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Timbuktu

Timbuktu

Titel: Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Schnauze das O eingab, belohnte sie ihn mit einem Keks, ein paar lobenden Worten und vielen Patschern auf den Kopf und machte sich dann an den nächsten Laut, , , wieder so langsam und sorgfältig wie zuvor, und als der Hund auch den richtig tippte, gab sie ihm einen zweiten Keks und noch mehr Patscher auf den Kopf und so weiter, einen unsäglich langsamen Buchstaben nach dem anderen, bis sie endlich mit fertig waren.
    Mein Freund hat mir diese Geschichte vor fünfundzwanzig Jahren erzählt, und ich weiß heute noch nicht, ob sie irgendwas beweist. Aber eins weiß ich genau: Ich bin ein Idiot gewesen. Ich hab zuviel Zeit mit eitel Tand und Possen vergeudet, die Jahre mit viel Spiel und Spaß verplempert, mit Träumereien und Spektakel. Wir hätten uns auf den Hintern setzen und studieren sollen, Sir, das Abc lernen und mit der kurzen Zeit, die uns gegeben war, was Vernünftiges anfangen. Meine Schuld. Alles meine Schuld. Ich weiß ja nichts über diesen Ollie, aber du hättest bestimmt erheblich Größeres geleistet als der, Mr. Bones.
    Du hattest den Verstand, den Willen und den Mumm dazu. Aber ich hab gedacht, deine Augen seien zu schlecht für diese Aufgabe, drum hab ich gar nicht erst damit angefangen. Faulheit nenn ich so was. Geistige Trägheit. Ich hätte es wenigstens versuchen und mich nicht abhalten lassen sollen. Nur aus der Sturheit erwachsen große Dinge. Aber was hab ich statt dessen getan? Ich hab dich zu Uncle Al’s Kuriositätenladen in Coney Island geschleift, das hab ich getan. Hab dich in die U-Bahnlinie F geschmuggelt, indem ich so tat, als wär ich blind, bin mit dem weißen Stock die Treppen runtergetappt, und du warst an meiner Seite, so richtig in deinem Geschirr, ein Blindenhund, wie es keinen besseren gibt, nicht einen Deut schlechter als diese Labradore und Schäferhunde, die sie in die Schule stecken, damit sie all das lernen. Ich danke dir dafür, Amigo. Danke, daß du so brav mitgespielt und meine Verrücktheiten und Marotten ertragen hast. Aber ich hätte es dir besser entlohnen müssen. Ich hätte dir die Chance geben müssen, zu den Sternen zu greifen. Es ist möglich, glaub mir. Ich hatte nur nicht den Mumm, an meine Überzeugung zu glauben. Aber die Wahrheit ist, daß Hunde lesen können, Freundchen. Warum sollten sie denn sonst diese Schilder an der Postamttür anbringen? . Verstehst du, was ich meine? Der Mann mit dem Hund kann doch nicht sehen, wie soll er da das Schild lesen können? Und wenn er es nicht lesen kann, wer dann? Und genau das lernen sie in der Schule für Blindenhunde. Sie erzählen es bloß keinem. Es ist ein Geheimnis, eines der drei oder vier bestgehüteten Geheimnisse Amerikas. Und das aus gutem Grund. Stell dir nur mal vor, was passieren würde, wenn das rauskäme. Hunde so klug wie Menschen? Blasphemie! Es gäbe Straßenschlachten, sie würden das Weiße Haus niederbrennen, das reinste Chaos bräche aus. Binnen dreier Monate würden die Hunde ihre Unabhängigkeit fordern. Delegationen würden sich treffen, Verhandlungen würden beginnen, und am Ende würde die ganze Angelegenheit so geregelt, daß die Menschen Nebraska, South Dakota und halb Kansas hergäben. Sie würden die Bevölkerung umsiedeln und alle Hunde dorthin ziehen lassen, und von da an wäre das Land zweigeteilt. Die Vereinigten Staaten und die Freie Hunderepublik. Herrje, das würd ich gern noch erleben. Ich würde mit dorthin kommen und für dich arbeiten, Mr. Bones. Ich würde dir deine Pantoffeln holen und dir die Pfeife anzünden. Ich würde dich zum Premierminister wählen lassen. Was immer du wolltest, Boß, ich wäre dein Mann."
    Mit diesem Satz kam Willys Redeschwall zu einem plötzlichen Ende. Er war durch ein Geräusch abgelenkt worden, und als er den Kopf drehte, um zu sehen, woher die Störung kam, seufzte er leise. Ein Streifenwagen schlich die Straße entlang auf das Haus zu. Mr. Bones brauchte gar nicht erst hinzusehen, um Bescheid zu wissen, tat es aber trotzdem. Der Wagen hatte am Bürgersteig gehalten, die beiden Polizisten, der Schwarze und der Weiße, stiegen aus, faßten sich an die Holster und rückten die Gürtel zurecht, dieselben Witzbolde wie beim letztenmal. Mr. Bones wandte sich genau in dem Augenblick zu Willy um, als der sich zu ihm umdrehte, und als die Worte des Polizisten vom Straßenrand herüberklangen (»Du kannst hier nicht bleiben, Kumpel. Also hoch, sonst mach ich

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