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Timbuktu

Timbuktu

Titel: Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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es auch ein Muli gewesen sein. Ein Muli im Kino und ein Pferd im Fernsehen. Wie hieß die Sendung noch mal? Mr. Ed. Herrje, fängt das schon wieder an? Ich werd diesen Krempel einfach nicht los. Mr. Ed, Mr. Moto, Mr. Magoo, alle in meinem Oberstübchen, jeder einzelne Zosse. Mr. Ihr-könnt-mich-mal. Aber eigentlich war ich gerade bei Hunden, stimmt’s? Keine Pferde, Hunde. Und auch keine sprechenden Hunde. Nicht solche Hunde wie in der Geschichte über den Mann, der in die Kneipe geht und seine ganzen Ersparnisse darauf verwettet, daß sein Hund sprechen kann, und keiner glaubt ihm, und dann macht der Hund einfach das Maul nicht auf, und als ihn der Mann hinterher fragt, warum er denn nichts gesagt habe, meint der Hund, ihm war einfach nichts eingefallen. Nein, nicht der sprechende Hund aus diesen blöden Witzen, sondern der tippende Hund, den mein Freund in Italien gesehen hat, als er siebzehn war. Ja, genau, Italien. Land des witzigen Cicero und der winzigen Zitzero - noch so ein Land, in dem ich nie gewesen bin.
    Seine Tante war ein paar Jahre zuvor aus unbekannten Gründen dorthin gezogen, und eines Sommers ist er für ein paar Wochen hingeflogen. Das ist Tatsache, und bei der ganzen Geschichte ging es nur am Rande um den Hund, deshalb klingt die Story ja so wahr. Ich las gerade ein Buch, Der Zauberberg von einem gewissen Thomas Mann, nicht zu verwechseln mit Tom McAn, dem berühmten Kurpfuscher. Ich hab es übrigens nie zu Ende gelesen, viel zu langweilig, aber dieser Herr Mann war nun mal der Hahn aufm Mist, ’ne wichtige Nummer in der Ruhmeshalle der Schreiberlinge, also dachte ich mir, versuch es mal. Ich saß also in der Küche und las über einer Schale Cheerios diesen Klotz von einem Buch, und da kommt mein Zimmergenosse Paul rein, liest den Titel und meint: , sag ich, , und dann, während er so in der Tür steht und Zigarettenrauch aus dem Mund bläst, erzählt er mir, daß er mal Thomas Manns Witwe kennengelernt hat. Gibt nicht sonderlich damit an, sondern stellt es einfach nur fest. Und so kamen wir zu der Geschichte, wie er nach Italien geflogen ist, um seine Tante zu besuchen, und es stellt sich raus, daß sie eine Freundin von einer der Töchter von Thomas Mann war. Der alte Tom hatte ’nen Haufen Kinder, und dieses Mädchen hatte am Ende einen betuchten Italiener geheiratet und lebte in einem netten Haus in den Bergen oberhalb von weiß der Henker was für einer Kleinstadt. Jedenfalls waren Paul und seine Tante eines Tages dort zum Essen eingeladen, und die Mutter der Gastgeberin war auch da - Thomas Manns Witwe, eine alte Dame mit weißen Haaren, die in einem Schaukelstuhl saß und Löcher in die Luft starrte. Paul hat ihr die Hand gegeben, ein paar beiläufige Worte mit ihr gewechselt, und dann setzten sie sich zum Essen. Bla, bla, bla, reichen Sie mir doch bitte mal das Salz. Und gerade, als man hätte glauben können, das führt zu nichts und wir sind am Ende einer wahrhaft nichtssagenden Geschichte, erfährt Paul, daß Manns Tochter von Beruf Tierpsychologin ist. Und was, wirst du sicher fragen, ist ein Tierpsychologe?
    Da bist du genauso schlau wie ich, Mr. Bones. Nach dem Essen führt sie Paul nach oben, stellt ihm einen English Setter namens Ollie vor, einen nicht sonderlich intelligenten Köter, soweit er das beurteilen kann, und zeigt ihm eine riesige mechanische Schreibmaschine, also bestimmt die größte Schreibmaschine in der Geschichte der Menschheit. Sie ist mit besonders großen Tasten in Form von Tassen ausgestattet, damit die Hundeschnauze reinpaßt. Dann nimmt sie eine Schachtel Kekse, lockt Ollie zur Schreibmaschine und demonstriert Paul, was der Hund kann.
    Es war eine langwierige und mühselige Angelegenheit, gar nicht das, was man erwartet hätte. Der Satz, den er tippen sollte, lautete: Aber statt ihm die Wörter vorzusagen oder sie ihm zu buchstabieren und darauf zu warten, daß er die richtigen Buchstaben tippte, ging sie jeden einzelnen Laut jedes einzelnen Wortes durch, zerlegte die Wörter in ihre Phoneme und sprach sie so langsam aus, modulierte sie so merkwürdig und mit einem so kehligen Timbre, daß es sich anhörte, als würde ein tauber Mensch zu sprechen versuchen. , fing sie an, , und als der Hund mit der

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