Time to Die - Stirb noch einmal
Handtasche von ihrer Schulter, legte sie auf den Schoß und hielt sie mit beiden Händen fest. Zwar zitterte sie nicht, aber sie fühlte sich ziemlich verunsichert. Sie sehnte sich nach einem rettenden Anker.
“Farris ist ein Trottel”, flüsterte Toni ihr zu, als sie sich neben Lexie setzte. “Ein sehr gebildeter Trottel, aber immer noch ein Trottel. Das war ja wirklich das Letzte, anzudeuten, dass …”
“Ist schon in Ordnung”, fiel Lexie ihr ins Wort. “Farris ist eben Farris. Er hat Angst, und das zu Recht.”
In diesem Moment klingelte Lexies Handy. “Ich hätte es ausschalten sollen”, murmelte sie. Als sie ihre Tasche schließlich öffnete und ihr Telefon hervorzog, stand Deke bereits mit ausgestreckter Hand vor ihr. Bereitwillig reichte sie ihm ihr Telefon.
Im Hinausgehen gab er Geoff ein Zeichen. Bis jetzt hatte der Farris von den Frauen ferngehalten, bezog jetzt aber sofort hinter Lexie Stellung, während Deke mit dem Telefon am Ohr nach draußen verschwand.
Toni tätschelte Lexies Hand, die immer noch den Reißverschluss der Tasche festhielt. “Zieh bloß keine voreiligen Schlüsse. Das könnte jeder sein. Vielleicht rufen Alice oder Robert aus dem Büro an oder Cara oder deine Mutter …”
“Nein. Das war er. Er ruft an, um mir zu sagen, dass er auf Malik geschossen hat.”
“Das wissen wir nicht.”
Lexie benetzte sich nervös die Lippen und versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Was hatte sie diesem Menschen getan? Warum machte sein Hass nicht einmal vor ihren Freunden und Mitarbeitern halt?
Sie ließ den Eingang der Notaufnahme nicht aus den Augen, während sie darauf wartete, dass Deke zurückkam. Vielleicht hatte sie sich ja geirrt! Vielleicht hatte Toni recht. Es könnte auch jemand anderes sein. Aber ihre Mutter würde sie nur auf dem Handy anrufen, wenn es sich um einen Notfall handelte. Und Robert und Alice würden wahrscheinlich zunächst Toni anrufen.
Es könnte Cara gewesen sein.
Als Deke durch die Schiebetür trat, konnte sie von seinem Gesichtsausdruck nichts ablesen. Jeder Muskel ihres Körpers war angespannt. Ihr Puls raste. Deke kam auf sie zu, ging vor ihr in die Hocke und nahm ihre Hände in seine. Das war kein gutes Zeichen.
Toni legte den Arm um Lexies Schultern.
Lexie sah Deke direkt in die Augen.
“Möchtest du die ganze Wahrheit wissen, oder soll ich dich schonen?”, fragte er schließlich leise.
Oh Gott, oh Gott!
“Die Wahrheit!”, brachte sie hervor.
Er drückte ihre Hände. “Er sagte, ich solle dich fragen, wie es sich anfühlt, für den Tod eines Freundes verantwortlich zu sein.”
Das Gefühl von Hilflosigkeit und Wut verschlug ihr für einen Moment die Sprache. Mit geschlossenen Augen und zusammengebissenen Zähnen überließ Lexie sich ihrer Ohnmacht. Erst nach einer Weile stöhnte sie voller Schmerz auf und blickte Deke verzweifelt an.
“Verdammt.” Toni drückte ihre Hand.
Lexie wusste nicht, was sie sagen sollte. Spielte der Anrufer auf Marty Bearn an, ihren Kameramann, der vor zehn Jahren in einer anderen Welt gestorben war? Oder hatte er von Malik gesprochen? Glaubte er, ihn heute getötet zu haben?
Deke erhob sich. Er hatte ihr das Telefon noch nicht zurückgegeben. Fürchtete er, dass der Attentäter erneut anrufen könnte?
Lexie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange warteten sie hier schon? Ein paar Stunden? Oder erst eine halbe? Farris hatte sich in die Krankenhauskapelle zurückgezogen, und Geoff holte sich gerade einen Kaffee. In diesem Moment kam eine der Schwestern aus dem OP und fragte nach einem Verwandten von Malik Abdel.
Während Lexie noch versuchte, aufzustehen, und dabei ihre Handtasche auf den Boden fallen ließ, war Deke bereits auf die Schwester zugeeilt. Und noch bevor es Lexie gelang, sich zu erheben, war die Schwester schon wieder verschwunden. Deke drehte sich langsam zu ihr und Toni um, während die langsam auf ihn zukamen.
Und dieses Mal konnte Lexie seinen Gesichtsausdruck deuten. Selbst ein beinharter Typ wie er konnte das Gefühl von Bedauern, das er empfand, nicht verstecken.
Sie hielt so plötzlich an, dass Toni sie beinahe angerempelt hätte.
“Er ist tot.”
“Sag doch so was nicht.” Toni hakte sich bei Lexie unter.
Während Deke direkt auf sie zukam, stieß auch Geoff wieder zu ihnen. Lexie konnte ihm ansehen, wie schwer es ihm fiel, die schlechten Nachrichten zu überbringen. Er zögerte lange.
“Ist er tot?”, platzte Toni schließlich heraus.
“Ja.”
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