Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
Professor.
Ich gab mich geschlagen. Vorsichtig und nachdem ich mich mehrmals umgesehen hatte, öffnete ich die Schiebetür. Ich wies den Professor an, draußen zu warten, um Wache zu halten, und schlüpfte durch den schmalen Spalt in das Abteil. Die Tasche klemmte fest und ließ sich nur schwer herunterholen. Ich nutzte mein gesamtes Körpergewicht und zog mit aller Kraft am Henkel. Endlich konnte ich sie befreien und die Tasche fiel mit einem dumpfen Plumps auf den Sitz vor mir. Ich warf einen prüfenden Blick in Richtung Tür und stellte erleichtert fest, dass der Professor Entwarnung gab. Also öffnete ich die Tasche und zog den sperrigen Inhalt heraus. Da waren sie, die Seerosen von 1906. Ein erfreutes Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit.
»Sehen Sie nur«, zischte ich in Richtung Tür. »Ich hab es doch gesagt.«
»Unglaublich! Es ist … wunderschön.«
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Professor Tyssot inzwischen direkt neben mir stand.
»Verdammt! Sie sollten doch draußen bleiben. Was, wenn nun jemand kommt? Dann sind wir aufgeschmissen.«
»Ja, ja. Schon gut. Packen Sie es wieder ein und dann nichts wie weg hier.«
Ich folgte seiner Anweisung und verstaute die Tasche samt Inhalt wieder so, wie ich sie vorgefunden hatte.
»Los, verschwinden wir«, flüsterte ich. Wir verließen das Abteil, schlossen die Tür und schlenderten so unauffällig wie möglich den Gang entlang.
Im Speisewagen angekommen, platzte ich beinahe vor Aufregung. Wir mussten zum Glück nur zehn Minuten warten, bis die Plätze vor und hinter uns frei wurden und wir ungestört reden konnten.
»Was sollen wir tun?«, fragte ich aufgeregt und nippte an meinem Kaffee.
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte der Professor. »Eventuell sollten wir es einfach an uns nehmen?«
»Sind Sie wahnsinnig? Wollen Sie es unter Ihr Hemd stecken, nach New York fahren und verkünden, dass Sie ein Zeitreisender sind, der auf der Suche nach einem mysteriösen Schatz seiner Ahnen zufällig ein unbezahlbares Gemälde in einem Zug entdeckt und dann geklaut hat?« Vor lauter Aufregung überschlug sich meine Stimme und ich vergaß, dass es nicht angebracht war, derart laut zu reden.
»Ja, Sie haben recht. Das war eine dumme Idee. Verflixt, das ist wirklich eine verrückte Situation. Ich habe keine Ahnung, was zu tun ist. Am besten, wir vergessen das Ganze. Wir können ohnehin nichts tun, ich stimme Ihnen zu.«
»So meinte ich das nun auch wieder nicht«, beschwichtigte ich ihn. »Ich denke nur, dass wir weniger offensiv vorgehen könnten. Möglicherweise sollten wir die Leute beim Aussteigen genau im Auge behalten. Wir wissen ja nun, wie die Tasche aussieht, und könnten dem Besitzer folgen. Und dann sehen wir weiter.«
»Und was ist, wenn er vor uns aussteigt? Wir haben keine Zeit für solche Spielchen. Wir haben immerhin eine Mission.«
Er hatte recht. Es blieb uns nichts anderes übrig, als die Situation auf uns zukommen zu lassen.
»Gut, dann warten wir einfach ab und halten die Augen offen, in Ordnung?«
»Hmmhm. Zu schade, dass wir nichts über diesen Diebstahl wissen. Es wäre wirklich interessant, das Ende dieser Geschichte zu erfahren. Dann müssten wir uns nicht so die Köpfe zerbrechen.«
Ich bekam ein schlechtes Gewissen. Seine Worte waren eine Anspielung auf meine mögliche Beteiligung an dieser Sache. Aber mal ehrlich, wie konnte meine kleine Unterhaltung mit John Quinn etwas mit dem Diebstahl zu tun haben? Das klang unwahrscheinlich. Oder doch nicht? Ich konnte allmählich richtig nicht mehr von falsch unterscheiden und beschloss, meine Konzentration von nun an auf unsere Mission zu lenken, um den Professor nicht erneut zu enttäuschen.
Wir erreichten New Orleans ohne weitere Zwischenfälle und ich war froh, dass ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Ich hatte weder die Tasche noch den passenden Mann dazu wiedergesehen. Ich konnte beobachten, dass auch der Professor in regelmäßigen Abständen prüfende Blicke auf die anderen Passagiere warf. Doch entweder war der Dieb bereits vor New Orleans ausgestiegen oder wir hatten ihn hier im Getümmel verloren. Wir machten uns also auf die Suche nach einer Unterkunft und ich war sofort begeistert von dieser brummenden, pulsierenden Stadt. Im Jahr 1921 hatte sie bereits etwa 390 000 Einwohner und war eine Art Hochburg des Jazz. Nichtsdestotrotz war ich hundemüde und ein wenig genervt von all den Leuten.
»Welches Hotel wollen wir nehmen?«, fragte ich den
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