Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
sie.
»Wieso müssen wir dieses Opfer bringen? Wieso können wir nicht zusammenbleiben?«
» Haii-aii! Ich wünschte, ich wüßte die Antwort darauf, Ge liebte, aber das tue ich nicht. Doch du kannst kein Kind machen, das ohne Eltern aufwächst. Es wird un bâtard, es hat keine Zukunft … es wird keine Erziehung bekommen, keinen anständigen Gemahl. Dazu bin ich nicht bereit.« Er zog ihren Kopf zurück. »Es überrascht mich, daß du dazu bereit bist.« »Die Welt ändert sich«, widersprach sie murrend. »Als Bastard bezeichnet man in meiner Zeit seinen Vorgesetzten, nicht mehr das Kind einer alleinstehenden Mutter. Trotzdem … meine Familie würde sich schämen. Sie würden mir niemals diese Räuberpistole von einer längst vergangenen Welt und unserer Liebe glauben.« Sie begann erneut zu weinen. »Wieso ausgerechnet ich? Wieso wurden ausgerechnet wir ausgewählt, all das durchzumachen? Ich habe nie darum gebeten, von Gott nach Gutdünken herumgeschubst zu werden … ich bin nicht wie du. Ich bin keine Marionette.«
Cheftu erbleichte im Mondschein.
»Du wirst nicht nach Gutdünken von Gott herumgeschubst; wir beide sind Werkzeuge, keine Marionetten. Du selbst hast die Entscheidungen getroffen, die dich auf diesen Pfad geführt haben. Vielleicht ist dies deine Bestimmung, doch genau wie jeder andere kannst du dich davon abwenden. Gott hat dich auserwählt, weil er um deine Liebe, deinen Mut, deine Ausdauer weiß.« Er ließ ihre Hände fallen und drehte sich dem vorbeigleitenden Wasser zu, das wie geschmolzenes Silber das Licht einfing und spiegelte, als wollte es das Schiff auf diese Weise weiterschieben.
»Ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt an Gott glaube«, verkündete Chloe wütend. »Ich finde es grausam, so rücksichtslos zu geben und zu nehmen. Vielleicht werde ich diese ›Bestimmung‹ einfach nicht erfüllen.« Sie sah Cheftu an, als würde sie seinen Widerspruch erwarten und fürchten.
Nach langem Schweigen antwortete er ihr auf englisch, das unter seinem schweren französischen Akzent nur mit Mühe zu verstehen war. »Ich bin jetzt seit fünfzehn Jahren in diesem Land und dieser Zeit. Ich werde zweiunddreißig, wenn du weggehst, und ich werde den Rest meines Lebens … ähm …
wer weiß wie verbringen. Ich habe Götzen angebetet, ich wurde in fünf der sieben Stufen der Priesterschaft in Waset eingeführt. Ich habe Dämonen gehört, ich habe Menschen vor Angst sterben sehen. Ich habe Sünden vergeben, als hätte ich das Recht dazu gehabt.« Er sah ihr ins Gesicht. »Ein einziges Mal habe ich mich bei Gott beschwert. Dann habe ich entdeckt, daß sein Plan besser war. Ich hatte das damals nicht verstanden, doch die Zeit hat es an den Tag gebracht. Nicht weil ich ein so guter oder selbstgerechter Mensch bin, sondern weil le Dieu
c’est bon. Er hat mir ein Leben, Freunde, Familie in zwei Jahrhunderten, Gesundheit, meinen Verstand geschenkt. Zugegeben, es war nicht immer leicht, aber er hat mich behütet. Doch jederzeit lag es allein an mir, wie ich darauf reagiert habe. Wir erschaffen uns durch unsere Entscheidungen, Chloe. Ich hätte mich zurück in die Zeit flüchten und erneut reisen können. In so wenigen Tagen haben wir die meisten der nötigen Schlüssel gefunden – das hätte ich auch schon früher tun können! Ich hätte mich für den Wahnsinn entscheiden können, dafür, mich umzubringen oder zu vergewaltigen, zu plündern und zu morden. All diese Möglichkeiten standen und stehen mir zur Wahl. Aus irgendeinem Grund hat Gott genau mich ausgewählt, Jean …« Er hielt inne und fuhr dann fort: »Wer ich war, spielt keine Rolle. Er hat mir ins Herz geblickt und mich hierher gesandt. Wieso? Damit ich, wie in jeder anderen Zeit, ihm als Werkzeug dienen kann. Ich bin Gottes Mittel, die Menschen durch meine Hände zu lieben, ihnen durch meine Fähigkeiten zu helfen, durch mein Herz mit ihnen zu sprechen. Es tut kaum etwas zur Sache, wo ich lebe –« Er räusperte sich.
»Ich wünschte, es könnte mit dir Zusammensein, doch das soll nicht sein, jedenfalls nicht soweit wir das erkennen können.« Er seufzte. »Dennoch ist das keine Entschuldung dafür, Gott anzuklagen.«
Er drehte sich mit leuchtenden Augen um. »Uns wurde soviel gegeben, Chloe! Wir haben die Pyramiden erstiegen, mit Pharaonen gesprochen, Gottes Wunder gesehen! Immer wieder hat er unser Leben verschont! Erinnere dich: Der tödliche Hagel hat uns nicht getroffen, wir haben die Wüste überlebt, die Soldaten, Hunger,
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