Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Meeresboden zu beschreiten – ein Mann hatte sogar eine Handvoll Sand aufgehoben und in den Wind geworfen, wo sie sich wie Staub verteilt hatte. Kinder hatten fasziniert die Schönheit der Korallen zu beiden Seiten bestaunt, doch größtenteils waren die Menschen einfach gerannt. Die turmhohen Wasserwände zu beiden Seiten hatten den Weg überschattet. »Ich habe nach dir Ausschau gehalten«, sagte sie. »Alle waren mit ihren Familien unterwegs, also hätte es kein Problem sein dürfen, dich zu finden. Doch obwohl es immer später wurde und immer mehr Menschen an mir vorbeikamen, konnte ich dich nirgendwo entdecken.« Sie senkte den Blick. »Als Meneptahs Clan an mir vorbeizog, bekam ich allmählich Angst. Ich konnte nicht glauben, daß all das wirklich geschieht, und ich hatte den Eindruck, daß sich jedes einzelne Bild in mein Gehirn brennt, jedes Gesicht, jedes Detail. Dann habe ich die Armee gehört.« Cheftu setzte sich neben sie, zog sie, an den Überhang gelehnt, an seine Seite.
»Als Hats Truppen den Abhang herunterstürmten, habe ich dich entdeckt. Ein Chaos. Reihenweise blieben die Streitwagen im Sand stecken, und die Soldaten bibberten vor Angst, als sie die Wasserwände sahen. Ich hörte noch eine Stimme rufen: ›Pharao, ihr Gott kämpft für sie!‹ Doch sie waren diszipliniert und sind ihr gefolgt.« Cheftus Finger fuhren beschwichtigend, tröstend durch ihr Haar.
»Es müssen Tausende gewesen sein, die meisten davon in Streitwagen. Ich fing an zu schreien, als ich sah, wie die letzten in den Sand traten, doch es war zu spät. Ihre Streitwagen brachen auseinander, ihre Pferde gerieten in Panik. Ich hörte einen lauten Donner, und plötzlich sah ich nur noch Wasserschaum und Arme und Beine und Köpfe wie von kaputten Puppen darin herumhüpfen. Und der Lärm! Das Brausen füllte meinen Kopf und übertönte beinahe, wenn auch nicht völlig, ihre Schreie, ihre Beschwörungen, ihre Flüche.«
Sie betastete den Schnitt an ihrer Wange.
»Ich habe durchgedreht und bin zum Strand hinuntergelaufen, entschlossen, ihnen zu helfen.
Dabei bin ich wahrscheinlich gestolpert. Danach kann ich mich an nichts erinnern.« Sie hielt inne. »Nur daß ich gebetet habe, du mögest hierbleiben«, endete sie leise wie ein Hauch.
» Haii , Chloe.« Cheftu vergrub sein Gesicht an ihrem Hals »Meine Liebe, mein Liebling, mein Ab. Ich danke Gott, daß du hier bist!«
»Ich bin hier, Geliebter«, flüsterte sie. »Und ich hoffe, daß ich immer bei dir sein werde.«
Er legte sie auf den Boden, blickte ihr in die Augen, untersuchte ihren schmerzenden Kopf und drückte schließlich ihren Leib an seinen. »Schlaf jetzt. Es war lang genug«, flüsterte er in ihr Haar. »Wir müssen uns ausruhen. Und dann fliehen.«
Ihre Augen fühlten sich an wie zugeschweißt, und ihre Zunge hatte die Konsistenz eines Putzlappens. Jeder Knochen tat ihr weh, jeder Muskel schmerzte. Sie stank, und in jeder Spalte ihres Körpers steckte Sand. Doch der Wille, aufzustehen, war zu schwach. Cheftu schnarchte neben ihr. Er schnarchte nur, wenn er vollkommen erschöpft war – eine Untertreibung, was sie beide anging.
Die Sonne brannte bereits und versengte ihr die Haut. Sie zwang die Augen auf. Sie mußten Schatten finden. Über ihnen kreisten Vögel, die schreiend und rufend im Wasser nach Fisch tauchten. Fisch. Essen. Mit einem Schlag war Chloe hungrig. Müde, schmutzig, halbverhungert. »Cheftu …« Sie stupste ihn. »Steh auf.«
Er stöhnte und wälzte sich herum. »Mach die Fackel aus und komm auf die Liege.«
Sie rüttelte ihn. »Die Fackel ist die Sonne. Cheftu, wach auf.«
Dieser ungemütliche Anfang war bezeichnend für den ganzen Tag. Sie konnten sich kaum rühren, und sie mußten all ihre Willenskraft aufbieten, um die Sachen einzusammeln, die Chloe gut versteckt hatte. Das Bad im Meer war reinigend, doch das Salz brannte in ihren Wunden und trocknete sie noch weiter aus. Eine knappe Wasserration folgte auf eine beinahe rohe Fischmahlzeit, dann schliefen sie im Sand wieder ein. Zwei Tage später – zwei Tage, an die sich Chloe kaum erinnerte –, wachten sie auf und waren zum ersten Mal tatsächlich wach.
»Was sollen wir tun?«
»Es ist zu früh, um schon so panisch zu klingen«, frotzelte Cheftu.
»Sollen wir zurück nach Ägypten?«
Er schlug die Augen auf, rieb sich über das Gesicht und kratzte seinen Bart. »Das können wir nicht.«
»Hon.« Sie blickte hinaus aufs Meer. »Ich will heim.« Augenblicklich zog sich etwas in
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