars und Schauspielern gelesen. Aber die waren in New York, Kalifornien oder Europa. Aber nicht in North Dakota.«
»Warum sind Sie dann nicht nach New York, Kalifornien oder Europa gegangen, sondern hier in North Dakota geblieben?«, fragte Charlie.
»Meine Familie und meine Freunde waren hier. Und ich wollte nie wegziehen. Ich bin sexuell frustriert, aber ansonsten glücklich. Aber leider bin ich zu alt geworden, um das Haus in Schuss zu halten. Deshalb fällt hier nun langsam alles auseinander. Es bricht mir das Herz.«
Felix seufzte schwermütig.
»Wir würden gerne dabei helfen, alles wieder aufzubauen«, sagte ich und sah Charlie an.
Ich konnte ihn wie ein offenes Buch lesen. Er fragte sich, wo ich das wir her nahm.
»Wovon zum Teufel sprichst du?«, fragte Felix.
»Wir wollen dieses Haus«, sagte ich. »Wir haben kein Geld. Aber Sie können es in diesem Zustand ohnehin nicht verkaufen. Und wenn Sie es verkaufen würden, bräuchten Sie einen Ort zum leben. Lassen Sie uns einen Deal machen. Wir nehmen das Haus und bringen es in Schuss. Irgendein Anwalt kann sicherstellen, dass Sie geschützt werden. Sie kriegen ein Apartment im dritten Stock, mietfrei und auf Lebenszeit. Wir übernehmen die Nebenkosten. Zusätzlich zahlen wir Ihnen 10.000 Dollar, in Raten und über 4 Jahre, aber ohne Zinsen. Wir werden 4 Jahre in Grand Forks sein und dann eine Weile woanders hin gehen. Aber wir kommen wieder. Solange wir weg sind, wird vermutlich jemand anderes in diesem Haus wohnen. Aber Sie behalten ihre Wohnung, solange Sie wollen. Und wenn Sie keine Treppen mehr steigen können, bauen wir Ihnen so einen Sitz ein, mit dem Sie nach oben fahren können.«
Ich sah noch einmal Charlie an, der mich fassungslos anstarrte. Ich grinste nur.
»Klingt das okay?«, fragte ich.
Felix schaute erst mich, dann Charlie an. Vielleicht wartete er darauf, dass ihm jemand sagte, dass wir nur Witze machten.
»Meint ihr das ernst?«
Charlie überlegte einen Moment und sah mich nachdenklich an. Dann lächelte er.
»Ich bin mir sicher, dass er es ernst meint. Und ich stehe hinter ihm.«
Mein Herz hüpfte vor Freude und ich küsste Charlie kurz.
»Ich glaube, der Herr hat euch zu mir geschickt. Das ist für mich ein
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