Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Handgemenge hochgezogen wurde. Nach einer kurzen Ohnmacht wurde sie zwischen die Pfosten gespannt, Nesbeks »Nein«-Schreien zum Trotz, die durch ihren Leib bebten. Sie konnte nichts mehr sehen, nichts mehr hören, doch den Zorn der enttäuschten Gäste fühlte sie nur zu gut.
Die Krämpfe trieben sie zu Boden, sie kauerte sich über ihren Knien zusammen und versuchte, ihre Angst einzudämmen. Sie biß sich in die Lippen und schmeckte Blut. Halb besinnungslos begriff sie, daß die erstickten Schreie, die sie hörte, aus ihrem Mund kamen. Der Schmerz in ihrem Leib war so schneidend, daß sie den ersten Tritt oder Schlag kaum spürte.
Scheinbar eine Ewigkeit lang wurde sie zerrissen von neuen, immer stärkeren Schmerzen in ihrem Leib und jenen überall sonst an ihrem Körper. Vergebens versuchte sie zu sprechen, doch ihr Flüstern ging im blutdürstigen Lärmen der auf sie eindringenden Gäste unter. Schließlich senkte sich schmerzlose und friedvolle Dunkelheit über sie. Chloe empfand nichts mehr.
Cheftu wälzte sich auf seiner Liege herum. Re strömte hell durch die Türen zum Garten; offensichtlich war es bereits nach dem Mittagsmahl. Immer noch schlaftrunken erinnerte er sich an das harte Steinkissen in der vergangenen Nacht und rekelte sich genüßlich in den sauberen Leintüchern. Der klare blaue Himmel und die im Wind wogenden Palmwipfel hoben seine Laune; er fühlte sich zufrieden. Thutmosis hatte ihm nur halb abgenommen, daß Cheftu aufgrund einer »Vorsehung« nach Avaris zurückkehren müsse, ein schlichter Trick, den Cheftu angewandt hatte. Ein Seher zu sein, hatte seine Vorteile. Die Vorzeichen waren tatsächlich düster gewesen, Cheftu hatte nur die Kontraste etwas verstärkt. Seine Lüge hatte ihm die Rückkehr zum Palast und vier Tage ohne Thut oder einen anderen Soldaten eingebracht, von der Palastwache einmal abgesehen.
Ein Scharren an der Tür zum Garten störte ihn auf. Er zog sich das Laken über den nackten Leib und rubbelte einmal fest mit der Hand über sein Gesicht, dann ging er hinaus.
Sein Israelit Meneptah, ein Geschenk Alemeleks, stand vor ihm. Cheftu streckte die Hand aus und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Ich freue mich, dich zu sehen, mein würdigster Schüler.«
Meneptah kreuzte respektvoll den Arm vor der Brust. » Hemu neter. Gesundheit, Leben und Wohlergehen!« Cheftu sah ihn an. »Wieso hast du Ehuru nicht gesagt, daß du kommst? Es ist schon spät, aber würdest du die Parfümierung des Mundes mit mir teilen?«
Meneptah senkte die braunen Augen. »Nein, Hemu neter. Ich komme zu dir, weil …« Er hielt inne. »Bitte, Meister, du mußt mitkommen.«
Da Cheftu wußte, daß Meneptah ihn nie derart dreist bitten würde, wenn es nicht sehr dringend wäre, kehrte er in sein Zimmer zurück, zog sich an und folgte dem Israeliten mit ausgreifenden Schritten durch die engen Gassen, bis sie auf eine breite Straße kamen. Re brannte heiß auf ihre unbedeckten Häupter, und Cheftu spürte, wie die Stecker seiner goldenen Ohrringe in der Hitze zu brennen begannen. »Meneptah, wenn ich gewußt hätte, daß wir zu Fuß nach Noph laufen, hätte ich meinen Streitwagen genommen«, meinte er halb ironisch.
»Es ist nicht mehr weit, Hemu neter .« Eine Weile eilten sie unter drückendem Schweigen weiter, dann bog Meneptah von der Straße ab und folgte einem Trampelpfad durch das dichte grüne Unterholz. Cheftu zog einen Wedel aus seinem Gürtel und versuchte, die Schwärme blutgieriger Moskitos zu verscheuchen. Schließlich kamen sie auf eine Lichtung, und Cheftu sah dicht beisammenkauernde Lehmziegelhäuser. Ein ApiruDorf.
Meneptah eilte zum zweiten Haus und schleuderte die Tür auf.
Cheftu folgte ihm durch ein düsteres Gehege von Zimmern. Neben einem Strohbündel auf dem Boden kniete Meneptah nieder und zog den Vorhang vor dem Fenster zurück. Cheftu fühlte sich, als hätte Seths Hand seine Kehle gepackt und würde alle Luft aus ihm herausquetschen. Im stechenden Sonnenlicht sah er eine zerschundene Gestalt auf der Matte liegen, schlammbedeckt, blaugeschlagen und in ein loses Leinentuch gehüllt. RaEmhetepet.
»Wo hast du sie gefunden?« knurrte Cheftu Meneptah an. »Und wie lang ist das her?«
Eine behelfsmäßige Sänfte schaukelte zwischen Meneptah und einem seiner Cousins hin und her, während sie zum Palast zurückkehrten. Cheftu steckte die Hand in einer beruhigenden Geste aus. RaEms Haut glühte, ein sicheres Zeichen dafür, daß ihr Ka gegen einen Eindringling
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