Time Travel Inc. - Fast Forward (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
das Interesse der Dame in Verlegenheit geraten wäre, sondern viel eher deswegen, weil sie nur ein Plakat war. Wobei Plakat der falsche Ausdruck war. Eigentlich war es eher eine Projektion, ein ziemlich realistischer, dreidimensionaler Screen. Wie ein Hologramm bei Star Trek. Die nur wenige Sekunden zurückliegende Zahlung, welche er über sein Handgelenk getätigt hatte, fütterte die Werbeanzeige mit Informationen. Sie kannte seinen Namen, wie oft er schon hier gewesen war und was er am liebsten trank. Hätte ihm vor 100 Jahren jemand von solch einer Technik erzählt, wäre er sicher begeistert gewesen. Doch hier fand er es einfach nur zum Fürchten. Er wollte hier weg. Also richtete er seine Konzentration auf den Mann, der ein paar Meter entfernt, alleine an einem Tisch saß. Natürlich war John nicht jeden Abend der Woche hier gewesen, aber von Emmett wusste er, dass der Mann es durchaus war. Offenbar wollte er seinen Frust ertränken. Gut so. Je mehr Gräuel er gegen die Firma hegte, desto eher würde er John helfen. Jetzt kam es ganz auf die Herangehensweise an. Auf keinen Fall durfte er zu aufdringlich oder zu fordernd wirken. Es musste ganz ungezwungen ablaufen. Als würden sich zwei alte Bekannte über ihre Jobs unterhalten. John steuerte ein wenig zu dicht an seinem Tisch vorbei und stieß, augenscheinlich aus Versehen, heftig dagegen. Das Martini-Glas, welches direkt vor seinem Besitzer auf dem Tisch stand, kippte und ergoss seinen Inhalt über die Tischkante auf den Boden. Wütend sprang der Mann auf und warf John einen hasserfüllten Blick zu. Doch John reagierte sofort mit übermäßiger Freundlichkeit. Er entschuldigte sich und bot dem Mann an, eine neue Runde zu bestellen. Kurze Zeit später war sein Plan aufgegangen. Durch die neuen Getränke waren sie ins Gespräch gekommen und saßen nun gemeinsam am Tisch. Und tatsächlich hielt sich der Kerl kein Stück zurück. Er fluchte, wetterte und erzählte ausschweifend über die Missstände innerhalb der Firma. Das meiste davon interessierte John jedoch nicht. Vorsichtig versuchte er das Gespräch, immer wieder in die richtige Bahn zu lenken. So fand er schnell heraus, welche Position der Mann bekleidete und wie weit seine Befugnisse reichten. Am Ende des Abends war es klar: Dieser Typ war der ideale Kandidat. Die perfekte Gelegenheit. Möglicherweise seine einzige. John preschte weiter vor und überredete ihn, sich in zwei Tagen erneut in der Bar zu treffen. Sein Gegenüber war kein bisschen argwöhnisch. Offenbar dachte er, einen Verbündeten oder einfach nur einen guten Zuhörer gefunden zu haben, und war dafür dankbar. John hoffte inständig, dass sein fragiler Plan am Ende aufgehen würde. Ohne einen Verbündeten innerhalb des Unternehmens würde er es nicht schaffen, zu Leana zurückzukehren.
Etwas später machte er sich auf den Heimweg. Auf der Straße beobachtete er die Menschen um ihn herum. In diesem Teil der Stadt waren hauptsächlich Dreier-Level unterwegs. Es war das Geschäftsviertel, wo Banken, größere Unternehmen und Finanzdienstleister ansässig waren. Hinter dem einen oder anderen vermutete John einen P-Level-vier-Bürger. Fünfer konnte man fast nie im gemeinen Fußvolk entdecken. Vermutlich lebte man als Performance-Level-fünf-Mensch zurückgezogen in großen Palästen oder auf teuer erkauften Privatinseln. John wusste es nicht. Es war auch nicht weiter wichtig. Er selber war ein Level-zwei-Bürger. Hier bekam der Ausdruck "ein Mensch zweiter Klasse" eine völlig neue Bedeutung. Eigentlich hatte er kein Problem damit, zur sogenannten Mittelschicht zu gehören. Seine Arbeit gefiel ihm sogar und mit Miles kam er gut klar. Was ihn wirklich störte an dieser Zeit, war die düstere Stimmung innerhalb der Bevölkerung. Es schien, als hätte die Menschheit endlich begriffen, was sie mit ihrem Planeten angestellt hatten. Gleichzeitig wurde ihnen schmerzhaft klar, dass diese Erkenntnis zu spät kam. Die Erinnerungen an eine Zeit, in der man in beliebig vielen Zimmern wohnen und so viele Kinder haben konnte, wie man wollte, gestaltete das Leben in der Realität schwer. Kaum hatte man das eine Problem gelöst, führten die Taten aus der Vergangenheit auch schon zum nächsten. So hatten die Forscher zum Beispiel die drohende Wasserknappheit abgewendet, indem sie komplizierte Verfahren zur Meerwasserentsalzung entwickelt und perfektioniert hatten. Trotzdem nahm die Lebensqualität der Bevölkerung zunehmend ab. Die immer kleiner werdenden
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