Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
würde. Aus Angst davor, durchschaut zu werden, tat Chloe, was RaEm ihrer Einschätzung nach getan hätte. Sie ging zu ihrem Koffer, hob ihn hoch und schüttete die ganze Kleidung darin auf den Boden. Mit einem Tritt, der RaEms würdig gewesen wäre, verteilte sie die Sachen über das ganze Zimmer und sah, wie Bashas hochnäsige Miene in sich zusammenfiel.
»Natürlich, Herrin«, beeilte sich Basha zu sagen. »Ich werde mich um die Wäsche kümmern.« Basha raffte die Kleider zusammen, während Chloe dabeistand und mit einem Fuß auf den Boden klopfte. Basha bewegte sich schnell und voller Grazie, und Chloe lächelte und lachte still in sich hinein, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Damit müßte klar sein, daß RaEm immer noch so widerwärtig und arrogant war wie eh und je.
Ergo war sie dieselbe Person.
Die Morgensonne tränkte den Himmel mit lavendel-, orange- und rosafarbenen Schleiern, ein pastellfarbenes Abbild des Atmu. Chloe zog sich die Augen mit Bleiglanz nach und trat in die wärmer werdende Morgendämmerung. Während die Sonne höher stieg, beendete Chloe ihr Morgenmahl und spazierte durch den nicht besonders gepflegten Garten. Offenbar hatte Thut für solchen Firlefanz wie sauber abgegrenzte Blumenbeete nicht viel übrig.
Da sie niemanden in ihrer Nähe sah, kniete sie nieder und begann, Unkraut zu jäten, in Gedanken bei Mimis vielen Rosengärten. Ein knospender Feigenbaum wurde fast vollkommen von hochzüngelndem Efeu erstickt, und Chloe ließ sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder, um dem Baum etwas Platz zum Wachsen zu schaffen. Es war verblüffend, wie zufrieden sie sich fühlte, als sie nach langer Anstrengung den Bereich um die Baumwurzeln und einige der leeren Beete komplett freigejätet hatte. Sie lächelte. Zum ersten Mal, seit sie in Hathors Kammer erwacht war, fühlte sie sich gelöst und ausgeruht.
»Wieso sitzt die liebreizende Lotosblüte RaEmhetepet in der heißen Mittagssonne? Wird sie als wahre Blume der Nacht nicht welken?« Aus der tiefen Baßstimme klang unüberhörbarer Sarkasmus. Chloe fuhr herum und sah Thutmosis in einem staubigen Schurz und mit blau-weißem Lederhelm an einer Dattelpalme lehnen. Sie konnte den Schweiß und Staub auf seiner Haut riechen. Sie wollte vor ihm niederknien, doch er streckte die Hand aus und packte sie an der Schulter.
»Bitte, Herrin, mühe dich nicht mit höfischen Gebräuchen ab. Du wirst feststellen, daß wir, die wir in dieses feuchte Land verbannt wurden, nicht so …«, er hielt inne und fuhr dann mit glänzenden Augen fort, »zeremoniell sind, wenn wir uns grüßen. Da ich mich geehrt fühlen würde, einen Becher mit dir zu trinken, solltest du mir etwas anbieten.« Er gab ihren Arm so behutsam frei, daß es fast wie eine Liebkosung wirkte, und sie fragte sich, was er hier so ganz allein tat. Hatte ein Prinz denn keine Leibwächter oder Begleiter?
Sie stand auf und schenkte ihm einen Becher Wein ein. Obwohl er ganz offensichtlich Durst hatte, nippte er nur vorsichtig daran und musterte sie dabei unter seinen buschigen schwarzen Brauen hervor. Sein Blick wanderte von ihrem kurzen, struppigen Haar abwärts über die runden, schweißigen Brüste und die schützend vor dem leicht gewölbten Bauch gefalteten Hände bis zu den langen Beinen, die sich unter dem dünnen Leinen abzeichneten. Entschlossen, sich durch seine wohlgefällige Prüfung nicht aus der Fassung bringen zu lassen, schluckte Chloe mühsam und stellte sich seiner Musterung. Er grinste und entblößte dabei gelbe, vorstehende Zähne.
»Ich fürchte, ich habe vergessen, wie man die idiotischen romantischen Spiele treibt, die man am Hof von Waset so liebt. Ich bin eher ein Mann der Tat. Du bist nicht schön«, sinnierte er. »Dir fehlt es an fraulicher Sanftheit. Du hast die Augen eines Khaibit , doch dein Reiz ist legendär. Wirst du heute abend mit mir spielen?«
Chloe kochte vor Wut angesichts dieses wenig schmeichelhaften Vergleiches mit einem blutsaugenden Geist und lächelte ihn grimmig an.
»Die Herrin hat den strikten Befehl, Ruhe zu halten und sich zu erholen«, erklärte eine samtige Stimme hinter ihr. Cheftu trat furchtlos vor Thut hin und deutete auf Chloe.
»Hatschepsut, ewig möge sie leben!, hat das besonders herausgestellt. Sie war zwar nicht der Meinung, daß dies der geeignete Ort für eine Dame ist, doch ich habe sie davon überzeugt, daß du als Prinz unter Prinzen ihre Erholung nach Kräften fördern würdest, damit die Priesterin
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