Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Wasser zu schlängeln begannen. Mit einem Fluch riß er die Füße aus dem Wasser, glitschiges, warmes Blut an seinen Zehen.
»Gib mir deinen Schurz, Nakht«, knurrte er denjenigen unter Hats Spionen an, den er am wenigsten leiden konnte. Der unglückliche Adlige errötete, gürtete jedoch das fein gewobene Leinen auf und reichte es Thut, den Kopf trotz seiner Nacktheit hoch erhoben. Thut wischte sich die Füße sauber und trocken und warf Nakht das Leinen wieder zu. Dann verkündete Thut kühl: »Meine Majestät wird sich in meine Gemächer zurückziehen.« Er wies auf den Teich. »Ich will diesen Schlick nicht sehen.«
Sein Gefolgsmann fragte: »Sollten wir das Große Haus warnen?«
Thut fing seinen Blick auf. »Glaubst du wirklich, dieser Zauber hat den ganzen Nil erfaßt? Das wäre ein Ding der Unmöglichkeit! Ich weiß nicht, wie der Israelit das fertiggebracht hat, aber ich glaube, daß es möglicherweise ein Fehler war, seine Zauberkünste zu unterschätzen. Ich bin überzeugt, daß das nur zu unserem Nutzen war. Der Zauber wird schnell vorübergehen. »Die Große«, erklärte er mit zunehmender Sorglosigkeit, »hat Wichtigeres zu tun, als ihre wertvolle Zeit und Kraft auf einen Streit mit den Sklaven hier am Ort zu verschwenden. Wir wollen sie nicht behelligen.«
Mit diesen Worten wandte er sich um und beschritt den Privatweg zu seinen Gemächern. Er hatte fest vor, feiernd, fechtend und fickend abzuwarten, bis dieses Blutbad aufgehört hatte. Insgeheim hoffte er, daß dieser Zauber der königlichen Nutte unter der Doppelkrone gehörig zu schaffen machte.
Mit einem grimmigen Lächeln rief er seinen Leibdiener.
»Ich werde ausschließlich Wein trinken und in Milch baden. Sorge dafür.«
Die Sonne schien heiß auf das Holzdeck, und Chloe starrte müßig auf das blaugrüne Wasser. In der Luft lag ein erdiger Duft nach ungewaschenen Menschen, stehendem Wasser und fruchtbarem Boden. Cheftu hatte sie am Morgen mit einem gekünstelten Lächeln begrüßt, und Chloe hatte geschworen, freundlich, aber auf Distanz zu bleiben. Daß sie das Blut in ihren Ohren dröhnen hörte, als sein Blick auf ihren Lippen zu liegen kam, erleichterte die Sache nicht eben. Danach hatte er sich in sein Zelt zurückgezogen, um seine Medizin und seine Schriftrollen zusammenzupacken, denn bald würden sie in Avaris anlegen. Gott allein wußte, wie sie ihr Gewand ohne eine Sklavin glätten und falten sollte. Ach, Nylon.
Ein Schrei zerriß die Luft.
»Blut!«
Chloe sprang auf, doch sie spürte Cheftus starke Hand auf ihrer Schulter. Er hielt sie von dem kreischenden, fluchenden Sklaven fern. Unmengen von Blut bedeckten das Deck und begannen in der brütenden Sonne ekelerregend zu stinken. Cheftu schlug ein Tuch vor sein Gesicht, drückte Chloe auf ihren Sitz zurück und ging zu dem Sklaven. Dort schaute er sich um, mit eigenartiger Miene und leichenblaß unter seiner braunen Haut.
Er sucht nach einem Leichnam, dachte Chloe. Obwohl nur ein Pferd so bluten könnte. Sie blickte hinaus auf den Nil, auf den blauen Himmel, die grünen Büsche, das rote Wasser … Langsam stand sie auf.
Der Nil war rot. Es war ein fettes, klebriges Rot, und noch während sie hinsah, trieben tote Fische an die Oberfläche. Sie öffnete ihren Mund zu einem Schrei, doch sie brachte keinen Laut heraus.
Immer lauter wurde das Stimmengewirr hinter ihr auf dem Deck, wo Cheftu versuchte, Sinn in das Kauderwelsch des Sklaven zu bringen. Sie drehte sich zu ihm um, doch er hatte nur Augen für den Sklaven.
Allein ein Blitz würde ihn ablenken können, dachte Chloe. Sie wandte den Blick von ihm ab, doch in diesem Moment fiel ihr etwas ins Auge, das ihr so vertraut war wie ein Telefon, aber viel leichter zugänglich. Einen Bogen und einen Köcher voller Pfeile. Sie sah noch einmal auf Cheftu, doch der bemühte sich nach wie vor vergeblich, irgend etwas zu verstehen.
Chloe bückte sich nach dem Bogen und zog einen Pfeil aus dem Köcher. Dabei entdeckte sie die Oberkante einer Papyrusseite. Sie zog das Tuch beiseite, mit dem der Köcher ausgeschlagen war, und blickte auf mehrere Schriftrollen, die an der Köcherwand lagen. Wieso trug Cheftu Schriftstücke in seinem Köcher? Sie warf einen zweiten Blick darauf; die oberste Seite war mit schwarzer Tinte bedeckt. Wahrscheinlich seine Zaubersprüche, dachte sie.
Ein Schrei rief sie in die Gegenwart zurück, und sie spannte den Pfeil ein, zog die Sehne zurück und ließ los. Mit einem leichten Seufzen flog der Pfeil
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