Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
eben ihre Kultur. Ein Mann und eine Frau können nicht zusammenleben, wenn sie nicht verheiratet sind. Dadurch wollen sie hauptsächlich ihr Volk schützen.«
»Wovor?«
Er schmunzelte. »Vor der Verbindung mit irgendwelchen Götzenanbetern. Wenn wir verheiratet sind, verringert das die Gefahr, daß wir jemand anderen vom rechten Pfad abbringen. Sie sind mißtrauisch – eine mächtige Priesterin und ein Erpaha, die sich zu ihrem Haufen gesellen? Trotzdem werden sie uns aufnehmen, aus Dankbarkeit für Meneptahs Ausbildung.«
»Was ist alles damit verbunden?« erkundigte sich Chloe, die nicht sicher war, ob sie bei Leuten bleiben wollte, die ihr nicht über den Weg trauten. Nicht daß ihr irgendwer im Palast getraut hätte. Sie seufzte.
»Erst gibt es ein …«, Cheftu suchte nach dem richtigen Wort, »ein Ritual. Dann werden wir acht Tage in einem Zimmer eingesperrt. Danach können wir bei ihnen bleiben, und sie werden uns verstecken, so gut es ihnen möglich ist.«
Chloe starrte auf die abblätternde, weißgekalkte Wand. Mit einem kurzen Seitenblick auf Cheftu stellte sie fest, daß er sie ansah, seine Miene ein Bild des Gleichmuts.
»Wir haben wohl keine andere Wahl, oder?«
Er stand auf und stellte sich neben sie. Dann sah er sie an und sagte leise: »Nein.« In seinen goldenen Augen las sie Schicksalsergebenheit, Furcht und einen Funken Hoffnung.
Sie wandte sich ab. »Wann?«
»Auf der Stelle.«
»Sie sollen alle Vorbereitungen treffen.«
Er nickte knapp und verschwand. Chloe starrte aus dem großen Fenster, das auf einen ummauerten Hof ging. Sie sah an sich herab auf ihre Gewänder. Offenbar sollte dies tatsächlich ihr Hochzeitsgewand sein, auch wenn der Bräutigam gewechselt hatte.
Die Tür ging auf, und Apiru-Frauen drängten ins Zimmer, die eine Schulter unbedeckt, aber dafür ihr Haar verschleiert hatten. Mit einem Glühen in den haselnußbraunen Augen schloß D’vorah sie in die Arme und dirigierte dann die anderen. Chloe spülte in dem Sitzbad den Staub von ihrer Haut, dann legte sie wieder ihr Leinenkleid an. D’vorah schwärzte Chloes Augen mit Bleiglanz und färbte ihre Lippen mit einer Ockerpaste, danach legte sie wieder das Silbergeschmeide an, Kopfputz und Brustschmuck eingeschlossen, wodurch diese Hochzeit zu einem offiziellen Akt wurde.
Und wodurch Cheftus Todesurteil besiegelt wurde. Was genau wäre wohl die Strafe dafür, daß er die Braut des Prinzen heiratete? Geköpft werden? Lebendig gepfählt werden? Glühende Zangen? Chloe schauderte. Hatte sie denn eine andere Wahl? Sie mußten zusammen bleiben, damit sie mit den Israeliten fortziehen konnten. Zum Palast zurückkehren konnten sie auf keinen Fall. Wenn sie andererseits acht Tage lang mit diesem phantastischen, unwiderstehlichen Körper in einem Zimmer eingesperrt wäre, das hatte ihr der gestrige Tag überdeutlich vor Augen geführt, würde das unweigerlich mit Sex enden. Basta. Sie wollte sich auch gar nicht zieren. Wo war die Angst? Würde er sie verlassen? Würde sie mit einem Fremden intim werden, nur um dann sitzengelassen zu werden?
Den Kopf in die Hände gestützt, hielt sie Ausschau nach einem einzigen angenehmen, trostspendenden Gedanken.
Sie mußte an Cammys Hochzeit denken, ganz in Weiß mit orangenfarbenen Blüten; zugegeben, die Ehe hatte nicht lange gehalten, dennoch war es eine bezaubernde Feier gewesen. Tränen stiegen ihr in die Augen. Cammy fehlte ihr mit ihren Ratschlägen, um ihr nach amerikanischer Sitte für die Hochzeit etwas Neues, etwas Altes, etwas Geborgtes und etwas Blaues zu organisieren. Chloe schniefte.
Betrachten wir das Glas als halbvoll, sagte sie sich. Der Bräutigam konnte als alt gelten, ihre Hautfarbe als geborgt, die silberne Schärpe war mit blauen Ankhs bestickt … aber etwas Neues besaß sie nicht. Sie wischte die Tränen weg, bemüht, dabei die dicke Bleiglanzschicht nicht zu verschmieren.
Jemand klopfte an die Tür. Sie stand auf, um zu öffnen.
»Ist die Herrin bereit?« erkundigte sich eine Frau mit riesigen Augen, die sich als Elishava vorgestellt hatte. Sie erklärte, daß D’vorah ihr von diesem Punkt an nicht mehr beistehen konnte, da sie noch Jungfrau war.
Chloe zuckte mit den Achseln. Schlimm genug, daß Cheftu das Schlechteste von ihr dachte, aber könnte sie weiterleben, wenn sie sein Leben auf dem Gewissen hatte?
Chloes Arm haltend, führte Elishava sie über eine schmale Treppe in den Hof, wo sich bereits eine Menge versammelt hatte. Den Apiru war es gelungen,
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