Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
unversehrt sein. Kommen Sie!«
Wir schauten vorsichtig um die Ecke des Gebäudes und liefen dann geduckt nahe an der Hauswand entlang. Um uns herum brannte es überall und ich konnte sehen, dass so gut wie alle Geschäfte und Wohnhäuser in der näheren Umgebung betroffen waren. Ich hatte die Straße nie bei Tageslicht gesehen, doch ich konnte mir ausmalen, wie schön und lebendig es hier zugegangen sein musste. Nun schien alles zerstört. Ich kannte die genauen Gründe für diesen Hass nicht, aber ich war mir sicher, dass es keine sinnvolle Erklärung für diesen Wahnsinn geben konnte. Hinter uns brannte ein kleines Schmuckgeschäft langsam, aber stetig aus. Davor saß eine junge Frau. Offenbar hatte sie zunächst noch versucht, ein paar ihrer wertvollsten Stücke zu retten, doch das Gebäude war nicht mehr begehbar. Es war zu gefährlich. Also saß sie einfach da. Mit dem Rücken zu ihrem Schaufenster, in dem alles lichterloh brannte. Zuvor herrliche Stoffe verschmolzen nach und nach mit Ohrringen, Ketten und Abendtäschchen. Es war herzzerreißend. Schnell wandte ich den Blick ab und konzentrierte mich wieder auf unsere Flucht.
Am Auto angekommen, öffnete der Professor mir die Tür und ich schlüpfte auf den Beifahrersitz. Er setzte sich ans Steuer und wir fuhren los. Der erste Teil der Strecke war eine reine Tortur. Die Leute schlugen mit Knüppeln und Steinen gegen das Auto und versuchten es, zum Stehen zu bringen.
»Treten Sie drauf!«, schrie ich und der Professor folgte meiner Anweisung. Das Auto schoss los und erwischte zwei der Aufrührer frontal. Einer der beiden landete auf der Motorhaube und ich schaute ihm direkt in die Augen. Darin war eine beunruhigende Mischung aus Wut und Angst zu erkennen.
»Los weiter! Wir müssen sie loswerden!«
»Ja, gut. In Ordnung. Ich versuche mein Bestes«, erwiderte Professor Tyssot hektisch.
Nach einem weiteren kräftigen Tritt auf das Gaspedal konnten wir die aufgeregten Angreifer abschütteln und rasten die Greenwood Avenue herunter. Allmählich realisierte ich, dass ich noch am Leben war, und befühlte mein Gesicht. Es tat höllisch weh. Das Blut war inzwischen getrocknet und ich fühlte mich wie ein geprügelter Welpe.
»Was war da los? Wieso sind die alle so ausgerastet?«, fragte ich Professor Tyssot, um mich ein wenig abzulenken.
»Es gab einen Vorfall gestern Nachmittag. Ein schwarzer Junge soll eine Weiße belästigt haben. Dazu muss ich aber anmerken, dass dies nie nachgewiesen wurde. Jedenfalls wurde der Junge heute verhaftet und die Weißen wollten ihn lynchen. Das gefiel den Leuten aus Greenwood, allesamt Schwarze und Mischlinge, natürlich gar nicht. Eine riesige Menge versammelte sich vor dem Gerichtsgebäude und die Situation eskalierte recht bald. Viele hatten Waffen und irgendwann fiel ein Schuss.«
»Ach du Schande!«, seufzte ich erschrocken. »Wie konnten wir das übersehen? Ist dieser Vorfall dokumentiert? Hätten wir das wissen können?«
»Dazu kommen wir noch, später.« Der Professor wirkte verärgert. »Nachdem alles außer Kontrolle geraten war, breitete sich der Konflikt aus. Irgendwann legten ein paar Leute Feuer im schwarzen Viertel und keiner hatte mehr den Überblick. Die Feuerwehr wurde alarmiert, doch der weiße Mob verhinderte, dass sie mit dem Löschen beginnen konnten. Deswegen brannte alles lichterloh, als Sie von diesem Kerl überfallen wurden.«
»Mein Gott! Wie grauenvoll!«, erwiderte ich erneut.
»Oh, das war ja noch nicht alles, meine Liebe. Irgendwann heute Nacht werden sie sich entschließen, das ganze Viertel zu bombardieren. Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Greenwood wird völlig zerstört. Für immer. Die Zahl der Toten wird auf ca. 300 geschätzt. 10 000 Menschen werden obdachlos sein und sechs Kirchen gehen drauf. Hunderte Verletzte landen im Krankenhaus. Es ist wie der Vorhof zur Hölle!« Der Professor hielt inne. »Leana, wäre ich heute Nacht nicht hier gewesen, wären Sie jetzt tot.«
»Ich wäre … tot?«, flüsterte ich entsetzt. »Woher … ich meine, sind Sie sicher?«
»Ja«, erwiderte er knapp.
»Ich danke Ihnen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hatte keine Ahnung.«
»Wie gesagt«, unterbrach er mich abrupt, »darüber reden wir später.«
Das klang gar nicht gut. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. In was für einen Schlamassel war ich da nur geraten?
Im Hotel angekommen, begleitete mich der Professor auf mein Zimmer und dort trafen wir auf
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