Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
soll ich wissen, ob du nicht als Frau zurückkommst?«
Cheftu warf den Kopf zurück und lachte. »Als Frau? Hast du Bedenken, ich könnte eine Frau sein?«
Sie runzelte die Stirn und stemmte die Hände in die Hüften. »Das ist auch nicht abwegiger als alles andere! Wieso nicht?«
»Weil ich die Seele eines Mannes habe, Geliebte!« Er küßte sie hungrig. »Ich werde immer ein Mann sein, und du bleibst immer eine Frau. Es kann nicht anders sein. Und jetzt Schluß mit diesem albernen Geschwätz.« Er zog sie an seinen Körper, schmiegte ihren warmen Leib an seinen, liebkoste die Haut, die Knochen, Muskeln und Sehnen, die er so liebte. Wie konnte er sie dauernd begehren, nachdem sie so oft zusammengewesen waren? Bestimmt hatten sie schon Chloes gesamte Eisdiele durchprobiert … und doch gab es ständig noch mehr.
Cheftu verschwand aus der Herberge, Chloes Duft noch auf seiner Haut. Mara hatte ihm die Parfümierung serviert, und jetzt trat er ins strahlende Sonnenlicht. Obwohl er den Weg zum Kai einschlug, wußte er, daß er keine Passage ins Große Grün buchen würde, wie er Chloe erzählt hatte, doch nichtsdestotrotz würde er überzeugend lange genug wegbleiben. Er schlenderte über den Hauptplatz der Stadt und bog dann in die Straße der Goldschmiede ein.
Das Armband, das er ihr zur Hochzeit geschenkt hatte, war schon sehr abgetragen, das Silber weich und nachgiebig, die Perlen brüchig. Er würde ihr etwas kaufen. Sie hatte zwar keinerlei Schmuck mitgebracht, doch Cheftu betete, daß Gott sie sein kleines Andenken mitnehmen lassen würde. Mit gebrochenem Herzen, doch zielstrebigem Geist trat er in den Hof eines gewissen Menfe.
Der schlicht gekleidete Junge schlurfte hinter Cheftu her. Auch wenn der Große Herr die Kleidung eines Händlers trug, war er durch seine über Generationen vererbte Befehlsgewalt und Macht leicht zu identifizieren. Mehr brauchte er bis zum dreiundzwanzigsten Tages des Phamenoth nicht zu tun. Noch zwei Tage, dann würde der edle Herr an Thutmosis ausgeliefert. Und damit hätte der Junge seine erste Aufgabe als EliteLeibwächter des Pharao erfüllt.
Chloe biß in das flockende Gebäckstück und schob ihren Stein weiter. Sie streichelte Cheftus Fuß unter dem Tisch. »Du bist dran, Geliebter.«
Er ließ die Wurfstäbe ausrollen und addierte dann halbherzig die Punkte.
»Cheftu?«
Er hob den Blick vom Brett.
»Was wäre geworden, wenn wir zusammengeblieben wären? Wie wäre es wohl gewesen?«
Außer dem Klappern der erneut geworfenen Wurfstäbe war kein Laut zu hören.
»Du magst langsame Foltern, hau , Geliebte?«
Sie strich mit ihrem Fuß über Cheftus.
»Nein … ich … ich bin einfach neugierig.«
Er lächelte schwach.
»Die ewig neugierige Chloe.«
Er fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen.
»Wir hätten überall leben können. Meine medizinischen Fähigkeiten sind sehr nützlich.« Er betastete die Narbe an seinem Bein. »Deine auch.« Er fing ihren Blick auf. »Danke, daß du in der Wüste so gut für mich gesorgt hast, Geliebte.«
Sie sah zur Seite. »Wenn wir in Ägypten geblieben wären?«
»Wenn wir Pharao, ewig möge er leben!, nicht vor den Kopf gestoßen hätten? Dann hätten wir beim Atmu zu Abend essen, mit dem Hof auf die Jagd gehen und unsere Kinder im Haus des Lebens zur Schule schicken können.«
»Jungen und Mädchen?«
»Absolument.« Er schob seine Figur weiter. »Du hättest alles mögliche machen können. Leiten, verkaufen, malen.«
»Selbst meine modernen Kunstwerke?«
»Nein. In Ägypten ist alles streng geregelt, das weißt du genau. Doch ich habe deine traditionellen Werke gesehen, und auch die sind ohnegleichen.« Er beobachtete, wie ein tiefes Rot in ihre Wangen stieg.
»Du hättest unser Grab ausmalen können … wo wir in alle Ewigkeit friedlich vereint geruht hätten …«
Er verstummte.
Lieber Gott – nur noch ein Tag.
Er sah Chloe an, die in ein Leintuch gehüllt vor ihm saß, da sie während der vergangenen vierundzwanzig Dekane so gut wie nicht von der Liege heruntergekommen waren.
Sein Körper war erschöpft, bis an die Grenze der Belastbarkeit ausgepreßt. Verzweifelt versuchte er, die Erinnerung an sie so aufzunehmen, daß er ein Leben lang davon zehren konnte, wenn er denn noch lange leben sollte. Er zog mit seinem spitzen blauen Stein. Es gab soviel zu sagen, so viele nutzlose Worte, mit denen er seinen nicht endenden Schmerz hätte beschreiben können. Eigenartigerweise empfand er keine Wut, nur Schmerz –
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