Tim und Charlie (Tim: Teil 2) (German Edition)
dreieinhalb Jahre Zeit, um uns auszumalen, wie unser Zusammenleben aussehen könnte. Die Realität übertraf meine kühnsten Träume.
Hal‘s Qualifikationslauf war am Sonntag und wir fuhren am Samstag nach Elgin. Hal fuhr natürlich mit Charlie und mir, Tom trafen wir am Flughafen. Er flog von Detroit aus, während Franklin aus Manhattan mit dem Auto kam und den ganzen Freitag auf der Straße verbracht hatte.
Wir checkten in unserem Hotel ein und Charlie und ich luden die anderen zum Abendessen ein. Dazu gingen wir in ein nettes kleines Restaurant, das nicht weit vom Hotel entfernt war.
Während des Essens sprachen wir über den unvergesslichen Sommer, den wir gemeinsam im Camp White Elk verbracht hatten. Es war nicht das erste Mal, dass wir die Erinnerungen aufleben ließen und es war auch nicht das letzte Mal. Es war der Sommer, der unser aller Leben veränderte, auf die eine oder andere Weise. Ich fand in diesem Sommer die Liebe meines Lebens, Hal entdeckte seine große Leidenschaft. Ronnie traf eine Gruppe, die ihn so akzeptierte wie er war, Jim und Andy fanden heraus, dass sie zumindest bisexuell sind. Tom lernte dort den Mann kennen, der ihm Jahre später das Leben retten sollte. Franklin fand eine großartige Gruppe an Freunden und über Charlie die große Liebe in Phil.
Es war schwierig, unsere Gefühle in Worte zu fassen. Umarmungen hätten das viel besser gekonnt, was aber in einem öffentlichen Restaurant nicht ganz einfach war. Also quälten wir uns mit inadäquaten Worten ab. Die Umarmungen holten wir später in unserem Hotelzimmer nach, das wir alle miteinander teilten.
Am nächsten Tag kam unser Weckruf um 5:00 Uhr morgens. Wir hatten einen anstrengenden Tag vor uns — vor allem aber Hal. Wir schlängelten uns irgendwie alle durch die Dusche, bevor wir in einem kleinen Café frühstückten. Das Hotel hatte uns das Café empfohlen und es war wirklich gut.
Beim Essen besprachen wir den Ablauf des Rennens mit Hal. Wir würden uns alle an der Strecke verteilen, um Hal anzufeuern und ihn mit Informationen zu versorgen, die er brauchen könnte.
Hal erklärte uns, dass er nur das Ziel hatte, eine Zeit zu laufen, die ihm die Teilnahme am Boston Marathon ermöglichen würde.
Ich wies ihn darauf hin, dass er das Rennen durchaus gewinnen könnte. Ich kannte seine Trainingszeiten grob und die lagen weit weg von den etwas mehr als 3 Stunden, die er laufen musste, um in Boston starten zu können.
»Ich laufe heute nur gegen mich selbst und gegen die Zeit«, verkündete Hal. Alles was er wollte, war eine Zeit von etwas weniger als 3 Stunden. Die Realität sah ein wenig anders aus.
Hal schaffte eine Zeit von 2 Stunden 47 Minuten und 17 Sekunden und wurde Fünfter. Zudem war er der einzige, der von den ersten 25 im Ziel noch aufrecht stehen konnte. Er war kaum außer Atem und offensichtlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Als die Offiziellen Hal im Ziel sahen, vermuteten sie, dass er nicht das komplette Rennen gelaufen war und betrogen hatte. Sie überprüften die Checkpoints und waren noch erstaunter, als sie feststellen, dass Hal alle passiert hatte. Der Läufer, der am Ende 19. wurde, bestätigte, dass Hal einen Großteil des Rennens mit ihm zusammen gelaufen war. Wir konnten den Verantwortlichen zudem Fotos auf unseren Digitalkameras zeigen, die bestätigten, dass Hal auf der Strecke war. Der Verdacht, dass Hal betrogen hatte, löste sich schnell in Luft auf, aber nun wollte jeder wissen, warum Hal nicht außer Atem war, während alle anderen aus der Spitzengruppe mehr oder weniger im Ziel umfielen. Hätte er gewinnen können, wenn er ein bisschen mehr investiert hätte? Natürlich hätte er das gekonnt, aber Hal lächelte nur und beantwortete diese Fragen nicht.
Er zeigte lediglich auf den Sieger und sagte: »Jim hat als Erster das Ziel erreicht und das Rennen gewonnen. Ich bin nur Fünfter geworden. Das ist die Hauptsache und nicht die Spekulationen von Leuten, die nicht eine Meile selbst gelaufen sind.«
Irgend jemand fragte, wie alt Hal war. Auf seine Antwort hin war der Fragesteller völlig verblüfft.
»Du bist 18? Und läufst einen Marathon in 2:47?«
Das war der Startschuss für die Medien, die sich wie die Geier auf Hal stürzten. Ich ging dazwischen und sagte ihnen, dass Hal dringend ein bisschen Ruhe brauchte.
Natürlich wurde ich erkannt.
Das führte zu weiteren Fragen. Alle wollten wissen, woher wir uns kannten, ob Hal ein Freund von mir war und wie lange wir uns schon
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