Time Travel Inc. - Fast Forward (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
Angriffen stand. Wenn dies der Wahrheit entsprach, war er genau der Richtige für John. Die allgemeinen Umstände von Jess‘, Tommys und Professor Tyssots Tod hatte er natürlich längst allein herausgefunden. Doch Leana war lediglich als vermisst gemeldet worden. Zum einen fiel es John schwer, dies zu glauben, und zum anderen wollte er unbedingt wissen, was mit ihr geschehen war. Ein wenig fürchtete er sich davor, doch es könnte ihnen bei seinem Vorgehen nützlich sein. Er durfte kein Risiko eingehen. Er musste ganz genau wissen, was in der Vergangenheit vorgefallen war.
Sie erreichten einen schäbigen Hinterhof. Miles steuerte zielsicher auf eine halb verrottete Tür in der Ecke zu. Daneben war eine, für diese Zeit beinahe altertümliche, Klingel angebracht. Miles drückte auf den dreckigen Knopf. Es dauerte nicht lange, bis jemand sich über die Gegensprechanlage meldete. Angewidert wischte Miles sich seine Finger an seiner Jacke ab.
»Ja?«
»Wir haben Interesse an Antiquitäten. Besonders an Faxgeräten«, sagte Miles und John hob fragend eine Augenbraue.
Miles machte eine abwehrende Handbewegung und bedeutete John, still zu sein. Im Lautsprecher knisterte es. Dann ertönte ein surrendes Geräusch und Miles warf sich leicht gegen die Tür, um diese zu öffnen. Sie erklommen zwei Stockwerke und ihr Weg endete schließlich vor einer weiteren, etwas weniger schäbigen Tür. Sie öffnete sich und zum Vorschein kam ein dünner, schlecht gekleideter und nach Pizza und Fett duftender Mann. Ein echter Nerd eben. Offenbar sahen die auch in der Zukunft nicht sonderlich attraktiv aus. John hatte das nie verstanden. Er selbst zeigte ein großes Interesse an Computern und hatte bereits diverse kleinere Programme entwickelt. Trotzdem hatte er doch immer die Zeit gefunden, sich zu duschen oder regelmäßig zum Friseur zu gehen. Diese Gattung Mann war ihm schon immer seltsam vorgekommen. Er war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob dies der richtige Ansprechpartner war. Doch nun waren sie schon einmal hier, also folgte er Miles, welcher bereits in die kleine Wohnung trat.
»Schön dich kennenzulernen. Hab schon viel von dir gehört. Großartig, die Sache mit der New Yorker P-Level-Datenbank«, sagte Miles zu Enrico und warf die Hände in die Luft, als würde er eine Art Gottheit anbeten wollen.
Enrico ließ sich in einen der herumstehenden Sessel nieder und schaute John misstrauisch an. Ganz offenbar hatte er nicht vor, ihnen auf Anhieb zu vertrauen. John griff in seine Tasche und zog einen der kleinen Diamanten hervor. Er legte ihn auf den Tisch neben Enricos Sessel. Augenblicklich lockerten sich Enricos Gesichtszüge und er schien nun bereit für weitere Verhandlungen.
»Was kann ich also für euch tun? Ein wenig Spionage? Oder wollt ihr einen Kollegen aus dem Gefängnis holen? Ich habe so einiges im Angebot.«
»Nichts dergleichen«, erwiderte John, »ich möchte dich bitten, mir Zugang zum Archiv einer der hier ansässigen Firmen zu verschaffen.«
»Kinderspiel. Um welche Firma handelt es sich?«
»Mein Gott, Enrico. Was hast du hier eigentlich so verrücktes Zeug herumliegen? Gehörte das deiner Oma oder was?«, unterbrach Miles die beiden und griff nach einem der Gegenstände in dem Regal neben ihm.
»Bitte fass das nicht an«, entgegnete Enrico leicht angesäuert.
»Schon gut, ich hab sowieso keine Ahnung, wozu das Teil hier gut sein soll«, stellte Miles fest und legte den Gegenstand vorsichtig wieder zurück.
»Das ist ein Feuerzeug«, klärte John Miles auf, »damit zündet man Zigaretten an oder Kerzen.«
Erst jetzt fiel ihm auf, dass Enricos Wohnung beinahe so aussah wie eine Behausung des 21. Jahrhunderts. Die Möbel waren alt und verschlissen, aber aus Holz oder teilweise furniert. In den Regalen und auf den Schränken lagen unzählige Gegenstände, wie John sie aus seiner eigenen Wohnung in Erinnerung hatte. Da gab es Kaffeemaschinen, DVDs, ein paar Smartphones und sogar einen Lockenstab. Wozu brauchte der Kerl das ganze Zeug? Sammelte er es etwa? Eigentlich gar kein so abwegiger Gedanke. Schließlich sammelten die Menschen schon seit Anbeginn der Zeit Gegenstände aus ihrer Vergangenheit.
»Ein Feuerzeug also, ja? Nun, da es keine Zigaretten mehr gibt und Kerzen sich selbst entflammen, dürfte einem dieses Teil wohl kaum noch nützlich sein«, stellte Miles, wenig angetan von dem befremdlichen Gegenstand, fest.
»Es geht nicht darum, ob man ihn braucht. Es geht darum, dass es ihn gegeben hat.
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