Timeless: Roman (German Edition)
bereits stundenlang bei Philip sein musste. »Ich sollte in meine Zeit zurückkehren«, sagte sie widerstrebend. »Wenn ich meine Sperrstunde nicht einhalte, stellen mich meine Großeltern vielleicht unter Hausarrest.«
»Warte – was hältst du davon, wenn ich dich begleite?« Philips Augen leuchteten bei der bloßen Vorstellung. »Ich würde alles dafür geben, deine Zeit zu erleben.«
Sie sollte zusammen mit Philip in ihre Zeit zurückkehren? Michele lächelte. Das klang zu schön, um wahr zu sein. Aber war das überhaupt möglich?
»Lass es uns versuchen.« Sie nahm Philips Hand, umklammerte mit der anderen den Schlüssel und wünschte sich, sie würden zusammen die Zeitreise ins Jahr 2010 antreten.
»Was zum Teufel …«
Verwirrt durch den Schreckensschrei, schaute Michele hoch. Sie lag auf einem kalten Küchenboden. Das Summen eines Kühlschranks und das blecherne Lachen aus einem Fernseher ließen sie darauf schließen, dass sie in ihre Zeit zurückgekehrt war. Aber sie war allein.
Es hat nicht funktioniert , überlegte Michele und war zutiefst betrübt, als sie erkannte, dass Philip nicht bei ihr war, im Jahr 2010 nicht existierte. Wann werde ich ihn wiedersehen? , fragte sie sich besorgt.
Als über ihr ein Gesicht auftauchte, blinzelte Michele. Es gehörte Caissie Hart, die sie erstaunt und entsetzt ansah. Caissie? Wo kommt die denn her? , überlegte Michele verwirrt. Plötzlich fiel ihr wieder ein, dass Caissies Wohn haus einst das Walker Mansion gewesen war. Wo vor hundert Jahren das Musikzimmer war, muss jetzt die Küche sein.
»Es wäre besser, du erklärst mir, was das soll, bevor ich die Bullen rufe«, warnte Caissie sie. »Bist du eingebrochen ?«
»Nein, bitte, lass es mich dir erklären«, bettelte Michele und erhob sich langsam vom Boden.
Eine Männerstimme rief: »Caissie? Was brüllst du da herum?«
Caissies Blick wanderte von Michele zur Tür. Offensichtlich hatte sie vor, Michele ihrem Dad auszuliefern.
»Nein, bitte, tu’s nicht«, flüsterte Michele eindringlich. »Ich habe eine wirklich gute Erklärung dafür. Es hat etwas mit dem zu tun, worüber ich heute in der Schule mit dir gesprochen habe.«
Zum Glück gewann Caissies Neugier die Oberhand. »Ich habe gerade … eine Spinne entdeckt«, rief sie ihrem Dad zu. »Ich habe sie getötet, es ist alles okay.«
Erleichtert atmete Michele auf. »Danke. Können wir irgendwo unter vier Augen reden?«
»Komm mit.« Caissie ging ihr durch die engen Flure des Apartments voraus, bis sie bei ihrem Zimmer angelangt waren. Es war ein gemütlicher Raum, vollgestopft mit Kleidern und Büchern. Poster der Rockbands Radiohead und Coldplay schmückten die Wände.
»Also, schieß los«, forderte Caissie sie auf und schloss die Tür hinter sich. »Und wenn du schon dabei bist – warum trägst du Männerkleidung?«
Michele blickte an sich hinab und entdeckte, dass sie noch immer Philips Jacke trug. Sie griff in die Tasche, und zu ihrer Überraschung spürte sie eine Visitenkarte. Sie holte sie heraus und betrachtete sie. Als sie Philips Namen entdeckte, der dort in Schönschrift mitsamt Adresse geschrieben stand, klopfte ihr Herz wild.
Diese Visitenkarte und seine Jacke ließen alles etwas weniger irre erscheinen, und sie spürte einen Anflug von Mut, jemandem zu erzählen, was sie erlebt hatte. Und wem konnte sie es sagen? Amanda und Kristen glaubten nicht im Geringsten an Zauberei. Ihre Geschichte würde sie nur noch in ihrer Meinung bestärken, dass Michele ins Cedars-Sinai Medical Center gehörte. Zwar kannte Michele Caissie kaum, doch sie war der einzige Mensch, der sie aus dem Nichts hatte auftauchen sehen, und somit die Einzige, die Grund hatte, ihr zu glauben. Davon abgesehen war Michele ihr eine Erklärung schuldig. Sie holte tief Luft, nahm allen Mut zusammen, wappnete sich gegen Caissies Reaktion und reichte ihr Philips Visitenkarte.
»Diese Jacke und diese Karte gehörten 1910 Philip Walker«, erklärte Michele. »Mein Dad – den ich nie kennengelernt habe – besaß diesen alten Schlüssel, den ich nach dem Tod meiner Mutter in ihrem Safe gefun den habe. Und der Schlüssel hat mich zum Tagebuch meiner Vorfahrin Clara Windsor geführt, das aus dem Jahr 1910 stammt, und mir zusammen mit dem Tagebuch eine Zeitreise ermöglicht. Ich weiß, das klingt verrückt, aber ich habe all meine Vorfahren getroffen, Caissie. Ich habe auf dem Halloween-Ball der Windsors getanzt und war mit Philip in diesem Musikzimmer, von wo aus ich versucht
Weitere Kostenlose Bücher