Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Entschuldigung. Cheftu war klar, daß er nie vergessen würde, wie mutig Chloe Schlag für Schlag, ob physisch oder psychisch, eingesteckt hatte, um sich dann selbst zu befreien.
Gott hatte wahrscheinlich eine gute Wahl getroffen.
Das Schiff legte vom Kai ab und drehte in Richtung Noph. Chloe erhob sich von ihrer Liege und schaute über das Wasser. Thut hatte schließlich aufgegeben. Cheftu meinte, ihn mache die verlorene Zeit nervös, weil nicht sicher war, ob sie rechtzeitig in Noph ankommen würden. Doch wenigstens waren sie hier, sie waren unterwegs und segelten durch die Nacht, was ohne Cheftus Kuhhandel keinesfalls möglich gewesen wäre.
Chloe sah zu ihm hinüber. Sie hatten beschlossen, sich nicht mehr zu verstecken. Cheftu war rasiert und frisiert, und auch wenn er nicht mehr die Kleider eines Erpa-ha trug, so entsprach ihre Tracht doch der eines Händlers mit seiner Frau. Er unterhielt sich eben mit dem geschwätzigen alten Kapitän, und von Zeit zu Zeit wehten Fetzen ihres Gesprächs zu Chloe herüber. Sie sah auf die geisterhaft weiße Stadt, die an ihnen vorüberglitt. Waset.
Sie würde sie in dieser Zeit nicht wiedersehen.
Wie war sie dorthin gekommen? Was wußte sie? Offenbar war Luxor das Eingangstor, und irgendwo im Tempel-des-KasPtahs befand sich das Ausgangstor. Und man konnte nicht durch das »Ausgangstor hereinkommen«.
Würde Cheftu sie begleiten, oder würde er versuchen, nach Frankreich zurückzukehren? Erwartete ihn dort doch irgend etwas, oder war dieser Abschnitt seines Lebens vorbei und er für alle Zeiten verbannt? Wie konnte sie zur selben Zeit ins Amerika des zwanzigsten und er ins Frankreich des neunzehnten Jahrhunderts reisen? Imhotep hatte nicht behauptet, daß es dort ein Fenster der Möglichkeit gebe, auch wenn anzunehmen war, daß sie, wo dreiundzwanzig eine so entscheidende Zahl war, in der dreiundzwanzigsten Minute würden dort sein müssen. Funktionierte es ausschließlich in der dreiundzwanzigsten Minute? Chloe wußte es nicht, doch in nicht einmal einem Monat würde sie es erfahren.
Sie würde Cammy wiedersehen. Fernsehen. Zeitung lesen.
Und trauern. Der Verlust Cheftus würde sie tiefer und härter treffen als selbst Mimis Tod. Ihr Blickfeld verschwamm.
Cheftu … vielleicht würde er ihr ja seinen ganzen Namen verraten, damit sie sein Grab besuchen konnte. Sie fröstelte. Sie wollte nicht sein Grab besuchen. Sie wollte ihn an ihrer Seite haben. Sie war nicht für die Rolle einer tragischen Gestalt geschaffen, sie wollte keine unglücklich Liebende sein. Wieso war sie also hier … und bereitete sich darauf vor, für ewig getrennt zu werden?
Wenigstens etwas würde sie mitnehmen. Sie drückte sich von der Reling weg und kehrte zu ihrer Liege zurück. Sie würde Cammy noch mehr Zeichnungen mitbringen und sich selbst ein paar besonders lebhafte Erinnerungen.
Die Tage würden schnell vergehen; gebe Gott, daß die Nächte lange dauerten.
Cheftu betrachtete sie im Mondlicht und labte sich einen Moment nur an dem Gesicht und der Gestalt, die er so gut kannte und so sehr liebte. Chloe warf einen schnellen Blick über ihre Schulter, dann faßte sie in den Beutel an ihrer Taille und streute etwas ins Wasser. Er trat zu ihr, während sie methodisch den Beutel leerte. Nach einem letzten Schritt vorwärts legte er seine Hände auf ihre Schulter, und nach einem überraschten Zusammenzucken lehnte sie sich zurück an seine Brust. Er küßte sie in die Halsbeuge und lächelte über ihre kleinen, katzenhaften Lustseufzer.
»Was tust du da?«
»Mir die Welt ansehen.«
Die Lippen an ihrem Hals, packte er ihre Faust und liebkoste sie mit seinen langen Fingern. »Was wirfst du da Sobek zum Fraß vor?« flüsterte er und zwang mit sanfter Gewalt ihre Finger auf. Als er die winzigen Samen in ihrer Handfläche spürte, war er sofort hellwach. Er drehte sie in seinen Armen um und sah sie entsetzt an. »Was tust du da? Wieso wirfst du sie weg?«
»Ich will nicht mehr verhüten«, erwiderte sie und funkelte ihm dabei trotzig ins Gesicht. »Verdammt noch mal, was bleibt mir denn außer meinen Erinnerungen? Wieso kann ich nicht dein Kind bekommen? Unser Kind?« Ihr Trotz schlug in Tränen um, und Cheftu blickte auf in den schwarzen Himmel. Einst hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht: diese Frau, die jeden Traum übertraf, und Zeit genug zuzusehen, wie ihre Kinder größer wurden.
Er drückte sie an seine Brust. »Es soll nicht sein, chérie .« »Wieso denn nicht?« schluchzte
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