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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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die Kunst der Herstellung war noch nicht sehr entwickelt. Schießpulver explodierte, wenn Holzkohle und Schwefel sehr schnell verbrannten, wobei diese schnelle Verbrennung durch eine reiche Sauerstoffquelle ermöglicht wurde – durch Nitratsalze, die später Salpeter genannt wurden. Die gebräuchlichste Nitratquelle war Fledermauskot aus Höhlen. In den frühen Jahren wurde dieser Guano in keiner Weise veredelt, sondern einfach der Mischung hinzugegeben.
    Aber die große Entdeckung des vierzehnten Jahrhunderts bestand darin, daß Schwarzpulver besser explodierte, wenn es extrem fein zermahlen wurde. Dieses Verfahren wurde »Inkorporation« genannt und ergab, wenn richtig durchgeführt, Schießpulver mit der Konsistenz von Talkumpuder. In diesen endlosen Stunden des Mahlens und Reibens wurde erreicht, daß winzige Salpeter-und Schwefelpartikel in mikroskopisch kleine Poren der Holzkohle hineingepreßt wurden. Das war auch der Grund, warum gewisse Hölzer, wie etwa Weide, bevorzugt wurden, denn deren Holzkohle war poröser.
    Marek sagte: »Ich sehe nirgends ein Sieb. Wirst du es nicht körnen?«
    Er drehte sich und schaute sich etwas ratlos um.
    »Nein.« Johnston lächelte. »Das Körnen ist noch nicht erfunden, erinnerst du dich?«
    Beim Körnen wurde dem Pulver Wasser hinzugefügt, so daß eine Paste entstand, die dann getrocknet wurde. Gekörntes Pulver war viel explosiver als trocken gemischtes Pulver. Chemisch betrachtet, löste das Wasser den Salpeter teilweise auf, die Lösung überzog die Innenseite der Holzkohleporen und transportierte dabei die unlöslichen Schwefelpartikel ebenfalls mit hinein. Das so entstandene Pulver war nicht nur explosiver, sondern auch stabiler und haltbarer. Aber Johnston hatte recht: Das Körnen wurde erst um 1400 entdeckt – also erst gut vierzig Jahre später.
    »Soll ich übernehmen?« fragte Marek. Das Inkorporieren war ein langwieriger Prozeß; das Mahlen konnte sechs bis acht Stunden dauern.
    »Nein. Ich bin fertig.« Der Professor stand auf und sagte zu Sir Guy: »Sagt Lord Oliver, daß wir bereit sind für die Vorführung.«
    »Des Griechischen Feuers?«
    »Nicht ganz.«
    Im Licht der späten Nachmittagssonne schritt Lord Oliver ungeduldig auf der mächtigen äußeren Burgmauer auf und ab. Die Mauerkrone war hier mehr als fünf Meter breit, so daß die Kanonen, die hier aufgereiht standen, beinahe winzig wirkten. Sir Guy war bei ihm, wie auch ein mürrisch dreinblickender Robert de Kere; alle drei  schauten erwartungsvoll hoch, als der Professor erschien. »Nun? Seid Ihr endlich fertig, Magister?«
    »Mylord, das bin ich«, sagte der Professor, der mit zwei der steinernen Schalen unter den Armen zu der Gruppe stieß. Marek trug eine dritte Schale, in der das feine graue Pulver mit einem dicken Öl vermischt war, das stark nach Harz roch. Johnston hatte ihm gesagt, er dürfe das Gemisch auf keinen Fall berühren, doch diese Ermahnung war gar nicht nötig; das Gemisch war unappetitlich und stank. Außerdem trug er eine Schale mit Sand.
    »Griechisches Feuer? Ist es Griechisches Feuer?«
    »Nein, Mylord. Etwas Besseres. Das Feuer des Athenaios von Naukratis, das man auch ›automatisches Feuer‹ nennt.«
    »Tatsächlich?« Lord Oliver kniff die Augen zusammen. »Führt es mir vor.«
    Direkt unterhalb der Kanonenreihe erstreckte sich die weite östliche Ebene, auf der eben die Trebuchets in einer Reihe aufgestellt wurden. Sie standen etwa zweihundert Meter entfernt, knapp außer Schußweite. Johnston stellte seine Schalen zwischen den ersten beiden Kanonen ab. Die erste Kanone lud er mit einem Pulversack aus der Munitionskammer. Dann schob er einen dicken Metallpfeil mit metallenen Stabilisatorflügeln in die Kanone. »Dies sind Eurer Pulver und Euer Pfeil.«
    Dann wandte er sich der zweiten Kanone zu und füllte vorsichtig sein fein gemahlene s Schwarzpulver in einen Sack, den er in die Kanonenmündung stopfte. Dann sagte er: »André, den Sand bitte.« Marek kam zu ihm und stellte ihm die Schale  mit Sand vor die Füße.
    »Wozu ist der Sand gut?«
    »Nur eine Vorsichtsmaßnahme, Mylord, falls mir ein Mißgeschick unterläuft.« Johnston nahm sehr behutsam einen zweiten Pfeil in die Hand, er hielt ihn nur an den Enden und  schob ihn vorsichtig in die Kanone. Die Spitze des Pfeils war gekerbt, die Kerben mit der dicken Paste gefüllt.
    »Das sind mein Pulver und mein Pfeil.«
    Der Kanonier gab Johnston nun einen dünnen, an einem Ende rotglühenden Holzstab. Johnston

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