Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
biß die Zähne zusammen und zwang sich in die Gegenwart zurück. Verprügelt und vergiftet. Jemand war fest entschlossen, RaEm zu töten. Handelte er auf Pharaos Befehl? Pharaos Befehl zuwiderzuhandeln war gleichbedeutend mit dem Tod und für einen Ägypter undenkbar. Er lächelte grimmig. Ptah sei gelobt, daß dies auf ihn nicht zutraf.
Meneptah kam hereingerannt, einen weiteren von Cheftus Medizinkörben auf der Schulter und frische Tücher in der Hand. Cheftu riß ihm das Leinen aus der Hand und begann, den Blutfluß zu stillen. Er wusch das Blut mit warmem Wasser weg, und seine Augen brannten, als er an das Kind dachte, das, bei der Feder, er sich einst von ihr gewünscht hatte.
Er nahm ihre Hand und kniete neben der Liege nieder.
»RaEm, kannst du mich hören?« Ihre Augäpfel bewegten sich hinter den fest geschlossenen Lidern. Er liebkoste ihre schlanken Finger in seiner festen Hand. »RaEm, es ist verboten, dich zu berühren. Eine reine Priesterin darf nur von ihren Schwestern behandelt werden. Doch die sind nicht hier.« Und du bist nicht rein, ergänzte er in Gedanken. »Du mußt mich wissen lassen, was du empfindest. Du verlierst dein Kind, RaEm. Hast du etwas eingenommen? Hat dir jemand etwas gegeben? Ich muß wissen, welches Gift dich in seinem Griff hat, RaEm. Du mußt mir erzählen, was passiert ist.«
Sie stöhnte leise und glühte vor Fieber. Er rief nach kälterem Wasser und badete sie dann stundenlang, um ihre Temperatur zu senken. Bei einer Fehlgeburt konnte Fieber tödlich sein.
»Hast du etwas getrunken? RaEm, wo bist du gewesen?«
Wie in einer Litanei wiederholte er die Fragen, während er in schwachem Wein Alraunwurzel auflöste und ein Leintuch damit tränkte. Geduldig tröpfelte er den Trunk in ihre Kehle. Die Kräuter würden die Schmerzen lindern, wenn sie aufwachte. Falls sie aufwachte.
Die ganze Nacht hindurch badete Cheftu seine Patientin, oder er gab ihr zu trinken. Durch den Weihrauchnebel konnte er ihr zugeschwollenes Auge und die weißen Leinenverbände auf ihren Wunden sehen. Draußen im Gang schwoll der Gesang an und wurde dann wieder leiser, ein monotones Raunen, das ihn einzulullen drohte.
Meneptah ließ seine Cousine D’vorah holen, und zu zweit halfen sie, RaEm auf die Gebärsteine zu setzen, als sich ihr Leib unter den verfrühten Wehen zusammenzog. Sie konnte sich nicht aufrecht halten, deshalb packte jeder der Israeliten einen Arm und stellten ihre Waden zu beiden Seiten des Steines ab, vor dem Cheftu kniete und auf das Ungeborene wartete. Irgendwann während der endlosen Nacht wurde unter RaEms erschöpftem Stöhnen und Schreien ein kleines Fleischpäckchen aus ihrem Leib gepreßt. Cheftu gab Meneptah dem Befehl, einen winzigen Sarkophag zu suchen, dann wandte er sich ab, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepreßt. Schließlich reinigte er ihren Leib, um die Infektion auszuwaschen. Wenn es Amun gefiel, würde ihr Fieber bald wieder sinken.
Wer war der Vater gewesen? RaEms Beziehung zu Phaemon war allgemein bekannt; ReShera hatte sie miteinander bekannt gemacht. Hätte ein Leibgardist, der zu den Zehntausend zählte und Bruder einer Priesterin war, RaEm während ihrer Priesterzeit berührt? Wo war Phaemon jetzt? Wie konnte er zulassen, daß sie die Schwangerschaft allein durchstehen mußte?
Als Re endlich die Welt begrüßte, hatte RaEm zu schwitzen angefangen, und Cheftu hatte das Gefühl, das Schlimmste überstanden zu haben. Er befahl, die Tücher von den Fensteröffnungen zu nehmen, damit sich der drückende Weihrauchnebel verzog, der von den Priestern im Gang in die Kammer waberte.
RaEm schlief den ganzen Tag und schreckte nur ab und zu schreiend und mit unverständlicher Stimme bettelnd hoch, bis Cheftu jedesmal ihre Hand nahm und sie mit leisen Worten beruhigte.
Am Ende des zweiten Tages trat Meneptah neben ihn und riß ihn aus einem der vielen Fast-Nickerchen, die er gemacht hatte.
»Herr, rühre dich und nimm ein Bad.«
»Das kann ich nicht, ich wage es nicht, sie allein zu lassen. Sie wird Angst bekommen, wenn sie aufwacht. Sie wird das Zimmer nicht wiederkennen«, krächzte Cheftu. Meneptah gestattete sich ein verstohlenes Lächeln und warf einen Blick zu Ehuru im dunklen Gang.
»Wenn sie aufwacht und dich sieht, wird sie glauben, sie ist unter die Khaibit gefallen«, sagte er und holte einen Bronzespiegel hinter seinem Rücken hervor. Cheftu mußte ihm recht geben. Trübe, blutunterlaufene Augen starrten ihn aus einem fetten Klecks
Weitere Kostenlose Bücher