Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
ein paar Lotosblüten zu sammeln und sie in einer Vase zu arrangieren, die mitten im Hof unter einem kleinen Baldachin aus gestreiftem Stoff stand.
Elishava hielt Chloe mit einer Hand am Arm zurück, während sie mit der anderen in ihrem Umhangärmel herumfummelte und schließlich einen Armreifen zutage förderte. Neugierig nahm Chloe ihn entgegen. Er war eine exquisite Arbeit.
Das Band bestand aus drei Reihen Malachit, Lapis, Türkis und Glasperlen, die zwischen drei silbernen Abstandhaltern aufgefädelt waren. Als Verschluß diente ein MalachitSkarabäus mit der Inschrift: »Liebe deine Gemahlin von Herzen. Fülle ihren Bauch und kleide ihren Rücken. Öl heile ihren Leib. Erfreue ihr Herz, solange du lebst. Denn sie ist ihrem Herrn ein einträgliches Feld.«
Etwas Neues.
Chloe legte sich die Hand auf die Stirn. Ihr war so warm.
Wie konnte Cheftu gleichzeitig so abweisend und so zärtlich sein? Offenbar stammte dieses Geschenk von ihm; kein Apiru würde derart fein gearbeitetes Geschmeide besitzen. Wem war es ursprünglich zugedacht gewesen? Sie öffnete den Verschluß und legte den Reifen an, dessen Farben im Fackelschein zu glühen begannen.
So wartete sie darauf, daß man sie rief. Bald mußte der Morgen dämmern. Zwar hatte Cheftu den Weg gekannt, trotzdem hatte es mehrere Stunden gedauert, bis sie hier angekommen waren. Vielleicht würde Thut auf vergleichbare Schwierigkeiten stoßen. Vielleicht würde sie überleben. Chloe gähnte hinter vorgehaltener Hand; ihre Augen brannten, und ihr Kopf wog mindestens eine Tonne.
Apirumänner und -frauen tummelten sich im Hof. Das karge Leben und die schwere Arbeit hatten sie vorzeitig altern lassen. Nichtsdestotrotz waren sie jetzt fröhlich und munter, tranken Bier und versammelten sich, um die großen Ereignisse in ihrem kleinen Dorf mitzubekommen.
Als sie Cheftu erblickte, stockte ihr der Atem. Er trat aus einem Haus gegenüber, flankiert von Meneptah und einem anderen, älteren Israeliten. Cheftu sah atemberaubend aus.
Sein weißer, um den harten, flachen Bauch gebundener Leinenschurz ließ die bronzefarbenen Muskeln und Sehnen seiner Beine und seines Oberkörpers hervortreten. Ein Hitzeschauer überlief Chloe. Die Steine in seinem Kragen, an seinen Armen und Ohren fingen das Licht der Fackeln ein und warfen es zurück. Sein Gesicht war ernst und ausdruckslos, doch sie meinte zu sehen, wie sein Puls schneller ging, als er sie entdeckte.
Natürlich geht sein Puls schneller, dachte sie, schließlich steht er seiner Henkerin gegenüber! Chloe wurde zu ihm geführt und ihre Hand in seine gelegt. Sie sah ihm in die Augen, und er zwinkerte ihr zu. Sie war verblüfft. Zwinkerte man auch im alten Ägypten?
»Du siehst wunderschön aus«, flüsterte er, dann schob er ihre Hand unter seinen Arm und lächelte, als er den Armreif daran bemerkte.
War das noch derselbe Mann wie zuvor? Der sie als Hure bezeichnet und ihr erklärt hatte, ihr Bräutigam täte ihm leid? Der behauptet hatte, es wäre nur gerecht, wenn sie sterben müßte?
Der alte Führer baute sich vor ihnen auf und sagte hastig: »Getreu den Worten Moshes und des Stammes Israel sollt ihr fortan einander geweiht sein.«
Cheftu nahm ihre Hände in seine und blickte ihr suchend in die Augen. »Bei allem, was heilig ist«, wiederholte er die Worte des Führers, »nehme ich dich, RaEmhetepet, zur Frau, jetzt und immerdar, im Himmel und auf Erden.« Er stockte und schluckte. »Ich gelobe dir nie endende Ergebenheit.«
Der Schreiber überreichte ihnen ein Schriftstück, auf das Chloe völlig durcheinander einen kurzen Blick warf, ehe sie es in hieratischen Zeichen mit ihrem Namen unterschrieb. Cheftu tat es ihr nach, dann wurden sie unter Anleitung des grinsenden Meneptah von den singenden Apiru umringt.
Eine Hand um ihre Taille gelegt, küßte Cheftu sie auf die Stirn, bevor sie zurück zum Haus geführt wurden. Unter den Segenswünschen unzähliger Kinder und »Gute-Nacht«-Rufen wurden sie in denselben Raum wie zuvor geschubst und bekamen ein eilends zusammengestelltes Tablett hereingereicht, ehe die Tür hinter ihnen verriegelt wurde. Chloe war überzeugt, daß die ganze Prozedur keine Stunde gedauert hatte – und doch war sie nun verheiratet.
Sie saßen im zweiten Stock fest, und die einzige Fluchtmöglichkeit hätte in einem Sprung aus dem Fenster bestanden. Das größte Problem aber war, daß es keinen Ort gab, wohin sie fliehen konnten. Schließlich hatten sie Thutmosis eine Korb verpaßt und
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