Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Soldaten gefunden, Meine Majestät. Aber wir sind einigen Spuren gefolgt. Sie haben uns zu den Kupfer- und Türkisminen geführt, dort haben sie sich allerdings verloren. Es waren Spuren von zwei Menschen, einen Mann und einem Jungen oder …«
Thuts Hand krampfte sich um den Kelch. Das war doch nicht möglich! »Habt ihr die beiden gefunden?«
»Jawohl, Majestät. Ein Mann und eine Frau, die am Rande des Meeres gelebt haben. Sie hatten ein Haus gebaut und ein kleines Feld bestellt. Wir haben sie überraschen können.«
»Ihr habt sie gefangengenommen?« Thut stellte seinen Kelch ab. »Sie sind hier?«
Der Soldat schluckte schwer und zog die Schultern zurück. »Jawohl, Meine Majestät, wir haben sie gefangengenommen, aber nach einigen Tagen sind sie uns entkommen. Bei einem Kampf, bei dem eine Bergkatze zwei von unseren Soldaten getötet hat. Der männliche Gefangene wurde verwundet. Die Frau hat die Situation ausgenutzt und ein Pferd gestohlen. Majestät«, die Augen des Mannes wurden groß, »sie ist auf dem Rücken des Tieres geritten!«
Das konnten nur die beiden sein, dachte Thut. »Und dann?«
»Sie und der Mann sind ins Herz des Wüstengebirges geritten.«
»Habt ihr nach ihnen gesucht?«
»Ja. Mehrere Tage lang. Die Bergkatze hat sie verfolgt, ich bezweifle also, daß sie noch leben. Wir hatten nur noch wenig Wasser übrig und sind nach Westen zum Inländischen Meer aufgebrochen. Zwei Soldaten haben sich bereit erklärt, zurückzubleiben und die Suche fortzusetzen.«
Thuts schlammigbraune Augen ruhten auf dem Soldaten, der daraufhin den Blick senkte. »Die Frau hatte grüne Augen.« Es war eine Feststellung.
Der Soldat nickte. »Jawohl, Meine Majestät.«
»Der Mann hat sich wie eine Katze bewegt und hatte goldene Augen?«
»Ja.«
Thut seufzte. Natürlich hatte er nie daran gezweifelt, daß sie Hats Justiz entkommen waren, und so hatte er sich während der vergangenen Wochen immer wieder flüchtig gefragt, ob sie zusammen mit den Israeliten geflohen oder nur zur selben Zeit aufgebrochen waren. Man hatte ihn informiert, daß Cheftu zwei Plätze auf einem Schiff zum Großen Grün gebucht hatte, aber in all der Verwirrung, die durch den Tod eines Drittels der Bevölkerung und durch das Verschwinden eines weiteren Fünftels entstanden war, hatte niemand sagen können, ob sie es auf dieses Schiff geschafft hatten. Offensichtlich hatte Cheftu RaEm ihrer rechtmäßigen Strafe entzogen; Thut hatte die medizinisch präzisen Wunden an den toten Wächterinnen gesehen. Nur ein einziger Mann konnte so akkurat töten.
Er seufzte wieder. Sie mußten gefunden werden.
Sie wußten – und zwar als einzige, soweit er das zu beurteilen vermochte –, was aus Hatschepsut und ihrer Elitetruppe geworden war.
Der Soldat vor ihm erhob sich. »Geht. Erfrischt euch zwei Tage lang. Sobald sich Re am dritten Tag erhebt, werdet ihr die Jagd mit neuen Soldaten wieder aufnehmen. Ihr müßt sie finden. Und zwar lebendig.« Thut hob die Hand, daraufhin verneigten sich die beiden und wichen rückwärts zur Tür zurück. Er trat auf den Balkon.
Der angeschwollene Fluß wand sich durch den schwarzen Boden wie ein Silberband, das in hundert filigrane Stränge geschmiedet worden war. Die meisten Häuser der einfachen Arbeiter waren überflutet, und Thut wußte, daß sich hinter ihm eine primitive Ansiedlung temporärer Bauten befand, aus denen die Rekkit zusahen, wie die Wasser allmählich zurückwichen und den dicken, schwarzen Schlamm zurückließen, der in diesem Land gleichbedeutend mit Leben war. Sein Schurz klebte ihm in der schwülen Luft an den Beinen, und zum ersten Mal seit dem Freitod seiner Frau verspürte Thut ein leises Beben der Begierde.
Und zugleich ein nervöses Grummeln. Etwas kitzelte seine Erinnerung wach, und er rief nach den Wachen. Das letzte Mal, als er mit einer Frau zusammengewesen war …
Dekane später ging Thut durch die nächtlich stillen Straßen und suchte nach jenem einen Pfad. Zwei Soldaten folgten ihm mit geschwollener Brust, und er mußte sich dazu zwingen, nicht loszulaufen und sie abzuhängen. Die Erstgeborenen … wie lange würde Ägypten ihren Tod betrauern? Er erreichte den Fluß und begriff, daß er schon wieder zu weit gegangen war. Er machte kehrt und ging zurück, sorgfältig in jede Gasse spähend, ob dort nicht der schmale Pfad zu dem alten, verborgenen Tempel abzweigte.
Er sah gedankenverloren zu Boden, als er plötzlich die dunkel in den Sand gezeichneten Umrisse zweier
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