Time to Die - Stirb noch einmal
bitten, mich heute Nacht mit zu dir zu nehmen.
“Ich habe nur eine Flasche billigen Whiskey und ein paar Dosen Bier im Kühlschrank. Wenn Ihnen nach einem Drink ist, haben Sie selbst bestimmt etwas Besseres im Haus.”
“Warum kommen Sie dann nicht mit rein, wenn wir bei mir sind, und …”
“Vielleicht. Mal sehen.”
Der regennasse, geteerte Untergrund glitzerte im Schein der Laternen unter ihren Schritten.
“Hat es den ganzen Tag geregnet?”, fragte sie.
“Nein. Bis vor ein paar Stunden war es knochentrocken. Dann fing es auf einmal an zu schütten. Sind Sie beim Anflug nicht in den Sturm gekommen?”
“Nein. Wahrscheinlich liegt die Sturmfront nicht im Süden.”
“Ja, wahrscheinlich.”
Als sie den Wagen erreicht hatten, öffnete Bain die Beifahrertür für Cara und wartete, bis sie eingestiegen war. Wenige Minuten später startete er den Motor und verließ das Flughafengelände.
“Soll ich das Radio andrehen?”, fragte er.
“Nein, ich würde mich lieber unterhalten.”
“In Ordnung.”
“Geoff hat mich auf dem Laufenden gehalten”, begann sie. “Ich finde es furchtbar, dass ich Maliks Trauerfeier verpasst habe, aber ich bin einfach nicht eher fertig geworden.”
“Das ist wohl der Preis, den Sie dafür bezahlen müssen, der Big Boss zu sein.”
“Ja, so ist es wahrscheinlich. Nur manchmal erscheint mir der Preis ein wenig hoch.”
“Das meinen Sie doch nicht ernst, Süße. Sie lieben Ihren Job! Sie wurden dafür geboren. Buchstäblich.”
“Glauben Sie?”
“Ja. Und was viel wichtiger ist: Auch die Aktionäre und der Vorstand glauben das. Keiner hat Ihnen das zugetraut, als Ihr Vater gestorben ist, aber Sie haben es allen gezeigt.”
Sie blickte kurz zur Seite und lächelte. “Ja, wahrscheinlich habe ich das.”
“Und Sie haben es gern getan.”
“Dass ich die großen Fußstapfen meines Vaters ausfüllen kann, macht mich tatsächlich ziemlich glücklich. Wenn der Aufsichtsrat es zulässt, werde ich den Konzern auch noch vergrößern.”
Bain grinste. “Nicht nur, dass weltweit Zehntausende Angestellte und Arbeiter von Ihnen abhängig sind – was sollten Ihre Stiefmutter und der liebe Grayson ohne die Bedell-Millionen tun, die jedes Jahr ihren Lebensstil finanzieren?”
“Wenn ich Glück habe, sehe ich Patrice nie wieder. Und solange ich an jedem ersten Januar daran denke, den Scheck auszustellen, wird mir das wohl tatsächlich erspart bleiben.” Cara hatte die vierte Frau ihres Vaters von dem ersten Tag an verachtet, an dem er sie mit nach Hause gebracht hatte. Und ihre Schwester Audrey hatte sie sogar noch mehr gehasst, wenn das überhaupt möglich war. Selbst ihr Vater hatte irgendwann erkennen müssen, was für eine geldgierige Schlampe er geheiratet hatte.
“Und was ist mit Grayson Perkins?”
Bei dem Gedanken daran, wie sehr sie einmal in ihren nichtsnutzigen Schwager verliebt gewesen war, erschauderte Cara. Seit sie dreizehn gewesen war, hatte sie für ihn geschwärmt. Allerdings hatte sie sich erst in den richtigen Mann verlieben müssen, um zu erkennen, was der Unterschied zwischen Verliebtheit und Liebe war. Was sie für Gray empfunden hatte, war nichts im Vergleich zu ihren Gefühlen für Bain.
“Gray ist ein wertvoller Mitarbeiter. Er hat viel von meinem Vater gelernt. Und er war Audreys Ehemann. Er gehört zur Familie.”
“Wann hat er Sie das letzte Mal gebeten, seine Frau zu werden?”
“Schon seit dem Sommer nicht mehr.” Cara runzelte die Stirn, als sie daran dachte, dass ihr Schwager angekündigt hatte, sie so lange zu fragen, bis sie schließlich einwilligte. “Ich glaube aber, er denkt immer noch, ich gebe irgendwann nach.”
“Werden Sie?” Bain warf ihr von der Seite einen kurzen prüfenden Blick zu.
“Was meinen Sie wohl?”
“Ich finde, Sie haben etwas Besseres verdient als diesen Gigolo.”
“Da stimme ich Ihnen zu.” Sie warf ihm einen sehnsüchtigen Blick zu. Wenn er sie jetzt anblickte, würde er das Verlangen in ihren Augen lesen können.
Sie sprachen über dies und das. Das Wetter. Politik. Bedell, Inc. Die Polizei. Thanksgiving, das vor der Tür stand. Sie lud ihn ein, den Tag mit ihr zu verbringen. Er lehnte ab, sagte, dass er zu seiner Schwester und ihrer Familie fahren würde.
Als sie schließlich durch das Tor fuhren, geradewegs auf die Villa zu, fragte sich Cara, ob Bain wohl auf einen Drink mit hineinkommen – oder ob er sie zur Tür geleiten und dort an Geoff Monday übergeben würde. Letzteres wäre
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