Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Leder in die offenen Wunden biß. Ihre Augen brannten, als sie vorwärts, zur Haupthalle des Tempels, geschubst wurde.
Hilf mir , dachte sie.
Cheftu, Thutmosis und ein kleiner Trupp Wachsoldaten schlugen sich durch das dürre Gestrüpp an der Tempelseite. Der Bau lag zum Großteil unter der Erde, und die abbröckelnde Löwinnenstatue war halb hinter dem Unterholz verborgen.
Nachdem sie die Wachsoldaten an strategischen Punkten postiert hatten, betraten Cheftu und Thut die dunklen Gänge. In Cheftus einwandfreiem Gedächtnis war immer noch die Karte gespeichert, die er einst als Sew-Priester zu sehen bekommen hatte, und so führte er Thut durch die Säulenhalle mit den halb verfallenen Pfeilern bis zum Quergang. Auf einmal hörten sie Stimmen hinter sich und konnten sich gerade noch in den Schatten drücken, ehe zwei riesige Frauen mit Chloe in ihrer Mitte um die Ecke kamen.
Nur Thuts feste Hand auf seinem Arm hielt Cheftu davon ab, vorzuspringen und Chloe zu befreien. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt, und er sah, daß man ihr die Arme auf den Rücken gefesselt hatte, am Ellbogen wie an den Handgelenken, so wie der Pharao Fremde band. Die Männer folgten den drei Frauen mit einigem Abstand. Die Stimmen vor ihnen wurden lauter, und Cheftu bemerkte entsetzt, daß sie den Ruhm von Rache und Blut besangen. Es war ein grauenhaftes, archaisches Lied, ganz anders als alle Musik, die er bisher in Ägypten gehört hatte.
Thut packte Cheftu am Arm und hielt ihn davon ab, in die Haupthalle zu stürmen. Statt dessen drückten sie sich im Schatten der Säulen an der Wand entlang. Der Gesang war verstummt, und nun nahm eine der Priesterinnen auf einem silbernen Schemel Platz. Sie trug eine weiße Robe und eine Sechmet-Maske. Cheftu entsann sich, sie und die Maske bereits einmal gesehen zu haben – im Tempel-des-Kas-Ptahs in Noph. Sie war die Inkarnation Sechmets gewesen und hatte in RaEms Handgelenk gebissen, ein bizarres Ritual, wie er damals gefunden hatte. Und jetzt wußte er auch, warum: Sie war wahnsinnig.
Man schnitt die Fesseln von Chloes Armen, und Chloe keuchte vor Schmerz, als die Lederriemen abgezogen wurden. Ein paar Sekunden sah Cheftu nur noch rot, als er das eisige Lachen der Priesterin hörte – als Reaktion auf Chloes Qualen. Thuts Hand lastete wie ein Fels auf seinem Unterarm, und Cheftu begriff, daß sie erst einmal zuhören mußten. Wenn es in der Priesterschaft faule Stellen gab, mußte Thut sie herausschneiden. Cheftu biß in der Dunkelheit die Zähne zusammen.
Die Gestalt auf dem Schemel erhob sich und trat vor. »Meine moderne Priesterinnen-Schwester«, sagte sie.
Cheftu und Thut tauschten einen Blick aus, niemand hatte Chloe auf ReSheras Gesicht vorbereitet, das plötzlich unter der Maske zum Vorschein kam.
Chloe schrie auf und wich einen Schritt zurück. »Du lebst!«
ReShera lachte. »Du bald nicht mehr, liebe Schwester.« Chloes Gesicht leuchtete weiß im Mondschein.
»Das verstehe ich nicht.«
»Offensichtlich nicht, RaEmhetepet«, sagte sie. »Bis vor kurzem hast du mich nie verstanden. Deshalb will ich es dir erklären – es bereitet mir ungemeines Vergnügen, dich zittern zu sehen.«
»Wer ist dann gestorben?« fragte Chloe.
ReShera sah sie verständnislos an. »Wie?«
»Es ist jemand gestorben. Ich habe jemanden in den Tod geschickt. Wen?«
ReSheras Gesicht verwandelte sich erneut in eine Maske, diesmal in eine von Haß gebleichte, aus deren schwarzen Augen der Irrsinn glühte. »Meine Geliebte Basha.«
Es dauerte einen Moment, ehe ReSheras Worte allen Anwesenden, ob verborgen oder nicht, ins Bewußtsein gedrungen waren. »Deine Geliebte?« wiederholte Chloe.
»Ganz recht. Sie hat mir gehört, seit sie ein Mädchen war! Ich habe sie geformt, sie erschaffen und sie zu einem Wesen gemacht, das allein Sechmet dient. Ich habe sie vor deinem Zorn beschützt!« zischte ReShera. »Nur du bist schuld, daß sie sterben mußte. Du, die mit jedem verkommenen Vieh schläft, nur nicht mit dem Prinzen! Du, die meinen Bruder gestohlen und ihm das Leben geraubt hat! Du glaubst, du seist soviel mehr wert als jeder andere! So wie die Göttin Hathor – doch die ist ebenfalls schwach. Besser ist es, der Göttin Sechmet zu dienen. Sie verschlingt ihre Feinde! Und nimmt auf diese Weise ihre Kraft in sich auf! So wie ich deine aufnehmen werde, Priesterin.«
»Wie hast du das angestellt?«
ReShera sah sie verdutzt an, und Chloe wiederholte die Frage. »Du hast mit uns gebetet, doch Basha wurde
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