Time Travel Inc. - Fast Forward (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
Jess fragend an.
»Für mich nichts, danke.«
Ich zuckte mit den Schultern und machte mich auf den Weg in die Cafeteria. Mir war nicht danach, mich mit jemandem zu unterhalten, also besorgte ich mir ein paar Donuts und eine kleine Tüte Chips, tauschte ein paar Höflichkeitsfloskeln mit der Dame hinter der Kasse aus und ging direkt wieder zurück ins Labor. Als ich die Tür mühselig mit dem Ellenbogen öffnete, konnte ich hören, dass Jess inzwischen telefonierte. Vielleicht der Professor, dachte ich und stellte meine Beute neben der Kaffeemaschine ab, um mir eine Tasse mit dem verführerisch duftenden Gebräu zu füllen. Neugierig gesellte ich mich zu Jess, um herauszufinden, worum es bei dem Telefonat ging. Vielleicht hatte Tyssot doch noch eine Idee gehabt, wie man die Anlage wieder in Betrieb nehmen konnte? Als ich näher kam, stellte ich allerdings beunruhigt fest, dass Jess den Hörer mit weit aufgerissenen Augen fest umklammerte. Das verhieß nichts Gutes. Eine Träne lief über ihre linke Wange und mein Magen krampfte sich zusammen. War etwas mit Tommy geschehen? Vielleicht hatte er was Dummes angestellt? Ihm war momentan alles zuzutrauen. Augenblicklich bereute ich es, nicht zu ihm gefahren zu sein. Ich konnte nur hoffen, dass ich mich irrte.
»Danke, ja, ich danke Ihnen. Auf Wiederhören«, beendete Jess das Gespräch und legte den Hörer langsam auf. Dabei starrte sie ins Leere und schien zu überlegen, wie sie mir die Neuigkeit beibringen sollte. Ich hielt es kaum noch aus. Ein Teil von mir wollte es nicht wissen, doch ich musste erfahren, um wen oder was es ging. Ich sah sie erwartungsvoll an und mein Unterkiefer begann zu schmerzen, so fest biss ich die Zähne zusammen.
»Leana«, sie ging einen Schritt auf mich zu, »André. Er hatte einen Unfall.«
Meine Finger wurden taub und die bis zur Oberkante gefüllte Kaffeetasse fiel zu Boden, um mit einem dumpfen Knall in tausend Teile zu zerspringen. Meine Schuhe, Tischbeine, der Boden. Alles war voller Kaffee.
»Was?«, entfuhr es mir schrill, »wann? Wie? Sag mir, was passiert ist! Jess? Was ist passiert?«
Jess ging in die Hocke und begann die Scherben einzusammeln. Dabei weinte sie bitterlich. Es zerriss mir fast das Herz.
»Hör auf damit!«, befahl ich ihr, allerdings in einem etwas gemäßigteren Tonfall, »lass es liegen. Komm her. Wir setzen uns hin. Bitte beruhige dich und erzähl mir, was passiert ist. Wer war das am Telefon?«
Jess schniefte ein paar Mal und zog ein Taschentuch aus dem Spender auf ihrem Schreibtisch. Nachdem sie sich die Nase geputzt hatte, holte sie tief Luft und fuhr endlich fort. Meine Nerven waren dünn wie billige Zahnseide.
»Das war Andrés Schwester. Sie hat aus dem Krankenhaus angerufen.«
»Hier? Seine Schwester ist hier?«
Ich wusste, dass die Frau in Lyon wohnte und dass sie hier war, schien mir ein gutes Zeichen zu sein. Sicher war sie gleich hergekommen, nachdem das Krankenhaus sie alarmiert hatte. Ich wollte so schnell es ging zum Professor, aber zuerst musste ich erfahren, was genau passiert war.
»Sie ist seit heute Morgen in der Stadt. Sie musste -«, Jess‘ Stimme brach und sie räusperte sich, »sie musste die Formalitäten erledigen. Leana, Professor Tyssot ist tot.«
Mein Herz setzte aus. Das konnte nicht wahr sein? Das durfte einfach nicht wahr sein! Ich lehnte mich langsam zurück und versuchte etwas zu sagen, doch ich konnte nicht. Mein Verstand hatte sich verabschiedet und die Worte blieben mir im Halse stecken.
»Leana? Was ist mit dir? Bitte sag doch was. Du bist ganz bleich.«
»Es ist O. k. Ich meine … Es geht mir gut. Ich bin nur -«
»Ich weiß. Es ist so schrecklich. Es tut mir so leid. Ihr kanntet euch so lange, nicht wahr? Oh Gott, wie konnte das nur passieren?«
Jess sprang auf und lief unruhig auf und ab.
»Ja, richtig! Wie konnte das passieren? Hat Andrés Schwester irgendwas gesagt? Weiß sie, wie der Unfall zustandekam?«, fragte ich Jess und war mir erneut nicht sicher, ob ich die Antwort hören wollte.
»Sie sagte, er wäre wohl von der Straße abgekommen und ziemlich tief gestürzt. Das Auto fing Feuer und ist vollständig ausgebrannt. Das ist so grauenvoll. Bestimmt war er müde und unkonzentriert. Und alles nur wegen dieses verfluchten Fehlers!«
Wütend trat sie gegen ihren Schreibtisch und verzog sofort das Gesicht. Offenbar hatte es ziemlich wehgetan. Ich stand auf und nahm sie in den Arm. Wohl mehr, um selbst etwas Trost zu finden, als um sie zu trösten.
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