Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
einordnen konnte, und die mit Sternen bemalte Decke war nur verschwommen durch den Rauchnebel zu erkennen. Darunter lag zudem ein beißender Geruch, ein furchteinflößender Geruch … eindeutig wiederzuerkennen, selbst wenn sie im Moment nicht wußte, woher. Chloe drehte sich um und blickte zu dem Granittisch auf. Ihr Puls flatterte.
Auf dem Tisch stand die silberne Statue einer perfekt gebauten Frau mit einem Kopfschmuck aus Hörnern und einer Sonnenscheibe. Vor der Statue standen silberne Schalen mit Weihrauch bereit sowie eine große Platte mit Brot, Datteln und etwas, das wie ein gebratener Vogel aussah, komplett mit Kopf und Füßen. Daneben waren mehrere silberne Kelche aufgereiht. Chloe sah die Statue prüfend an und spürte, wie sich etwas in ihrem Geist emporreckte, um zuzupacken, aber danebengriff. Sie wußte , daß sie wußte, wer das war und was das zu bedeuten hatte; doch im Moment kam sie einfach nicht darauf.
Sie drehte sich zum Fenster um. Die anbrechende Dämmerung schoß rosa- und rosenfarbene Dolche in die Silberschleier am Himmel und durchstach damit das schwarze Tuch der Nacht.
Während sie innerlich ihre Apathie abzuschütteln versuchte, ging sie im Geist Erklärungsmöglichkeiten für ihre augenblickliche Situation durch und verwarf eine nach der anderen. Ein weiterer durch Verdauungsstörungen verursachter Alptraum? Einbildung? Schwere Drogen? Wahnsinn?
Zitternd klammerte sie sich an dem fest, was sie als Altar ansah, zog sich auf die Füße – und fiel prompt wieder um.
Jemand eilte an ihre Seite. »Herrin, Herrin? Bei den Göttern, was ist passiert?«
Chloes umnebelter Verstand nahm ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen mit einer schweren schwarzen Perücke auf dem Kopf und schwarz umrandeten Augen wahr, das in einem weißen Kleid, bei dem eine gebräunte Brust frei blieb, neben ihr kniete, dabei ihre Hand hielt und mit einer Stimme und mit Worten losplapperte, die wie bei einem Autotelefon am Rande des Empfangsbereichs mal ausgezeichnet und mal überhaupt nicht zu verstehen waren. Chloe hörte Schritte auf dem Gang, und das Mädchen beugte sich mit besorgter, ehrfürchtiger und reichlich ängstlicher Miene über sie.
Zwei dunkelhäutige, drahtige und kahlköpfige Männer traten in den Raum. Sie trugen Kleider! Das war neu, selbst für ihre bisweilen recht wilden Träume. Wo im verfluchten Universum war sie hier eigentlich? Sie faßte nach dem silbernen Ankh, der um ihren Hals hing; ihre fleckigen Finger tasteten danach … komisch, er hing viel tiefer als sonst. Sie blickte nach unten und sah ihren Leib, der lediglich von ein paar weißen Stoffetzen an einem Gürtel um ihre Taille verhüllt und mit Schlieren von rotem Wasweißich verschmiert war. Auch ihre Hände waren damit überzogen.
Was zum Teufel wurde hier gespielt? Chloes Kopf schien eine Tonne zu wiegen. Immer wieder sackte er zur Seite, während sie versuchte, das Mädchen im Blickfeld zu behalten und zu begreifen, was es sagte. Das Mädchen sprach hastig und mit fliegenden Händen zu den beiden Männern. Chloe hörte den Ärger und die Angst in ihrer Stimme, hatte aber keine Ahnung, weshalb sie so aufgeregt war.
Der Gedanke, den Chloe keinesfalls in Erwägung ziehen wollte, drückte, zwängte und bohrte sich in ihr Bewußtsein, bis sie keinen anderen Ausweg mehr sah, als in Ohnmacht zu sinken und zu hoffen, daß sie bald wieder zu sich kommen würde, und zwar in den Ruinen eines Tempels, wo ihr jemand namens Mohammed half, der eine Flasche Cola bei sich hatte.
Doch das war wohl zuviel verlangt.
Statt dessen wurde sie von einem peinigenden Kribbeln geweckt. Sie schreckte hoch, in der vollen Erwartung, große Teile ihres Körpers von Feuerameisen bedeckt zu sehen. Jammernd wälzte sie sich herum, konnte aber nicht sagen, was sie so juckte.
Plötzlich war der brennende Juckreiz vorbei und einer außerordentlichen geistigen Klarheit und Wahrnehmung gewichen. Endlich konnte sie wieder ihren Körper bewegen und etwas außerhalb ihres Gesichts spüren. Ihre Finger strichen über das glatte, bemalte Holz ihres Bettes und fuhren das herausgeschnitzte Muster nach. Auf ihren Knien, ihrem Bauch und ihren Brüsten spürte sie ein grobes Leinentuch. Chloe sah sich um. Das Zimmer war vollkommen weiß, hatte einen Vorhang vor der Tür und zu ihrer Rechten einen kleinen Alkoven. Es konnte jedes beliebige Zimmer sein, an jedem beliebigen Ort und zu jeder beliebigen Zeit.
Ein Irrenhaus, dachte sie. Das mußte es sein. Wo war ihre
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