Time Travel Inc. - Fast Forward (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
Würdest du uns jetzt bitte weiterreden lassen? Setz dich irgendwo hin und schau einfach zu.«
Enrico redete mit Miles, als würde er ihn schon lange kennen. John konnte sehen, dass Miles dies gar nicht gefiel, doch er gehorchte und setzte sich. Auch konnte John spüren, dass Enrico beeindruckt von seinem Wissen über die antiken Gegenstände war. Er folgte dem Hacker zu seinem Schreibtisch und beobachtete fasziniert, wie seine Hände blitzschnell über die in die Tischplatte eingelassene transparente Tastatur flogen. Diverse Bildschirme auf dem Tisch und darüber an der Wand erhellten sich und zeigten Programme, TV-Sendungen und Dateien an. Einige von ihnen waren dreidimensional. Scheinbar nutzte Enrico diese aber eher zur leichten Unterhaltung, wie John unschwer an einer Liste gängiger Kinofilme erkennen konnte, die auf einem der Screens durchlief. Offenbar zog man sich auch in dieser Zeit noch illegal Filme von irgendwelchen Servern.
»Dann legen wir mal los. Über welche Firma würdest du denn gerne mehr erfahren?«
Zwei Stunden später starrten die drei Männer fassungslos auf den größten der Bildschirme. Enrico hatte es geschafft, sich in die gesicherte Datenbank bei Van Orten Enterprises einzuhacken und nach längerer Suche, besorgniserregendes Bildmaterial zu finden. Zuerst war John froh darüber gewesen, denn er hatte nicht erwartet, überhaupt etwas und dann auch noch Videoaufzeichnungen zu finden. Doch der etwa 15-minütige Film brach ihm schier das Herz. Es war ein Mitschnitt des offenbar ersten Einsatzes der Zeitreise-Technologie unter dem Dach des Konzerns. Auf die Grausamkeit, die die Bilder zeigten, war John nicht vorbereitet gewesen. Als er damals die von Tommy geschriebenen Worte im Labor wahrgenommen hatte, hielt er sie für die Androhung Viktors, Leana wieder für sich zu gewinnen. Sie zu zwingen, sich wieder mit ihm zusammenzutun. Doch nun war klar, dass er sie von Anfang an hatte umbringen wollen. Was der Film zeigte, war jedoch kein banaler Mord, es glich vielmehr einem perversen Snuff-Film. Leanas letzte Minuten mussten die Hölle auf Erden gewesen sein. Er fragte sich, ob sie wohl an ihn gedacht hatte? Ob sie gewusst hatte, wo er war? Wohl eher nicht. Es war naheliegend, dass sie davon ausging, dass er sie schlichtweg verlassen hatte. In ihren Augen war er einfach nicht mehr von Abby zurückgekehrt. Er versuchte, seine Emotionen zu Wut zu bündeln, doch es gelang ihm nicht. Er fühlte einfach nur unfassbares Mitleid und Trauer. Durch Lautsprecher, die irgendwo im Raum versteckt angebracht waren, drang auf einmal ein erschütternder Schrei. John musste die Augen schließen. Die grauenvollen Bilder und Leanas Schmerzlaute waren einfach zu viel für ihn.
Sie sahen sich das Video nun bereits das dritte Mal an. John hatte genug.
»Bitte macht das aus.«
Enrico gehorchte sofort, tippte etwas in die Tastatur ein und der Bildschirm wurde schwarz. Fassungslos sahen die beiden Männer John an. Für sie musste dieses Video wie ein schlechter Scherz wirken. Möglicherweise nicht einmal echt. Viktor selbst hatte die Steuerung der Technik übernommen. Zum einen wusste John das, weil Viktor in den Header-Daten der Videodatei als eingeloggter Benutzer gekennzeichnet war, und zum anderen sah man ihm am Ende des Films durch das Labor schreiten. Wie sollte er den beiden erklären, was sie gerade mit angesehen hatten? Am besten gar nicht. Er machte auf dem Absatz kehrt, schritt zur Tür und riss diese auf.
»Enrico, ich nehme an, die Bezahlung reicht aus, damit du niemanden hiervon erzählst?«
Enrico nickte langsam. Hatte er etwa Angst vor John? Dachte er womöglich, dass John irgendwie in der Sache mit drin hing? Er verwarf den Gedanken. Miles trottete hinter John her und verabschiedete sich von Enrico. Schnell verließen sie die Wohnung.
Als sie wenig später auf dem Weg zur nächstgelegenen Bar waren, bemerkte John, dass sein Freund Fragen hatte, sich aber nicht traute, diese zu stellen. Bevor er sich damit befasste, brauchte er erst einmal einen Drink. Und sicher ging es Miles genauso. Sie betraten ein heruntergekommenes Pub, welches sie, nicht weit von Enrico entfernt, in einer kleinen Straße entdeckt hatten. John bestellte gleich mehrere Getränke auf einmal, doch der Mann hinter der Theke tippte kopfschüttelnd auf sein Handgelenk. Offenbar bekam man hier erst etwas zu trinken, wenn man auch bezahlen konnte. John hielt seinen Armen hoch und transferierte die Summe. Nachdem die beiden je zwei
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