Timm Thaler
Zeche bezahlen wollte,
winkten die drei lächelnd, aber entschieden ab. Der kleine Herr mit der Glatze beglich die Rechnung. Er bezahlte auch Timms
Limonade, so daß der Junge, als er sich von seinen neuen Freunden verabschiedete, noch den ganzen Gewinn in der Tasche hatte.
Kurz bevor Timm in die Straßenbahn einsteigen wollte, tauchte
plötzlich der karierte Herr wieder vor ihm auf. Er sagte ohne jede Einleitung: „Timm, Timm, was bist du für ein dummer Junge! Jetzt
hast du keinen Pfennig mehr.“
„Irrtum, mein Herr“, lachte Timm. „Hier ist mein Gewinn!“ Er
zog das Notenbündel aus der Tasche, zeigte es dem Fremden,
zögerte kurz und sagte dann: „Es gehört Ihnen.“
„Das Geld in deiner Hand ist keinen Pfifferling wert“, sagte der
Fremde verächtlich.
„Aber ich habe es am Schalter bekommen“, rief Timm. „Ganz
bestimmt.“
„Am Schalter, mein Junge, hast du gutes Geld bekommen. Aber
die drei Männer im Garten haben es dir todsicher gegen falsches
Geld umgetauscht. Ich kenne sie. Leider sah ich dich zu spät in ihrer Gesellschaft, Timm. Ehe ich dazukommen konnte, hatten sie sich aus dem Staube gemacht. Es sind Gauner.“
„Ausgeschlossen, mein Herr! Der eine ist Fachmann für
Handtaschen…“
„Jawohl, Timm, ein Taschendieb!“
„Ein Taschendieb?“ fragte der Junge verwirrt. „Und was macht
der Drucker, der Geld druckt?“
„Er druckt falsches Geld.“
„Und der dritte, der Büchermacher?“
„Ist ein sogenannter Buchmacher, aber einer, der unerlaubte
Wetten veranstaltet.“
Timm wollte es nicht glauben, bis der karierte Herr seiner
Brieftasche einen Geldschein entnahm und ihn mit einem von
Timms Scheinen verglich. Tatsächlich fehlten bei den Banknoten des Jungen, wenn man sie gegen das Licht hielt, die Wasserzeichen.
„Siehst du nun, daß ich recht habe, Timm?“
Der Junge nickte benommen. Dann warf er plötzlich alle
Geldscheine zu Boden und trampelte wütend darauf herum. Ein alter Herr,, der gerade vorbeiging, machte große Augen, blickte
abwechselnd den Jungen, das Geld und den karierten Herrn an und
rannte dann plötzlich davon, als sei der Teufel hinter ihm her.
Der Fremde sagte eine Weile gar nichts. Dann zog er fünf Mark
aus der Tasche, gab sie dem verdutzten Timm und forderte ihn auf, am nächsten Sonntag damit wiederzukommen. Dann entfernte er
sich rasch.
„Warum weitet er eigentlich nicht selber?“ dachte Timm. Aber
dann vergaß er die Frage wieder, steckte das Geld ein und ging zu Fuß heim in die Gassenwohnung. Die falschen Scheine ließ er auf
der Straße liegen.
Merkwürdigerweise prügelte ihn die Stiefmutter nicht, obwohl er
sehr spät heimkam und obwohl es der Begräbnistag des Vaters war,
an dem er sich davongestohlen hatte. Nur erhielt er kein Abendessen mehr und wurde fast wortlos ins Bett geschickt. Erwin durfte noch aufbleiben und bei den Begräbnisgästen sitzen, die Timm stumm und seltsam anstarrten.
Auf diesen absonderlichen Sonntag folgte eine lange, traurige
Woche, in der Timm wieder wie sonst Prügel bekam und in der ihn
der Lehrer noch öfter als üblich ermahnen mußte. Der Junge
überlegte ständig, ob er am folgenden Sonntag wieder zur Rennbahn gehen solle oder nicht. Die fünf Mark hatte er Erwins wegen in einer Mauerritze des Nachbarhauses versteckt. Immer, wenn er daran
vorbeiging, mußte er lachen, ob er wollte oder nicht. Der Gedanke, vielleicht noch einmal beim Wetten zu gewinnen, machte ihm Spaß.
Dritter Bogen
Gewinn und Verlust
Als der langersehnte Sonntag da war, wußte Timm schon in der
Frühe, daß er am Nachmittag wieder zur Pferderennbahn gehen
werde. Kaum schlug die Wanduhr im Wohnzimmer dreimal, als er
sich aus der Wohnung stahl, die fünf Mark aus der Mauerritze
fingerte und wie ein Besessener zur Pferderennbahn lief.
Am Eingang rannte er gegen einen Herrn an, der niemand anders
als der karierte Fremde war.
„Hoppla“, sagte der Herr, „….Du kannst es wohl nicht erwarten?“
„Ich bitte um Entschuldigung!“ pustete Timm.
„Macht nichts, Junge! Ich habe dich erwartet. Hier ist der
Wettschein. Hast du die fünf Mark?“
Timm nickte und holte das Geldstück aus der Tasche.
„Schön, mein Junge! Dann geh zum Schalter und wette. Wenn du
gewinnen solltest, erwarte mich nachher hier am Eingang. Ich
möchte etwas mit dir besprechen.“
„In Ordnung, mein Herr!“
Timm wettete also wieder, und als das Rennen zu Ende war, hatte
er genau wie am Sonntag zuvor eine
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