Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
völlig leeren Schreibtisches. »Sie können mich ja rufen, wenn Sie Hilfe brauchen, in Ordnung?«
»Ja, ja! Natürlich«, rief ich erfreut. Mist! Ich benahm mich äußerst auffällig. Schnell fügte ich hinzu: »Das werde ich tun, wenn es nötig ist.«
Ich tauchte in den Reihen großer Regale unter und machte mich auf die Suche. Es dauerte über eine Stunde, bis ich das erste der Dokumente entdeckte. Dummerweise handelte es sich ausgerechnet um die Liste der Ländereien. Da ich der alten Hexe bereits davon erzählt hatte, hielt ich es für zu riskant, meine Informationen gerade in diesem Exemplar zu verstecken. Eventuell würde sie später nachsehen, weil ich ihr verdächtig vorgekommen war. Also suchte ich weiter. Es war bereits fünf Uhr nachmittags, als ich endlich auf die Briefe des Bürgermeisters stieß. Sorgfältig schlitzte ich den Buchumschlag auf und verstaute meine Papiere zwischen Einband und Innenteil. Ich hatte inzwischen einen unglaublichen Kohldampf. Ich zückte die kleine Tube Klebstoff, getarnt als Lippenfarbe, und verklebte den Einband wieder. Dann schlenderte ich unauffällig und mit einem freundlichen Lächeln in Richtung Brillenschlange an ihr vorbei und machte ich mich davon. Ich eilte zurück zum Hotel.
Perfektes Timing, Mary war noch nicht wieder zurück. Ich rollte meine Notizen zusammen und deponierte sie in der Gardinenstange. Dann warf ich mich auf das Bett und schloss für ein paar Minuten die Augen. Alles verlief nach Plan. Mal abgesehen von Marys Anwesenheit und der Verzögerung durch den ungeplanten Aufenthalt in Nashville. Aber ich war hier und hatte meine Nachricht im Stadtarchiv hinterlassen. In ein, zwei Tagen würde ich weiterreisen. Ob Mary mich begleiten wollte? Da sie gerade auf der Suche nach einem Job war, sah es nicht danach aus. Allerdings hatte ich ihr auch nicht mitgeteilt, dass ich nur kurze Zeit in Tulsa bleiben würde. Vielleicht war das auch besser so. Ich gähnte ausgiebig. Inzwischen kam ich beinahe um vor Hunger. Plötzlich stürmte Mary ins Zimmer.
»Da bist du ja!«, rief sie erfreut. »Ich dachte, du wärst noch unterwegs.«
»Na ja, das war ich auch bis gerade eben.«
»Hast du Lust, heute Abend mit zwei Herren zu speisen? Ich habe sie vorhin kennengelernt, als ich einen Kaffee in der Lobby trinken wollte. Na, was sagst du?«
»Ich weiß nicht. Wer sind denn diese Herren, was machen sie hier und wieso musst du ständig irgendwelche Männer aufgabeln?«, erwiderte ich gereizt.
»Es sind Geschäftsmänner. Sie sind auf der Durchreise. Ich glaube, sie machen in Öl. Ich finde sie wirklich nett. Und außerdem dachte ich, dass es mich von der Sache mit Harry ablenken würde …«, konterte sie.
Ich gab mich geschlagen und begann damit, meine zerknitterte Erscheinung wieder herzurichten.
Etwas später saßen wir, zu viert, im Restaurant des Hotels und betrieben oberflächliche Konversation. Fragen über meine Herkunft, Beweggründe für meine Reise und mein bisheriges Leben schmetterte ich gekonnt ab, indem ich einfach behauptete, es sei doch nebensächlich, und dass es auch sehr viel interessanter wäre, etwas über mein Gegenüber zu erfahren. Wie Männer nun mal sind, ließ dieser sich das nicht zweimal sagen und redete ohne Unterlass von sich, seinem Job, seinen Erlebnissen und seinen Plänen. Ich bewunderte Marys Ausdauer. Ohne sich Langeweile anmerken zu lassen, nickte sie höflich, lachte laut auf, wenn es gerade passte, und heuchelte unermüdlich großes Interesse an seinen Erzählungen. Mir hingegen war zum Einschlafen zumute. Aber immerhin war es eine willkommene Abwechslung zu den ständigen Gedanken, die ich mir über meine Reise und, ich konnte es nicht leugnen, über John machte. Wie konnte es angehen, dass sich dieser wildfremde Mann so in mein Gehirn gebrannt hatte? Ich wusste so gut wie nichts von ihm. Lediglich, wo er herkam. Falls das überhaupt der Wahrheit entsprach. Schließlich hatte ich ihn ja auch belogen, was meine Identität betraf. Zumindest partiell. Ich verstand mich selbst nicht mehr. Ich hatte doch hundert Mal wichtigere Dinge zu bedenken. Doch er ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Es war zum Verrücktwerden!
»Leana? Was meinst du dazu?«
Verwirrt erwachte ich aus meiner Trance und begriff, dass Mary etwas von mir wollte.
»Was, wie bitte?«, erwiderte ich perplex.
»Na, Jo wollte wissen, ob wir noch woanders hingehen wollen? Vielleicht in einen Jazzklub? Hast du Lust?«
»Ach, nein. Ich denke, für mich
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