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Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Titel: Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Monir
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körperliche Gestalt mir ganz nach 1991 gefolgt und hat das Jahr 1888 hinter sich gelassen. Und ich weiß mit Sicherheit, dass man mich nie wieder in der Zeitgesellschaft dulden wird.
    »Äh …« Ich räuspere mich. Nach einer Woche des Schweigens ist es ein Schock, meine eigene Stimme zu hören. »Sie verlassen den Park durch das Artist’s Gate, dort auf der rechten Seite. Sie bleiben auf der Central Park South, bis Sie zur Eigth Avenue kommen, und dort finden Sie den Columbus Circle.« Während sie sich bedankt und davoneilt, staune ich über die unglaubliche Tatsache, dass ich gerade jemandem den Weg zu einem Ort erklärt habe, den es in meiner Zeit noch gar nicht gab!
    Die letzten Wochen habe ich damit zugebracht, in die 1990er einzutauchen; dank meiner Unsichtbarkeit konnte ich mich völlig unbefangen in der modernen Welt bewegen. Ich schlüpfte in Broadway-Theater und Cineplex-Anlagen, beobachtete im Musical Miss Saigon mit offenem Mund, wie direkt vor mir ein Hubschrauber auf der Bühne landete, und wagte kaum zu atmen, während ich meinen ersten Kinofilm sah: Edward mit den Scherenhänden. Ich fuhr mit der U-Bahn, wobei ich mich verzweifelt an den Haltestangen festklammerte, während der Wagen durch die Dunkelheit raste, und besuchte die beiden Museen, die seit meiner Zeit überdauert hatten: das American Museum of Natural History und das Metropolitan Museum of Art. Der Anblick dieser unerschütterlichen Einrichtungen erfüllte mich mit Freude, und ich verbrachte zwei ganze Tage damit, mir die Ausstellungen anzusehen und so viel wie möglich über das Leben der Zukunft zu lernen.
    An meinem ersten Abend im Jahr 1991 hatte ich einen ziemlich genialen Einfall, wo ich die Nacht verbringen könnte. Ich ging zu dem Hotel in der Nähe des Windsor Mansion, dem Plaza, und indem ich die Gespräche an der Rezeption belauschte, fand ich heraus, welches Zimmer frei war, um dann den entsprechenden Schlüssel an mich zu nehmen. Meine Abende in diesem Hotel hätten einem Traum entsprungen sein können – in meinem großen Zimmer gab es einen Kühlschrank, randvoll mit Pralinen, Knabbereien und Getränken, eine Dusche, unter der man tatsächlich aufrecht stehen konnte und aus der unbegrenzt warmes Wasser kam, das weichste Bett, in dem ich je geschlafen hatte, und einen Fernseher – den ich allmählich recht unterhaltsam finde.
    Aber jetzt ist es mit meiner Unsichtbarkeit vorbei, und ich muss eine etwas konventionellere Art der Unterkunft finden. Schon bald nach meiner Ankunft hatte ich herausgefunden, dass die Hotelzimmer in New York mein Budget bei Weitem überschreiten. Zwar hatte ich mir in der Wechselstube im Aura 1990er-Dollar geliehen, aber wenn ich in einem Hotel in der City wohnen wollte, wäre der gesamte Betrag innerhalb eines Monats aufgebraucht. Es war Zeit für den nächsten Schritt in meinem Leben in den 90ern: Ich musste mir einen Mitbewohner suchen.
    14. Februar 1991
    Mit meinem neuen Vermieter Jeffrey gehe ich ins Museum of Modern Art zu meinem ersten Fotokurs. Wir kommen an ungewöhnlichen und ausgefallenen Ausstellungsräumen vorbei, bis wir das Studienzentrum erreichen, einen riesenhaften Raum, an dessen Wänden gerahmte Schwarz-Weiß- und Farbfotografien hängen. Bis auf ein Dutzend leere Tische ist der Raum vollkommen unmöbliert.
    »Heute Abend werden wohl so einige Kursteilnehmer nicht auftauchen, schließlich ist Valentinstag«, merkt Jeffrey an.
    Der Feiertag war mir völlig entfallen. In meiner alten Zeit hatte kein Weg an ihm vorbeigeführt, ob es nun der jährliche Kartenaustausch in den Bediensteten-Quartieren im Windsor-Haus war oder die Valentins-Bälle im Internat und an der Cornell. Ich hatte diesen Feiertag immer ziemlich dämlich gefunden, aber dass er ein ganzes Jahr hundert später noch immer gefeiert wird, macht mich froh. Zurzeit stelle ich fest, dass ich jedes Bindeglied zwischen meiner Zeit und der neuen sehr schätze.
    Ich setze mich an einen der Tische und hole die Kodak-Kamera, die Jeffrey mir geliehen hat, aus meinem Rucksack. Während ich das Objektiv einstelle, kommen nach und nach kleine Grüppchen von Teilnehmern verschiedenen Alters herein, die miteinander plaudern und Valentinstags-Karten austauschen, ehe sie sich auf ihre Plätze setzen. Ich spüre neugierige Blicke auf mir und lächele unsicher in die Runde, bevor ich den Blick wieder fest auf das Gerät in meinen Händen richte.
    Eine weitere Person betritt den Raum, und ich verharre bewegungslos, das Gesicht noch

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